Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 45 
Öfen u. dgl. finden ihren Weg durch die angebauten 
Isolier- und Lüftuugsschächte, so daß im Kamin selbst 
nur noch die Rauchgase abgeführt werden. Diese wich 
tige Teilung der Abluft, Abgase und Rauchgase hindert 
den Ansatz von Glanzruß und Rußverschmierungen und 
so die Möglichkeit des Ausbrennens des Schornsteins, 
erhöht also die Feuersicherheit, die eine unbedingte ist, da 
es in den seither gefährlichen Stellen, in den Balkenlagen 
keine Fugen erhält, Vertikalfugen überhaupt nicht besitzt. 
Durch die große Dichte, die glatten Innenwände und 
die Isolierung des Rauchrohres durch die angeschlossenen 
Luftkanäle können — gegenüber den seitherigen Ka 
minen — in diese Kamine mindestens 40 u / 0 mehr Feue 
rungen eingeführt werden, weil der Zug wesentlich 
stärker als in gewöhnlichen Kaminen ist, wie die Prü 
fungen der Materialprüfungsanstalt der K. Technischen 
Hochschule in Stuttgart einwandfrei ergeben haben. 
Die Ausführung dieses Kamins mit angebauten 
Lüftungsschächten gestattet eine gleichzeitige, lau 
fende kräftige Entlüftung von Abortgruben, Aborten, 
fensterlosen Zwischenräumen, Küchen, Waschküchen, 
Zimmern u. s. w. in kostenloser, sachlich richtigster Weise, 
ohne jeden Zug. Dies ist ein ganz außerordentlicher Vorteil 
des Schoferkamins, der nicht genug hervorgehoben werden 
kann, und unsre Wohnungen, Aufenthalts- und Arbeits 
räume in gesundheitlicher Beziehung auf den zurzeit 
idealsten Standpunkt erhebt. 
Wie vorerwähnt, besteht das Material des Schofer 
„Verbund-Rauch-und Lüftungskamins“ aus feinem Ziegel- 
kleingeschläg mit gutem Portlandzement ohne jeden Sand 
zusatz. Das Ziegelkleingeschläg saugt sich voll Zement, 
wird unbedingt dicht, und die in Formen gegossenen Kamin 
schäfte bilden ganz 
glatte Flächen, die 
man weder innen noch 
außen verputzen 
braucht, die sogar 
bei größter Erhitzung 
ihren Körper nicht 
verändern, weil Zie 
gelsteine und Zement 
bei der Herstellung 
weit höheren Erwär 
mungen ausgesetzt 
sind, als sie je wieder 
auszuhalten haben. 
Dieses sachgemäß 
zusammengestellte 
Material hat eine 
außerordentlich hohe 
Festigkeit ergeben, 
undzwar: 210kg/qcm; 
es wurde weiter durch 
die Materialprüfungs 
anstalt der K. Tech 
nischen Hochschule Ventilation 
in Stuttgart festge 
stellt, daß ein in glei 
chen Maßen aus guten 
Backsteinen vermau 
ertes Kamin schon 
bei 34000 kg Be 
lastung zerstört wur 
de, während das gleich 
große Schoferkamin Ventilation 
die ungewöhnliche 
Festigkeit von 
119 500 kg zeigte. 
Die Erstellung eines 
schneller und leichter, 
4-. 
Rauchrohr.~ 
Anschluss 
Rauchrohr- 
jnsch/uss 
* 
solchen Kamins geschieht weit 
als diejenige eines gemauerten. 
Die geringe Zahl der Schäfte ist in wenigen Stunden 
zusammengesetzt, der Aufbau gebt reinlicher vor sich 
und kann auch in jedem Altbau, sogar in Holzhäusern, 
ohne jede Schwierigkeit gemacht werden, das eben auf 
gestellte Kamin ist sofort streich- oder tapezierfähig. 
Horizontalfugen gibt es zwischen Balkenlagen keine, 
Vertikalfugen überhaupt nicht. 
Das K. württembergische Ministerium des Innern hat 
nun die Aufnahme dieser Kamiubauweise, die mit den 
bisherigen Bestimmungen der alten Bauordnung von 1882 
nicht ganz übereinstimmt, in die neue Bauordnung in 
sichere Aussicht gestellt und für die Zwischenzeit mit 
Erlaß vom 23. Juli und 8. Oktober 1909 die Erteilung 
des Dispenses von der Einführung des Schoferkamins 
entgegenstehenden Bestimmungen der § 41 Abs. 1, § 45 
Abs. 1 Ziffer 3 und 4, Abs. 2 Satz 1 und 3, § 49 Abs. 1, 
§ 50 Abs. 1 und 2, § 51 Abs. 3 angeordnet. Nach diesen 
Bestimmungen dürfen die Kaminquerschnitte beim Schofer 
kamin für die Oefen auf 60 qcm für Koch- oder Wasch 
kesselherde auf 160 qcm herabgesetzt werden. Dieser 
Ministerialerlaß gründet sich auf die von der Material 
prüfungsanstalt der K. Technischen Hochschule in Stutt 
gart festgestellten guten Eigenschaften und Vorzüge des 
Schoferschen „Verbund-Rauch- und Lüftungskamins“, 
die die alte Bauweise bald ganz verdrängen werden; 
wesentliche Mehrkosten entstehen ja niclit, aber außer 
ordentlich hohe Vorteile für Gesundheit, Feuersicherheit, 
Schönheit und Zweckmäßigkeit unsrer Bauten.- 
Der angefügte Schnitt zeigt in leichtverständlicher, 
klarer Weise das Schoferkamin und seine Einrich 
tungen, bei denen die Zahlen 1 Anschluß der Lüf 
tungen in die äußeren Züge, die Zahlen 4 Anschluß der 
Rauchrohre in den Innenzug bedeuten. 
Ingenieur Carl Morgenstern, Stuttgart. 
Y ereinsmitteihmgen 
Württ. Baubeamten-Verein. Seinen Beitritt zum 
Verein hat angemeldet; Otto Lindner, techn. Eisenbahn 
sekretär in Jagstfeld. 
Württeiiibergischer Verein für Baukunde. In 
der zweiten ordentlichen Versammlung vom 30. Oktober 
berichtete zunächst der Vorsitzende, Baurat Kräutle, über 
den im nächsten Jahr in Brüssel abzuhaltenden Straßen 
baukongreß sowie über das Ergebnis der vom Verband 
Deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine bei den 
Einzelvereinen veranstalteten Sammlung, die den Zweck 
verfolgt, dem Verband ein Vermögen von mindestens 
100 000 M. zu verschaffen und bis jetzt etwa 60 000 M. 
erreicht hat. Sodann erhielt Prof. Lauser das Wort 
zu einem Lichtbildervortrag über: „Die künstlerische 
Verwertung des Metalls im Kunstgewerbe des Altertums 
und beim Zustandekommen einer Monumentalarchitektur; 
inwiefern ist dies lehrreich für zeitgemäße (moderne) 
Architekturformen?“ Er begann mit einem Hinweis auf 
die Ausgrabungen Schliemanns in Troja und Mykenä, die 
vollauf bestätigt haben, was Homer von Waffengeschmeide 
und prangenden Rüstungen, von silbernen und goldenen 
Bechexm erzählt. Von den letzteren Funden waren aus der 
Sammlung des K. Landesgewerbemuseums durch das Ent 
gegenkommen des Direktors Pazaurek zahlreiche galvano 
plastische Nachbildungen der Geislinger Metallwarenfabrik 
ausgestellt. Dahin gehören goldene mykenische Siegelringe 
mit eingravierten bedeutsamen Sinnbildern (z. B. ein 
Lilienblumenzepter, bewacht von zwei hockenden Sphinx 
gestalten, von Rossen u. dgl.); ferner Becher und Schalen, 
die durch Hämmern und Treiben in Silber und Gold 
blech entstanden und deren dünne Wandungen mit 
springenden Löwen, Stierbildern u. s. w. geschmückt sind. 
Besonders erwähnenswert ist aber ein prachtvoller Löwen 
kopf aus Goldblech, der wahrscheinlich nach altägypti 
schen Vorbildern vorne an einem mykenischen Thron 
sessel angebracht war. Die Lichtbilder versetzten die
	        
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