13. Februar 1909
BAÜZEITUNQ
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Wirkung zu erzwingen gesucht, natürlich nur mit dem ent
gegengesetzten Erfolg. Erst neuerdings geht man daran,
die letzteren Fehler nach und nach wieder gutzumachen,
während an der Gr undr iß ano r d nun g auf absehbare Zeiten
leider nichts mehr zu ändern ist. Die Heimreise führte
über Halle und Erfurt. Diese Städte vermögen durch
eine Reihe verschiedener hochkünstlerisch gefühlter Bau
gruppen den betrübenden Eindruck, den man von Berlin
mitnimmt, wenigstens einigermaßen zu mildern. In Halle
ist vor allem der Marktplatz mit seinen Türmen, in
Erfurt der Friedrich-Wilhelm-Platz mit seinen beiden
auf hohem Unterbau gewaltig ansteigenden Kirchen er
wähnenswert. Der Gesamteindruck der Reise wurde
vom Vortragenden dahin zusammengefaßt, daß in der
baulichen Ausgestaltung unsrer Städte ein Gebiet vor
liegt, auf dem das letzte Jahrhundert wie kaum auf
einem andern gesündigt hat und das Fragen und Auf
gaben stellt, die von Jahr zu Jahr dringender werden.
Mit bloßer Theorie oder Reißbrettarbeit ist hier freilich
wenig zu erreichen, das hat die verflossene Zeit zur
Genüge gezeigt; vielmehr ist, wenn irgendwo, so hier
eigne Anschauung und daran anschließend Behandlung
jeder einzelnen Aufgabe als Sonderfalls erforderlich.
Mögen sich überall Männer finden, die der Lösung dieser
Fragen gewachsen sind! W.
Akad. Architekten-Verein „Motiv“, Stuttgart.
Am S.Februar fand in der Liederhalle die Konkurrenz
besprechung zu einer Einladungskarte für das 11. Stif
tungsfest und zur Ausgestaltung eines Garteneingangs
für ein Landhaus statt. Außer zahlreichen Gästen konnte
der Vorsitzende des aktiven Vereins die Professoren
Bonatz, K. Schmoll v. Eisenwerth und Dr. Weizsäcker
begrüßen. Prof. Schmoll v. Eisenwerth hatte wieder die
Beurteilung der eingelaufenen Arbeiten übernommen und
erkannte in seiner Besprechung den Arbeiten der Mit
glieder: Pils, für die Einladungskarte, und Seifried, für
das Gartentor, je einen I. Preis zu. R.
Württ. Ingenieur -Verein. Im Hörsaal des Ingenieur
laboratoriums der Kgl. Technischen Hochschule in Berg
fand am 4. d. M. die Monatsversammlung statt, in der
nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten Bau
direktor Prof. Dr.-Ing. C. v. Bach und Ingenieur Bau
mann Mitteilungen über die autogene Schweißung
von Kesselwandungen vortrugen. Baudirektor
v. Bach führte aus, daß das autogene Schweißen zum
Ausbessern von Kesseln seit längerer Zeit ausgedehnte
Verwendung finde, weshalb der Internationale Verband
der Dampfkesselüberwachungsvereine (umfassend Belgien,
Deutschland, Frankreich, Italien, Oesterreich, Schweden
und die Schweiz) es im Jahre 1907 für angezeigt er
achtet habe, über die Zuverlässigkeit bzw. Zulässigkeit
des Verfahrens Versuche anstellen zu lassen, welche ihm
übertragen und in der von ihm geleiteten Material
prüfungsanstalt der Kgl. Technischen Hochschule Stutt
gart durchgeführt worden seien. Ueber die Ergebnisse
dieser Versuche berichtete sodann Herr Baumann an
Hand zahlreicher Lichtbilder. Die untersuchten Stücke
waren mit verschiedenen Schweißverfahren teils außer
halb des Kessels eigens zum Zwecke der Untersuchung
hergestellt, teils im Kessel bei Gelegenheit von Aus
besserungsarbeiten entstanden. In zwei Fällen entstammten
die Versuchsstücke Kesseln, die explodiert waren und
zu Unfällen Veranlassung gegeben hatten. Die weitaus
meisten Stücke machten keinen günstigen Eindruck. Die
Schweißung war häufig unvollkommen, in einem Fall war
das an und für sich gute Blech in der Nähe der Schweißung
verdorben. Im Anschluß an diesen Bericht legte Bau
direktor v. Bach seine auf Grund der Ergebnisse gebildete
Ansicht dar. Er betonte, daß die Versuchsergebnisse
zur Vorsicht mahnten, daß sie aber nicht dazu be
rechtigen würden, die autogene Schweißung nun ganz
und gar zu verwerfen. Er verlas hierauf die Beschlüsse,
die vom Internationalen Verband der Dampfkesselüber
wachungsvereine auf seine Anregung einstimmig gefaßt
worden sind, die unter anderm aussprechen, daß Nähte,
welche auf Zug oder Biegung beansprucht werden, nicht
geschweißt werden sollen, wenn die Naht nach ihrer Er
zeugung nicht ausgeglüht werden kann. Der Redner
berichtete sodann, daß vom Verein Deutscher Ingenieure
erhebliche Geldmittel bewilligt worden seien, um Vor
arbeiten auszuführen, welche die Frage der autogenen
Schweißung soweit klarstellen sollen, daß ein eingehendes
Programm für Versuche aufgestellt werden kann, welche
die in Betracht kommenden Einflüsse zu erforschen ge
statten. Hierauf sollen dann im Verein mit den Interes
senten diese Versuche durchgeführt werden. Auf diese
Weise sei zu hoffen, daß die Frage der autogenen
Schweißung ihrer Lösung zugeführt werde, soweit das
überhaupt möglich sei. Auch die Leitung dieser Arbeiten
ist dem Redner übertragen worden. Zum Schlüsse wies
Baudirektor v. Bach auf die einschneidende Bedeutung
hin, welche beim autogenen Schweißen der Wahl und
Zuverlässigkeit des Arbeiters zukommt. Wenn alle Ge
sichtspunkte, welche gute Schweißung bedingen, ermittelt
sein werden, so bleibe doch immer noch bestehen, daß
nur bei sorgfältiger Arbeit gute Ergebnisse erzielt
werden. Diesen Umstand habe die autogene Schweißung
mit der alten Feuerschweißung gemeinsam. Beiden Red
nern sprach der Vorsitzende für ihre mit lebhaftem Bei
fall aufgenommenen Mitteilungen den Dank des Ver
eines aus.
Akad. Architekten-Verein Darmstadt. Als ordent
liches Mitglied wurde aufgenommen: Mario von Jaczewski
laut Vereinsbeschluß vom 14. Januar. Zur Ergänzung
unseres Berichtes über die Vorstandsbesetzung in Nummer 5
dieses Jahrgangs fügen wir hinzu; Hefteversender; Gustav
Lampmann. Bei dem Ideenwettbewerb zur Umge
staltung der Obertorstraße in St. Johann a. d. S. wurde
der I. Preis unserm A. H. Fritz Zollinger, Regierungs
bauführer in Dieburg-Hessen, zuerkannt. Zum 40. Stiftungs
feste der A. A.V. „Vitruvia“ Stuttgart, das am 30. Januar
stattfand, sandten wir als Vertreter unsern Kassenwart
K. Engel. Am 1. und 2. Februar weilten vier Verbands-
hrüder vom A.A.V. Aachen in unsrer Stadt; der A. A.V. D.
veranstaltete zu ihren Ehren eine Kneipe, an der auch
einige A.H.A.H. des Aachener wie des Darmstädter
Vereins teilnahmen. M.
Wettbewerbe
Gönningen b. Reutlingen. Zu einem engeren Wett
bewerb für ein Rathaus waren von fünf Architekten
firmen zehn Arbeiten eingegangen. Sämtliche drei Preise
erhielten die Architekten Klatte & Weigle in Stuttgart.
Kleine Mitteilungen
Württ. Kunstverein Stuttgart. Neu ausgestellt:
Kollektion Gemälde, plastische Arbeiten, Radierungen
des Ausstellerverbandes Künstlerbund Stuttgart.
Stuttgart. Die Technische Hochschule hat
Schritte getan zur Einführung eines Unterrichtes über
Luftschiffahrt und Flugwesen. Das Ministerium
des Kirchen- und Schulwesens hat sein Einverständnis
erklärt und Graf Zeppelin seine Unterstützung auf das
entgegenkommendste zugesagt. In Verbindung damit soll
künftig im Lehrplan der Technischen Hochschule auch
das Automobilwesen vertreten sein. Man hofft, die
neuen Gebiete bis Herbst dieses Jahres in den Lehrplan
einfügen zu können.
Eßlingen. Die Lieferung der Oberlichtfenster in
der großen Zeppelinhalle wurde J. Eberspächer hier