Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 50 
ERDGESCHOSS 
Volksbad in München 
Abb. 2 
Auf dem Gebiet der Yolksbrausebäder bietet das vom 
Stadtbaumeister Luthardt erbaute zweite städtische Brause 
bad in Chemnitz, eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte 
Lösung der Aufgabe (Abb, 4, 5, 6). Das auf dreieckigem 
Platz freistehende Gebäude enthält im Erdgeschoß eine 
große Männer- und eine kleine Frauenabteilung, jede mit 
besonderem Eingang, Warteraum, Abort und ausschließ 
lich Brausen. Für Frauen sind drei Brausezellen vor 
handen, für Männer zwölf, die auf zwei getrennte Räume 
verteilt sind. Jede Zelle hat kaltes und warmes Wasser 
in der Brause. Das Gebäude ist einfach, aber solid aus 
geführt. 
Zur Hebung der Rentabilität bzw. zur Verminderung 
der Baukosten werden auch die Yolksbrausebäder mit 
andern städtischen Anlagen zusaramengelegt. Ein solches 
Beispiel ist das Yolksbad an der Marstallstraße in Magde 
burg, das mit einer Desinfektionsanstalt und einer ge 
sonderten Warmbadeabteilung für skrofulöse Kinder ver 
bunden ist (Abb. 7). Das Brausebad ist mit der Schmal 
seite bis an die Straße vorgerückt. Die Brausezellen, 
acht für Frauen, zwölf für Männer, sind 2,40 zu 1,25 m 
groß und durch 2,20 m hohe Wellblechwäude in den 
einheitlichen Baderaum eingebaut. Die Abteilung für 
Skrofulöse ist mit fünf Wannen ausgestattet. Die Des 
infektionsanstalt ist so weit zurückgeschoben, daß ein Yor- 
hoftür die Abfuhr desinfizierter Sachen verblieb; die Anfahrt 
erfolgt auf der entgegengesetzten Seite. Die badetechnische 
Einrichtung kostete 6700 M., der von Stadtbaurat Peters 
entworfene und ausgefühlte Bau 20000 M. 
In den Abb. 8 und 9 wird ein Thermal 
schwimmbad vorgeführt. Müllheim in Baden, 
ein Städtchen von 3000 Einwohnern, genießt 
den Vorzug, eine kleine Schwimmbadeanstalt 
zu besitzen, die in Ermanglung von Süßwasser 
durch eine Thermalquelle von 20° und 10 
bis 12 cbm stündlicher Ergiebigkeit gespeist 
wird. Wie aus Grundriß und Schnitt ersicht 
lich, liegen neben dem Eingang E vier Wannen 
bäder, die aus der Wasserleitung versorgt 
werden, vor ihnen eine offene Halle, die durch 
Wartezimmer W und den Heiz- und Kessel 
raum K begrenzt wird; über W und K ist 
das Warm- und Kaltwasserreservoir aufgestellt. 
Das Schwimmbecken von 21,5 zu 12 m Größe 
wird von einer gedeckten Halle umzogen, die 
an den Langseiten 28 Zellen Z und 2 offene 
Auskleideräume A enthält. Dem Eingang 
gegenüber befindet sich der Duschraum D mit 
verschiedenen Brausen und Duschen, und 
darunter ein Sturzbad, welches das Wasser 
aus dem Schwimmbecken erhält. Die erforder 
lichen Reinigungsräume R sind in die beiden Eckbauten 
gelegt und empfangen ihr Wasser aus dem Ueberlauf 
des Schwimmbeckens. Ein Geräteraum G und ein Abort 
vervollständigen die Anlage. Die Wannenbäder sind 
heizbar, und zwar durch Dampf aus dem Kessel K, der 
auch mittels Kupferschlange in dem darüberstehenden 
Reservoir das, nötige Warmwasser bereitet. F. 
Unterirdischer Friedhof 
Schon seit längerer Zeit hat Prof. Aug. Thiersch 
(nicht zu verwechseln mit Friedrich v. Thiersch, dem 
Erbauer des Wiesbadener Kurhauses und der Frank 
furter Pesthalle) den Plan zu einer großen Fried 
hofsanlage für die Vorstadt Schwabing zur Erörterung 
gestellt. Wie verlautet, will jetzt die Gemeinde 
dem Projekt näbertreten. An zwei Uebelständen, so 
läßt ein Mitarbeiter der „Frkf. Ztg.“ Prof. Thiersch 
seinen Entwurf erläutern, leiden heute unsre Friedhöfe: 
an der Notwendigkeit wiederholter Benutzung der Gräber 
und an der Anhäufung von Grabsteinen über der Erde. 
Deshalb schlägt er vor, die gesamte Gruftanlage in die 
Unterwelt zu verlegen, und darüber einen Garten mit 
Bauten zu errichten, die teils zum Gebrauch bei der Bei 
setzung, teils zum Schmuck des Ganzen dienen sollen. 
Wie man sieht, geht die Neuheit auf uralte Friedhofs 
bauten zurück. Besonders das Beispiel von Alexandria 
wirkt nach, wo ausgehend von großen Höfen oder Wandel 
gängen eine Anzahl von Zimmern und Kammern mit 
Nischen und Schubgräbern aus dem Felsen 
ausgehauen ist. Auch die Krypten der romani 
schen Kirchen zeigen, wie man weiß, die Auf 
bahrung in Gewölben unter der Erde, von 
den Katakomben Roms ganz zu schweigen. 
Das neue Projekt ist für einen Platz von etwa 
3 ha gedacht und zeigt im Grundriß ein 
größeres und ein kleineres Quadrat, die von 
je einer breiten Mittelachse, sog. Vorhöfen, 
durchquert sind. Um diese Achsen sind nun die 
Gräberfelder unterirdisch streng geometrisch 
geordnet. Rund herum, an den Umfassungs 
mauern entlang ziehen sich Wandelgänge mit 
hohem Seitenlicht, und auch die Yorhöfe sollen 
dieses Licht und zugleich frische Luft ausgiebig 
von oben her erhalten. Den Haupteingang 
bildet ein großes antikisierendes Tor mit Ko- 
lossaltiguren. Auf die Seitenflügel sind Ehren 
denkmäler in Form antiker Mausoleen errichtet. 
Ueber der Mitte des großen Vorhofes erhebt 
sich die Einsegnungshalle als architektonische 
I. OBERGESCHOSS 
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Yolksbad in München 
Abb. 3 
Grundriß
	        
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