Die Erkenntnis, daß in dem zielbewußten Gebrauch
von Bädern das einfachste und sicherste Mittel gegeben
ist, die Gesundheit zu erhalten, den Körper zu kräftigen
und abzuhärten und so den Menschen widerstandsfähiger
zu machen, ist mit der Zeit eine so allgemeine geworden,
daß dem hieraus sich ergebenden Bedürfnis nach einer
rationellen Körperpflege in immer weiteren Kreisen
Rechnung getragen wurde. So entstanden Bäder und
Badeanstalten der verschiedensten Art, als Schwimm
hallen, Yolksbäder mit Wannen, Brausebäder, Schul
bäder, Arbeiterbäder, Licht-, Luft-, Sonnenbäder neben
Freibädern, Wasserheilanstalten, Mineral- und Thermal
bädern u. s. w. Wir hatten in unsrer Zeitschrift schon
wiederholt Gelegenheit, namhafte und praktische Bade
anstalten in Bild und Wort unsern Lesern vorzuführen.
Wenn wir heute eingehender
auf dieses Thema zu sprechen
kommen, so sind wir dazu
veranlaßt durch ein bedeut
sames Werk,*) das ein um
fassendes Bild des Badewesens
in der Vergangenheit und in
der Gegenwart, insbesondere
in Deutschland, gibt. In 584
Abbildungen werden uns in
diesem hervorragenden Werk
alle Fortschritte auf dem Ge
biet des Badewesens mit den
verschiedensten Arten von
Bädern und Badeeinrichtungen
vorgeführt. Das Buch hat
besonderes Interesse für unsre
bautechnischen Kreise, da es,
vom Standpunkt des Archi
tekten geschrieben, sich vor
wiegend an diejenigen wendet,
die mit Bau, Einrichtung
und Betrieb von Bädern zu
tun haben; es gibt daher
nicht nur über die bauliche
*) „Bäder und Badeanstalten.“
Von Geh. Baurat W. Schleyer, Pro
fessor an der Technischen Hochschule
zu Hannover. Carl Scholtze( W. Jung-
hans), Verlag für Architektur,
Technik und Gewerbe. Leipzig 1909.
Volksbad in München Abb. 1 Männerschwirambad
Anlage, die Konstitutionen und Materialien der Bäder,
sondern auch über die bautechnischen Einrichtungen und
deren Berechnung Aufschluß, soweit es für den ent
werfenden und ausführenden Architekten von Wichtig
keit ist. Für den badetechnischen Spezialisten bleibt
trotzdem noch Einzelarbeit genug, die ihm der Archi
tekt, der dem Bau von Bädern vielleicht noch nicht
näher treten konnte, nicht erschweren dürfte. Aber
auch weiteren Kreisen, denen die Volkswohlfahrt am
Herzen liegt, hofft der Verfasser, indem er durch den
geschichtlichen Teil vor Augen führt, zu welch hoher
Bedeutung die im Badewesen liegende Quelle der Ge
sundheit und Gesundung des Volkes schon in der Blüte
zeit der bereits der Geschichte angehörenden Nationen
gediehen war, lebendiges Interesse an der weiteren Ent
wicklung unsers modernen
Badewesens zu erwecken und
dazu den W eg zu weisen.
Wir glauben unserm Leser
kreis einen Gefallen zu tun,
wenn wir aus der Fülle des
Anschauungs- und Belehrungs
materials in nachstehenden
Darstellungen einige Proben
herausgreifen.
Abb. 1, 2 und 3 zeigen
uns das Karl Müllersche Volks
bad in München, eine Bade
anstalt ersten Banges, die
sowohl in bezug auf technische
Einrichtung als auch in bezug
auf künstlerische Gestaltung
und Durchbildung sehr hohen
Anforderungen entspricht. Der
Bau, der nach den Entwürfen
und unter der Oberleitung von
Prof. C. Hocheder einschließ
lich der Einrichtung mit einem
Kostenaufwand von 180OÜ00M.
errichtet wurde, bedeckt eine
Fläche von nahezu 4000 qm.
Die Badeanstalt enthält neben
Brause- und Wannenbädern,
Duschraum, Beinigungsraum
ein Männer- und ein Frauen
schwimmbad nebst Warte
hallen.