Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

322 
BAUZEITUNG 
Nr. 41 
Haus an der Lenzhalde in Stuttgart Architekten H. u. A. Storz-Stuttgart 
Aus Geßner „Das deutsche Miethaus“, Verlag F. Bruokmann, A.-G., München 
unterscheiden und wird es bgreifen, daß die Vornehm 
heit eines Raums nicht mit seiner Höhe und Fülle zu 
nimmt. Es kann hierbei nicht genug betont werden, 
daß es in allererster Linie der Mieter ist, der das Gute 
verlangen muß, wenn es ihm angeboten werden soll. 
Aber auch die andern Faktoren, die beim Miethaus e’ine 
Rolle spielen, die Vermieter, d. h. die Hausbesitzer, sind 
nicht außer Betracht zu lassen. Dann kommen noch, da 
die Hausbesitzer in den seltensten Fällen (wegen der 
Größe des Objekts) sich im vollen Besitz des Hauses 
befinden, der Hypothekeninhaber und dann in dritter 
Linie noch der eigentliche Bauunternehmer, d. h. der 
jenige, der den Miethausbau in Vorrat zum Verkauf her 
stellt. In vielen Fällen ist der Bauunternehmer gleich 
zeitig der Hausbesitzer, wenigstens in den ersten Jahren, 
und tritt als erster Vermieter der Wohnung auf. Es wäre 
sehr zu wünschen, daß der Hauskäufer öfter von be 
rufenen Fachleuten sich genügende Auskunft über den 
wirklichen Wert eines Hauses einholte, dann würden 
sich die Bauunternehmer besinnen, nur durch Aeußer- 
lichkeiten die Mieter anzulocken, statt auf eine überlegte 
und für die Zukunft wertvolle Anlage bedacht zu sein. 
Der Umstand, daß der Verfasser selbst eine Reihe 
mustergültiger Miethäuser in Charlottenburg erbaut, ver 
leiht seinen Darlegungen besonderes Gewicht. Die letz 
teren sind nicht nur kritischer Art, sie zeigen auch den 
Weg zur Abhilfe der gerügten Mißstände. Er empfiehlt 
eine Reihe von Verbesserungen, die unerläßlich sind, um 
die Mietwohnungen zu gesunden und praktisch behag 
lichen Wohnstätten zu machen. So werden die Vorzüge 
hervorgehoben, die das Wohnen im Miethaus im Ver 
gleich mit dem Eigenbaus bietet, die falschen Ansprüche 
der meisten Mieter und der verkehrte Eifer der Haus 
besitzer, ihre Wohnungen diesen eingebildeten Bedürf 
nissen durch sinnlose Verschwendung auf der einen und 
unangebrachte Sparsamkeit auf der andern Seite anzu 
passen. Wir sehen die Wohnung, wie sie sein sollte, 
und die Fehler und Mängel der Bebauungspläne und 
Bauordnungen, die eine Gesundung des Miethausbaues 
erschweren. Wie er die Architekten zu eifriger Mit 
arbeit an dieser von ihnen so lange vernachlässigten 
und mit Unrecht geringschätzig behandelten wichtigsten 
baulichen Aufgabe unsrer Tage auffordert, so richtet er 
auch seinen Mahnruf an die Bodengesellschaften, Hypo 
thekenbanken und Behörden, die alle berufen sind, durch 
Berücksichtigung unsrer heutigen Bedürfnisse und ästheti 
schen wie hygienischen Ansprüche an der Beseitigung 
der jetzigen Mißstände mitzuarbeiten, in die wir durch 
die mancherlei Unterlassungssünden vergangener Jahr 
zehnte geraten sind. Daß man sich dieser Mängel schon 
in weiteren Kreisen bewußt geworden ist und durch 
Heranziehung tüchtiger Architekten hier und da begonnen 
hat, ihnen abzuhelfen, beweisen die zahlreichen Abbil 
dungen des Buches, in denen der Herausgeber gesammelt 
hat, was in den letzten zehn Jahren in den verschieden 
sten deutschen Städten an guten Miethäusern entstanden 
ist, die durch ihre äußere Gestaltung oder geschickte 
Grundrißlösung vorbildlich zu wirken vermögen. F.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.