Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZBITUNG 
Nr. 23 
Abwasserreinigung. Fig. 14 
Professur nicht überschätzen. Da anzunehmen ist, daß 
der Minister bis zur Plenarberatung bestimmtere Mit 
teilungen machen kann, wurde der Antrag bis dahin 
zurückgestellt. 
Entwurf zu einem Krematorium 
Zu den wenigen Bautypen, über die uns die histori 
schen Stile keine Vorbilder hinterlassen haben, die uns 
infolgedessen als ganz neu zu lösendes Problem entgegen 
traten, gehören an erster Stelle die Krematorien. Die 
ersten derartigen Bauten wurden bei uns in Deutschland 
zu einer Zeit errichtet, wo noch eine verblaßte Nach 
ahmung der italienischen Renaissance Mode war, und so 
mußten natürlicherweise auch die Krematorien in diesem 
Stile gehalten werden. Erst in allerneuester Zeit haben 
einige Künstler in Wettbewerben und auch in sehr ver 
einzelten Fällen in Ausführungen versucht, diese Auf 
gabe in eigner moderner Auffassung zu lösen. Einen 
solchen Versuch zeigt der hier wiedergegebene, von der 
Stadt Freiburg i. B. anläßlich eines Wettbewerbes 
angekaufte Entwurf. 
Den gegenwärtig noch nicht endgültig entschiedenen 
Streit, ob das Kamin als wichtigstes Moment archi 
tektonisch zu betonen sei oder ob man es möglichst un 
auffällig und nebensächlich der Baugruppe einreihen soll, 
hat der Verfasser in letzterem Sinne gelöst. Die Kamine 
liegen auf der Rückseite, der Friedhofmauer zugekehrt, 
und nicht mehr als eben nötig hochgeführt, so daß sie 
von der Zugangsseite überhaupt nie gesehen werden 
können. Seitdem die Fabriken, die sich mit der Her 
stellung von Verbrennungsöfen befassen, ihr Hauptaugen 
merk auf die möglichst rauch- und geruchlose Verbren 
nung gerichtet haben und dabei von guten Erfolgen ihre 
Bestrebungen gekrönt wurden, seitdem dürfte wohl auch 
in Architektenkreisen die letztgenannte Ansicht mehr 
und mehr durchdringen. Wenn auch dem Aufsteigen 
des Rauches eine gewisse Symbolik nicht abgesprochen 
werden kann, so wirkt doch der Anblick des an bevor 
zugter Stelle sich erhebenden Kamines, wenn auch nur 
wenig Rauch daraus austritt, fast immer auf Unbeteiligte, 
ganz besonders aber auf diejenigen verletzend, die dem 
Toten einstens nahegestanden haben. 
Die zur Aufstellung der Aschenbehälter dienenden 
Kolumbarienhallen umschließen einen kleinen stimmungs 
vollen Vorhof, der mit seinem plätschernden Brunnen 
in der Mitte und den düsteren Zypressen in den vier 
Ecken die Feierlichkeit und Heiligkeit des Ortes erhöhen 
hilft. In den beiden Torbauten sind die Aschenbehälter 
in Wandnischen eingemauert und mit Marmorplatten 
verschlossen, die den Namen des Verstorbenen tragen, 
während in den Säulenhallen die Aschenbehälter in 
Urnen eingesetzt sind, die zu je zweien in einer Nische 
stehend, sich an der ganzen Wand entlang ohne Unter 
brechung aneinanderreihen. Die meist gebräuchliche Art, 
die Zisten im Innern der Versammlungshalle aufzustellen, 
hat der Verfasser verlassen, da die Menge aneinander 
gereihter Schrifttafeln oder Urnen stets den feierlichen Ein 
druck stören. Nur einige wenige Ehrengräber von hervor 
ragenden Persönlichkeiten mögen darin Aufstellung finden. 
In der Apside befindet sich der Rednerpult und die 
mit zwei Bronzedeckeln verschlossene Versenkungsöffnung 
für den Sarg. Zu beiden Seiten der Halle schließen sich die 
Treppenhäuser zu den Emporen für Sänger und Orgel einer 
seits, anderseits zu dem eigentlichen Verbrennungsraum 
im Keller führend an sowie die vier im Programm ver 
langten Nebenräume. Auf der einen Seite liegt das 
Zimmer für die Leidtragenden und das Geschäftszimmer 
des Bestatters, auf der entgegengesetzten Zimmer für 
den Geistlichen und die Leichenträger hzw. zur Auf 
bewahrung des Sarges. Im Untergeschoß liegen Aborte, 
Versammlungsräume für die nächsten Verwandten, die 
der Verbrennung beiwohnen wollen sowie der eigentliche 
Verbrennungsraum, darunter Heiz- und Kohlenkeller, 
beide durch einen großen, auf der Rückseite liegenden 
Lichtschacht beleuchtet. Die bei derartigen Anlagen 
stets vorzusehende Erweiterung der Kolumbaxienhallen läßt 
sich leicht bewerkstelligen, indem man an die beiden 
seitlichen Säulenhallen weitere Wandelgänge anschließt, 
und zwar so, daß sie jeweils einen Binnenhof umgeben. 
Als Material für die Fassadenflächen waren gelbe Sand 
steine, für die Dächer patiniertes Kupferblech angenommen. 
Der mit hohem Seitenlicht beleuchtete Versammlungs 
raum soll mit einer ebenen Kassettendecke in Holz 
überspannt werden; als einziger Schmuck im Innern 
möge ein mächtiger Leuchter sowie die Bronzeplatten 
der Versenkungsöffnung dienen. Die Gesamtbaukosten 
belaufen sich auf rund 118 000 M. 
Dipl.-Ing. Ludwig Schmieder. 
Abwasserreinigung 
Fig. 15
	        
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