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FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN ELr
SASS - LOTHRINGEN
Stuttgart, 10. Juli 1909
Nummer 28
Inhalt: Der schiefe Rechen in Werkkanälen. — Der Hauseinsturz auf dem Legionskasernenareal in Stutt
gart. — Yereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Briefkasten.
Alle Rechte Vorbehalten
Der schiefe Rechen in Werkkanälen
Von Th. Rümelin
Im folgenden ist von dem Gefällsverlust die Hede,
den das Wasser beim Durchfließen von Werkrechen er
leidet, also einer einfachen und bekannten Sache. Aber
man wird zugeben, daß gerade hierüber ungenaue oder
falsche Anschauungen ziemlich weit verbreitet sind, vor
allem die Meinung, als ob der schiefere Rechen gegen
über dem weniger geneigten an Gefällsverlust etwas er
spare. In Lehrbüchern ist über den Gegenstand wie
über den Gefällsverlauf in Werkkanälen überhaupt zu
meist wenig zu finden. Auch in dem neu erschienenen
13. Band des Handbuchs der Ingenieurwissenschaften:
„Ueber den Ausbau von Wasserkräften“ von Th. Koehn,
sind derartige Berechnungen, wie sich zum Beispiel die
Gefällsverluste in einem Werkkanal zusammensetzen,
nicht vorhanden; vgl. die Pfarrsche Kritik in der Zeit
schrift des Vereins deutscher Ingenieure 1908, S. 2012
oben.
Betrachtet man in Big. 1 zwei nahe hintereinander
durch den Werkkanal gelegte Querschnitte II und IIII,
so muß in ihnen nach dem Satz von der Erhaltung der
Energie die Identität bestehen: auf dem Wege Sj ist die
Arbeit der Schwere dA gleich der Arbeit der Reibung
dB plus der Arbeit zur Aenderung der Energie (von
der Geschwindigkeit vi in die Geschwindigkeit vu):
dA = dB + d{~)
Man kann mit beliebiger Schärfe rechnen. Für die
Projektierung von Rechenanlagen in Werkkanälen genügt
es, die Arbeit zur Aenderung der Geschwindigkeit zu
vernachlässigen und für die Beziehung zwischen A und B
die Kuttersche Formel zugrunde zu legen, welche die
Profilreibung ausdrückt durch:
-|r = Ä yVÄ (1)
Q Wassermenge pro Sekunde, F Wasserquerschnitt,
F
k Rauhigkeitskoeffizient, r mittlerer Profilradius = -p-, wo
P = benetzter Umfang, J Spiegelgefälle.
Qi i i _ p
Aus 1 kommt J = ^ • -5-5- • — und mit r = -yy, J=
F l k 2 r P
dh Q 2
^ (vgl. Fig. 3), = const., was ebenfalls für Projek
tierungen angängig,
dh = const. • ds (2)
Diese Formel 2 besagt: Die Aenderung der Druck
höhe h ist proportional P und umgekehrt proportional F a .
Zur Ueberwindung eines größeren benetzten Umfangs
oder eines kleineren Wasserquerschnitts ist eine Ver
größerung von dh notwendig.
Daß also zum Durchströmen eines Rechens ein größerer
Gefällsverlust gehört als der durch das Spiegelgefälle
dh
I = allein bedingte, leuchtet somit ohne weiteres ein;
dieses Spiegelgefälle auf der Rechenstrecke sei mit
T dh -j— dhr , v
bezeichnet.
In den Fig. 1 und 2 mögen nun die stark ausgezo
genen Linien RR' und SS' die Rechen vorstellen, wobei
SS' mehr geneigt ist als RR'. Vergleicht man zwei be
liebig kleine Schnittelemente ds a und dsb, so sieht man,
daß beim schieferen Rechen SS' der wasserdurchflossene
Querschnitt Fb nicht so sehr vermindert, der benetzte
Umfang Pb nicht so viel vergrößert ist wie bei Fig. 1 im
Schnittelement dsa. Statt von T nach T s , siehe Fig. 3,
ist die Linie des Gefällsverlustes im ersten Fall auf T a ,
im zweiten nur auf Tb gesunken. Aber in dem Schnitt 111
ist bei beiden Fällen die Drucklinie auf T' angekommen,
und man ersieht durch einfache Betrachtung der Fig. 3
den Satz:
Die Anzahl der Summanden dh r wächst oder
nimmt ab, je nachdem man die Schiefe des
Rechens vergrößert oder verkleinert; die End
summe jdhr behält aber in allen Fällen einen
und denselben Wert.
Es dürfte erübrigen nachzuweisen, daß eine vergrößerte
Schieflegung des Rechens im Aufriß ebensowenig wie im
Grundriß etwas an Gefällsverlust erspart.
Man mag, unter Beibehaltung der Bettbreite, den
Rechen mehr oder weniger neigen, immer wird man je
nach der Geschwindigkeit des durchfließenden Werk
kanalwassers eine Druckhöhe h r verlieren, welche bei
den üblichen eisernen Feinrechen etwa beträgt:
hr — 0,01-1-0,025 • v 2 (4)
v = Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen den Rechen
stäben = Ql Fr.