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BAUZEITUNG
Nr. 41
Haus an der Lenzhalde in Stuttgart Architekten H. u. A. Storz-Stuttgart
Aus Geßner „Das deutsche Miethaus“, Verlag F. Bruokmann, A.-G., München
unterscheiden und wird es bgreifen, daß die Vornehm
heit eines Raums nicht mit seiner Höhe und Fülle zu
nimmt. Es kann hierbei nicht genug betont werden,
daß es in allererster Linie der Mieter ist, der das Gute
verlangen muß, wenn es ihm angeboten werden soll.
Aber auch die andern Faktoren, die beim Miethaus e’ine
Rolle spielen, die Vermieter, d. h. die Hausbesitzer, sind
nicht außer Betracht zu lassen. Dann kommen noch, da
die Hausbesitzer in den seltensten Fällen (wegen der
Größe des Objekts) sich im vollen Besitz des Hauses
befinden, der Hypothekeninhaber und dann in dritter
Linie noch der eigentliche Bauunternehmer, d. h. der
jenige, der den Miethausbau in Vorrat zum Verkauf her
stellt. In vielen Fällen ist der Bauunternehmer gleich
zeitig der Hausbesitzer, wenigstens in den ersten Jahren,
und tritt als erster Vermieter der Wohnung auf. Es wäre
sehr zu wünschen, daß der Hauskäufer öfter von be
rufenen Fachleuten sich genügende Auskunft über den
wirklichen Wert eines Hauses einholte, dann würden
sich die Bauunternehmer besinnen, nur durch Aeußer-
lichkeiten die Mieter anzulocken, statt auf eine überlegte
und für die Zukunft wertvolle Anlage bedacht zu sein.
Der Umstand, daß der Verfasser selbst eine Reihe
mustergültiger Miethäuser in Charlottenburg erbaut, ver
leiht seinen Darlegungen besonderes Gewicht. Die letz
teren sind nicht nur kritischer Art, sie zeigen auch den
Weg zur Abhilfe der gerügten Mißstände. Er empfiehlt
eine Reihe von Verbesserungen, die unerläßlich sind, um
die Mietwohnungen zu gesunden und praktisch behag
lichen Wohnstätten zu machen. So werden die Vorzüge
hervorgehoben, die das Wohnen im Miethaus im Ver
gleich mit dem Eigenbaus bietet, die falschen Ansprüche
der meisten Mieter und der verkehrte Eifer der Haus
besitzer, ihre Wohnungen diesen eingebildeten Bedürf
nissen durch sinnlose Verschwendung auf der einen und
unangebrachte Sparsamkeit auf der andern Seite anzu
passen. Wir sehen die Wohnung, wie sie sein sollte,
und die Fehler und Mängel der Bebauungspläne und
Bauordnungen, die eine Gesundung des Miethausbaues
erschweren. Wie er die Architekten zu eifriger Mit
arbeit an dieser von ihnen so lange vernachlässigten
und mit Unrecht geringschätzig behandelten wichtigsten
baulichen Aufgabe unsrer Tage auffordert, so richtet er
auch seinen Mahnruf an die Bodengesellschaften, Hypo
thekenbanken und Behörden, die alle berufen sind, durch
Berücksichtigung unsrer heutigen Bedürfnisse und ästheti
schen wie hygienischen Ansprüche an der Beseitigung
der jetzigen Mißstände mitzuarbeiten, in die wir durch
die mancherlei Unterlassungssünden vergangener Jahr
zehnte geraten sind. Daß man sich dieser Mängel schon
in weiteren Kreisen bewußt geworden ist und durch
Heranziehung tüchtiger Architekten hier und da begonnen
hat, ihnen abzuhelfen, beweisen die zahlreichen Abbil
dungen des Buches, in denen der Herausgeber gesammelt
hat, was in den letzten zehn Jahren in den verschieden
sten deutschen Städten an guten Miethäusern entstanden
ist, die durch ihre äußere Gestaltung oder geschickte
Grundrißlösung vorbildlich zu wirken vermögen. F.