25. September 1909
BAUZEITUNG
307
Neubau der Mädclienvolksschule in
Ludwigsburg
Wie in andern Gemeinden durch das Anwachsen der
Bevölkerung das Bedürfnis für Schulhäuser sich geltend
macht, so ist auch hier diese Frage in den letzten Jahren
in verschiedener Form an die Stadtverwaltung heran
getreten. Um für die höhere Mädchenschule mehr Raum
zu gewinnen, wurde auf dieses Gebäude noch ein Stock
werk aufgebaut. Sodann wurde in Pflugfelden an das
bestehende Schulhaus ein großer Schulsaal angebaut. In
Eglosheim wurde ein Gebäude mit zwei Schulsälen in
der Weise erstellt, daß später noch ein Schulsaal an
gebaut und zwei Stockwerke aufgesetzt werden können.
Im vorvergangenen Jahr wurde in Ludwigsburg für die
Mädchen der Volksschule ein neues Gebäude errichtet,
das vielleicht wegen seiner einfachen Grundrißanlage und
verhältnismäßig billigen Baukosten auch für andre Ge
meinden Anhaltspunkte bietet. Der Bauplatz ist abseits
der Straße in einem größeren Häuserviereck, neben der
Knabenvolksschule, ziemlich mitten in der Stadt gelegen
und bequem zugänglich. Allerdings mußte das Terrain
um das Gebäude etwa 2 m tief abgehoben werden, um
einen günstigen Spielplatz für die Kinder zu erhalten,
und es waren deshalb, als Abschluß gegen die angrenzen
den Gärten, entsprechend hohe Stützmauern erforderlich.
Aber die Sache hat sich in jeder Beziehung gelohnt, und
heute steht das Schulgebäude in seinen einfachen, klaren
Formen als Zierde da.
Die Grundrißanlage und Stellung des Gebäudes selbst
ist aus den beifolgenden Abbildungen zur Genüge ersichtlich.
Für den Schuldiener wurde im Untergeschoß eine schöne
geräumige Wohnung mit besonderem Zugang eingerichtet.
Die Kleiderablagen sind in dem hierfür erbreiterten Vor
platz in zweckentsprechender Weise untergebracht. Im
Dachstock wurden noch zwei Schulsäle eingebaut. Sämt
liche Umfassungs- und Zwischenwände sind massiv. Das
Treppenhaus ist vollständig feuersicher, die Treppenstufen
aus natürlichem Granit. Der Sockel und ein Teil des
Gemäuers vom Erdgeschoß sind von gelbem Werkstein,
im übrigen sind die äußeren Mauerflächen mit Schwarz
kalkputz versehen.
Die Schulsäle werden durch Niederdruckdampfheizung
erwärmt. Die Lüftungskamine sind gemauert und innen
verputzt; dieselben münden im Dachboden frei aus. Um
diese Lüftung zu steigern, ist im Dach ein entsprechend
großer Dachreiter mit Luftöffnungen angebracht.
Die Decken sind in Eisenbeton ausgeführt in der Art,
daß die Unterzüge nicht hervortreteu. Ueber dem Beton
ist ein 50 mm starker Schlackenbeton aufgebracht von
feinem Koksgries und Zement. Hierauf kam ein Sauitas-
estrich, 15 mm stark, auf welchem dann das Linoleum in
den Schulzimmern verlegt wurde. Hierdurch wurde ein
warmer und schallsicherer Fußboden erzielt, ln den
Gängen und Treppenruhbänken wurde ein Terrazzoboden
ausgeführt.
Der Schülerabtritt ward mit einem durchgehenden Dach
reiter mit Lüftungseinrichtung versehen, so daß derselbe
nahezu geruchlos ist. Für jeden Schulsaal sind zwei Sitz
gelegenheiten angeordnet. Der Schülerabtritt ist mit dem
Schulgebäude durch einen bedeckten feuersicheren Gang
verbunden.
Die Kosten für das Schulhaus, ohne Schülerabtritt
und Hofherstellung u. s. w., betragen rund 89 000 M. Die
Gesamtkosten für das Hauptgebäude nebst Schülerabtritt,
Dohlen- und Hofanlage kommen auf rund 103 230 M.
Unter Zugrundelegung dieses Gesamtaufwandes berechnet
sich das Kubikmeter umbauten Raumes vom Souterrain
boden bis zur Schulsaaldecke im Dachstock auf 14 M.
Die Kosten für einen Schulsaal betragen rund 10 000 M.
Der Neubau wurde im Spätjahr 1906 begonnen und
im August 1907 bezogen.
Ludwigsburg. Stadtbauinspektor M ö ß n e r.
Mädchenvolkssohule in Ludwigsburg Ansicht