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FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S - LOTHRINGEN-
VI. Jahrgang
Stuttgart, 25. September 1909
Inhalt: Bebauungsplan für Mannheim. — Neubau der Mädchenvolksschule in Ludwigsburg. — Der Bund
Deutscher Architekten. — Innungsverband Deutscher Baugewerksmeister. — Gochsheim. — Friedhof
anlagen und Vergrößerungen. — Vereinsraitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. —
Personalien. — Bücher. — Briefkasten.
Nummer 39
"TT
Alle Rechte Vorbehalten
Bebauungsplan für Mannheim
Wie seinerzeit mitgeteilt, hat unter den Bewerbern
um den Wettbewerb „Bebauungsplan für die Fortführung
der östlichen Stadterweiterung von Mannheim“ Kataster
geometer Linkenheil-Schramberg mit seinem Entwurf
„Ungezwungen“ den ersten Preis davongetragen. Bei
dem Interesse, das solche Bebauungspläne verdienen,
halten wir es für angezeigt, den preisgekrönten Entwurf
in der „Bauzeitung“ zu veröffentlichen. Die Möglichkeit
hierzu verdanken wir dem freundlichen Entgegenkommen
des Herrn Linkenheil, der uns die Veröffentlichung ge
stattet und das Material zur Verfügung gestellt hat.
In dem Programm waren, wie wir den Mitteilungen
des Württ. Geometervereins entnehmen, folgende Haupt
punkte zur Beachtung aufgestellt: Der Plan muß es er
möglichen, das südlich des Luisenparkes liegende Gebiet
für sich allein auszubauen und den Rennplatz als solchen
noch längere Zeit zu erhalten. Es ist nicht notwendig,
die Straßen in gleicher Weise wie bisher bis auf Hoch
wasserhöhe aufzuschütten, doch soll mit Rücksicht auf
eine geordnete Entwässerung die Straßenhöhe mindestens
3,50 m über dem Kanalwasserspiegel bei Regen liegen.
Das Gelände zwischen der verlängerten Augusta-Anlage
und dem Neckardamm ist für die landhausartige Be
bauung in Aussicht genommen. Sowohl für Herrschafts
häuser als für bürgerliche Einzelhäuser sollen geeignete
Plätze angegeben werden. Für die östliche Seite der
Pfalzgrafenstraße soll die Möglichkeit bestehen, große
herrschaftliche Villen in parkartigen Gärten anlegen zu
können. Das Gebiet zwischen der verlängerten Augusta-
Anlage und der Seckenheimer Straße ist für Geschäfts
häuser, kleine Gewerbebetriebe, Kaufläden u. s. w. be
stimmt. Es kann sowohl geschlossene als offene Bauweise
vorgesehen werden. Die Größe der Baublöcke ist so zu
wählen, daß eine gute Einteilung in Bauplätze unter Be
achtung der im Anhänge abgedruckten Bestimmungen
der Bauordnung möglich ist. Höfe und Gärten können
bis 2,60 m unter Straßenhöhe angenommen werden. Im
Straßenplan ist auf eine gute Aufschließung des Ge
ländes durch Straßenbahnlinien Rücksicht zu nehmen.
Es ist in Aussicht zu nehmen, daß an Stelle des Bahn
überganges der Seckenheimer Straße eine Unter- oder
Ueberführung über die Preußisch-Hessische Staatsbahn
angelegt wird in Richtung der Sehne des von der Straße
beschriebenen Bogens. In der Verlängerung der Pfalz
grafenstraße soll später eine Brücke über den Neckar
führen.
Verlangt wurden: 1. Bebauungsentwurf in 1 : 2000,
2. Längen- und Querschnitte der verschiedenen Straßen.
Schaubilder konnten beigegehen werden. Der Verfasser
hatte dem Hauptentwurf noch zwei Varianten A und B
beigegeben, die in der Hauptsache eine andre Lösung
des Kirchplatzes am Abschluß der Augusta-Anlage (bei
der Mühldorfer Straße) und die Behandlung des Luisen
parks als Innenpark, rings umgeben von Landhäusern,
zeigten.
Das Preisgericht faßte sein Urteil in folgendem zu
sammen: „Das Netz der Hauptstraßen ist in trefflicher
Weise angelegt. Der Zug der Augusta-Anlage nach der
Bahnunterführung an der Seckenheimer Straße mit be
rechneter Absicht unterbrochen, um den Durchgangs
verkehr nach der Seckenheimer Straße abzuschieben.
Besonders glücklich ist die Verlängerung der Möhlstraße
nach der Pfalzgrafenstraße hinter dem Abschlüsse der
Augusta-Anlage. Eine zweite Unterführung unter der
Preußisch-Hessischen Bahn ist in zweckmäßiger Weise
an geordnet. Straßenbahnen sind in allen Hauptstraßen
vorgesehen, sogar überreichlich, aber durchweg mit gün
stigen Krümmungsverhältnissen. Die in mäßiger Breite
vorgesehenen Nebenstraßen teilen das Gebiet zwischen
den Hauptlinien in gut bebaute Blöcke. Das der Be
bauung entzogene Gelände ist zwar nicht unbeträchtlich,
aber gut zusammengehalten und auf den Luisenpark
konzentriert. Lobend hervorzuheben ist, daß hei der nur
einmaligen Durchquerung des Parkes mittels nur einer
Hauptstraße noch eine Verbindung der beiden getrennten
Parkteile durch eine Unterführung hergestellt ist. Da
gegen dürfte eine reichere Verbindung der beiden ge
trennten Stadtteile durch Fußwege zu empfehlen sein.
Die zweckmäßig zu den betreffenden Stadtgebieten liegen
den öffentlichen Gebäude sind im wesentlichen geschickt
verwendet zu Prospekten und zur Bildung wirkungsvoller
Platzanlagen. Der Abschluß der Augusta-Anlage ist
jedoch zu wenig energisch. (Diese Bemerkung dürfte sich,
wie der Verfasser in der Erläuterung seines Entwurfs
hervorhebt, wohl nur auf den Hauptentwurf beziehen.
In den zwei Varianten ist der Abschluß der Augusta-
Anlage „energischer“ betont und ausgebildet.) Die
Ausstellungshalle liegt sehr geschickt zu den aus
allen Stadtteilen zusammenführenden Straßen. Die
Kreuzungsstelle der Straßen 5 und 10 ist verbesserungs
bedürftig. “