20. Februar 1909
BAUZEITUNG
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Blick auf die Ulmer Stadtmauer vom östlichen Ende aus Verlag von Wilhelm Hoflmann-Dresden
ihre Gärten und den außen vorbeiziehenden, tief in den
Jurafels eingesprengten Kobelgraben, den heute noch bei
starken Niederschlägen die Wildwasser der Blau durch
rauschen, um sie unmittelbar zur Donau abzuführen,
während die vielen Wasserwerke der Stadt ungestört
ihren Betrieb aufrechterhalten können. Entlang der
Donau führt hier später die Uferstraße unter der Bahn
linie Ulm—München hindurch, deren prächtige Steinbrücke
einen reichen Schmuck der Landschaft bildet. Sie unter
schneidet sodann die Südbahn, um hinaufzuführen zum
aussichtsreichen Galgenberg und am Bismarckring An
schluß an die westlichen Bauquartiere zu gewinnen. Ein
Blick zurück zeigt uns noch einmal den leichtgebogenen
Zug der Stadtmauer zwischen den beiden Brücken, einer
seits die hochgieblige Altstadt, anderseits den schimmernden
Strom begrenzend, ein Bild reichsten Verkehrslebens,
herüberleitend aus längst vergangenen Blütezeiten in eine
weiterstrebende Gegenwart.
Zum Hauptfinanzetat 1909/10
Vom Württ. Baubeamten-Verein wird uns geschrieben:
In den Ausführungen der „Württ. Verkehrs-Zeitung“ vom
1. Februar d. J. zum Hauptfinanzetat 1909/10, a) Eisen
bahn, ist der Befriedigung darüber Ausdruck gegeben,
daß die Kgl. Eisenbahnvorwaltung bemüht ist, auch in
schlechten Zeiten zur Verbesserung der Lage ihres Per
sonals beizutragen. Angefügt ist dann weiterhin, daß im
Hinblick auf die für technische Beamte vorgesehenen
Mittelstellen insbesondere die Erwartungen der gegen
Taggeld verwendeten Maschinentechniker bitter ge
täuscht seien. Wenn wir nun auch diesen Kollegen selbst
verständlich eine Verbesserung ihrer Lage gerne gönnen
möchten, so müssen wir doch Veranlassung nehmen,
darauf hinzuweisen, daß das Verhältnis, zwischen an-
gestellten und nichtangestellten Technikern im mittleren
Dienst der Kgl. Eisenbahnverwaltung nach der Dienst
altersliste vom 1. Juli 1908 folgendes ist:
a) Bei den Bautechnikern werden neben 134 definitiv
angestellten Beamten 87 Bauwerkmeister gegen
Taggeld verwendet, also 6 5 °/ 0 .
b) Bei den Brücken- und Maschinentechniken! sind
neben 72 definitiv angestellten Beamten noch
40 Maschinentechniker gegen Taggeld verwendet,
also 55,6 °/ 0 .
c) Bei den Geometern sind bei 45 definitiv ange
stellten Beamten noch 28 Feldmesser gegen Tag
geld verwendet, demnach 6 2 °/ 0 .
Somit ist die Lage der gegen Taggeld verwendeten
Bauwerkmeister noch ungünstiger als diejenige der be
treffenden Maschinentechniker u. s. w. Im übrigen sind
auch wir dankbar für die in Aussicht gestellten etat
mäßigen Stellen, wenn auch unsre Erwartungen lange
nicht in Erfüllung gegangen sind.
Deutscher Arbeitgeherbimd für das Bau
gewerbe, Landesverband Württemberg
Der Verband der Arbeitgeber des Baugewerbes für
München und Umgebung übersendet uns folgenden Auf
satz, welchen wir zur Kenntnis unsrer Mitglieder bringen:
Baukontrolleure aus dem Arbeiterstande.
Am 12. und 14. Januar wurde im Reichstag eine
Petition auf Anstellung von Baukontrolleuren aus dem
Arbeiter stände behandelt, und der Referent der K omm ission,
Burkhardt, beantragte Ueberweisung an den Reichskanzler
zur Berücksichtigung. Und wirklich, trotz desWiderspruchs
einiger Abgeordneten, die Pauli-Potsdam vertrat, wurde
der Antrag des Abg. Burkhardt zum Beschluß erhoben.
Für Bayern, namentlich für München, gewinnt die An
gelegenheit deshalb ganz besonderes Interesse, weil der
liberale Abgeordnete für München, rechtsk. Magistrats
rat Wölzl, in die Debatte eingriff und die Behauptung
aufstellte, daß nach seinen Informationen sich die Bau
kontrolleure aus dem Arbeiterstande bestens bewährt
hätten und keine begründeten Klagen gegen dieselben
vorgebracht worden seien. Woher Herr Wölzl seine
Informationen hat, wissen wir nicht, aber das wissen
wir, daß er es nicht für nötig befunden hat, auch
nur eine Unternehmerkorporation, die in dieser
Sache interessiert und jedenfalls auch sachkundig
ist, zu fragen. Nun ja, in dieser Hinsicht hat ja Herr
Wölzl genug Vorbilder, und die Unternehmer sind es
schon längst gewöhnt, übergangen zu werden, während
man auf diejenigen hört, deren Urteil durch Sachkunde
nicht getrübt ist. Daß Herrn Wölzl keine Klagen zu
Ohren gekommen sind, mag ja stimmen, aber die Arbeit
geber verzichten auf das Vorbringen derartiger Klagen
aus ganz bestimmten Gründen. Oder ist vielleicht Herrn
Wölzl die beim Magistrat angebrachte Beschwerde des
Münchner Arbeitgeberverbandes gegen zwei Arbeiter-