Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITÜNG 
Nr. 10 
Yon der Stelle A in Pfullingen führt heute schon 
die Straße A—B nach Eningen, ebenso von der Stelle B 
eine Straße nach Reutlingen. Den Ostrand des Gebiets 
bildet die Eisenbahnlinie Pfullingen—Reutlingen, den 
Westrand die Echaz, den Nordrand die Grenze der 
Markung Pfullingen. Dieses ganze Gebiet zeigt ein ziem 
lich gleichmäßiges Gefälle von Süden nach Norden. 
Zunächst waren die Hauptverkehrslinien festzulegen. 
Dazu wurden in erster Linie die vorhandenen Straßen 
und Wege benutzt. Ferner handelte es sich darum, das 
Zentrum des neuen Gebiets (E) sowohl mit dem gegen 
wärtigen Zentrum von Pfullingen als mit Reutlingen in 
möglichst nabe Verbindung zu bringen. Dies geschah 
durch den Straßenzug A—D—E und C—F—E. Zur 
Entlastung dieses Straßenzugs und um zwischen dem 
jetzigen Pfullingen und Reutlingen eine nähere Verbin 
dung zu schaffen, wurde der Straßenzug A—G—H—K—C 
geschaffen. Dieser, mit der von ihm abzweigenden Straße 
G—I—K, hat zugleich den Zweck, den tiefstliegenden 
Hauptsammler des ganzen heutigen und späteren Stadt 
gebiets Pfullingen aufzunehmen, und ist so geführt, daß 
die Ableitung des Kanalisationswassers mit geringsten 
Kosten und auch bei späterem vollem Ausbau des Ge 
biets ohne Aenderung früher fertiggestellter Strecken wird 
erfolgen können. Wer weiß, wie manchmal Bebauungs 
pläne, welche auf die Arbeiten des Ingenieurs keine Rück 
sicht nehmen, große Mehrkosten für den städtischen Tief 
bau verursachen, der wird die Wichtigkeit einer solchen 
Maßnahme zugeben. 
Als Zufahrtstraße zu einer späteren Stadterweiteruug 
östlich der Bahnlinie dient das Straßenstück D—N—L. 
Vom Punkt F bachaufwärts nach Osten (P) gabelt sich 
die Straße, und es ist dort die Anlage eines Volksparks 
sowie öffentlicher Anlagen vorgesehen. 
Aus den eben besprochenen grundlegenden Straßen 
zügen ergeben sich die übrigen Straßen nahezu von selbst. 
Es ist Sorge getragen, daß die Hauptstraßen in schlanken 
Linien ihr Ziel rasch erreichen, und daß trotzdem durch 
die Anlage der Plätze u. s. w. rege Abwechslung in das 
Stadtbild kommt. Bei den Nebenstraßen sind die Krüm 
mungen teilweise etwas stärker gehalten, jedoch im all 
gemeinen nicht weitergehend, als es schon die Forderung 
möglichst rechteckiger Baublockecken verlangte. So weit 
man heute glücklicherweise von den schachbrettartigen, 
auf das Gelände wenig Rücksicht nehmenden Stadtbau 
plänen der letzten Jahrzehnte entfernt ist, ebenso sehr 
muß man sich hüten, in das andre Extrem zu verfallen 
und nun um jeden Preis krumme Straßen zu projektieren. 
Für eine Reihe hervorragender Gebäude sind in dem 
Plan passende Plätze angedeutet. Mit der Anlage von 
Baumreihen bin ich sparsam gewesen, ich habe sie nur 
an Straßen angebracht, wo sie als Schattenspender wirk 
lich einen Zweck haben, also zum Beispiel nicht auf der 
Westseite von angenähert südnördlich laufenden Straßen, 
wo die Häuser selbst Schatten geben. Nur breite Straßen 
ertragen Baurawuchs, bei schmalen Straßen ist er für die 
Bewohner lästig und gibt viel Anlaß zu Klagen. Rein 
südöstliche Straßen sind, soweit es möglich war, ver 
mieden worden. Die Schnitte der Straßenlinien mit den 
vorhandenen Grundstücksgrenzen haben sich im allge 
meinen recht günstig gestalten lassen. Leider ist dies aus 
dem Plan nicht zu ersehen, er hätte sonst im übrigen an 
Deutlichkeit verloren. Es wird nicht immer möglich sein, 
auf bestehende Grundstücksgrenzen Rücksicht zu nehmen; 
in einzelnen Fällen wird es im Gegenteil besser sein, diese 
Rücksichten fallen zu lassen, um nicht zu Künsteleien in 
der Straßenführung genötigt zu sein. Sie sind zu ver 
werfen, auch wenn sie hier und dort schon für besonders 
tiefe Inspirationen gehalten wurden. 
Was die Einteilung in Baugebiete anbelangt, so mußte 
der Plan so gefertigt werden, daß noch Aenderungen 
gegenüber den jetzigen Absichten möglich sind. Soweit 
sich die Verhältnisse jetzt übersehen lassen, wird das Ge 
biet nördlich der Linie K—F—M—B in erster Linie für 
Industrie in Betracht kommen, zumal Bahnanschluß mög 
lich ist; daran schließt sich in der Fläche B—M—N—0— 
L—P—B ein hauptsächlich für die arbeitende Bevölkerung 
bequem gelegenes Gebiet an; hierzu gehört neben einigen 
Spielplätzen vor allem der große Volkspark an dem von 
P nach F fließenden Bach. Die Hauptstraßen A—D—L, 
A—D—B und A—D—C sowie A—G—K—C werden 
auch die Hauptgeschäftsstraßen sein. Das Gebiet A—E — 
F—K—J—G—A eignet sich besonders als Wohngegend 
für mittlere und wohlhabende Bevölkerungskreise. Ein 
Villenviertel findet sich in dem bearbeiteten Gebiet nicht, 
für seinen Platz kämen die Hänge östlich der Bahn in 
Betracht. 
Bezüglich der Straßenbreiten gebt der Entwurf nicht 
über generelle Andeutungen hinaus. Verkehrsstraßen 
sollen recht reichliche Breiten aufweisen, bei den eigent 
lichen Wohnstraßen soll die Breite im Verhältnis wesent 
lich geringer sein, geringer auch, als man dies beute oft 
für notwendig erachtet. Auch ist zu empfehlen, Wohn 
straßen so anzuordnen, daß sie nach beiden Seiten vom 
durchgehenden Verkehr abgeschlossen sind. Auch 
digser Forderung wurde zu entsprechen versucht. 
Derartige generelle Bebauungsplanprojekte sind ohne 
sehr große Kosten zu gewinnen, sie gewährleisten eine 
einheitliche, zweckmäßige, von vorübergebenden Ratbaus 
majoritäten unabhängige Entwicklung unsrer Städte. 
Grundsätze für 
internationale Architektenwettbewerbe, 
aufgestellt von der Internationalen Kommission für Wett 
bewerbe, mitgeteilt vom Württ. Verein für Baukunde. 
Die Internationale Kommisson für öffentliche Wett 
bewerbe der Baukunst hält es für angezeigt, in betreff 
der internationalen Wettbewerbe der Baukunst die Be 
rücksichtigung folgender Punkte zu empfehlen: 
1. Internationale Wettbewerbe der Baukunst sollten 
nur für besondere Fälle und Gegenstände von wirklich 
internationalem Charakter ausgeschrieben werden. 
2. Internationale Wettbewerbe sollen ausgeschrieben 
werden entweder für alle Architekten gleichmäßig und 
ohne Sondereinladung, oder beschränkt auf besondere 
Einladungen. — Die beschränkten Wettbewerbe können 
einstufig sein; für die allgemein offenen Wettbewerbe 
empfiehlt sich ein Verfahren in zwei Stufen. 
3. Die Bedingungen der internationalen Wettbewerbe 
müssen für alle Bewerber die gleichen sein. — Zeich 
nungen, Modelle und sonstige Stücke, welche über das 
im Programm Verlangte hinausgehen, dürfen in keiner 
AVeise berücksichtigt und ebensowenig ausgestellt werden. 
4. Das Progx - amm muß mit klaren Worten die Be 
dingungen des Wettbewerbs zum Ausdruck bringen; es 
darf keinerlei Nebenwünsche enthalten. 
5. Für die beschränkten AVettbewerbe mit Sonder 
einladung kann das Programm sehr ausführlich sein und 
eine umfassende Ausarbeitung des Entwurfes vorschreiben. 
— Für die allgemein offenen Wettbewerbe soll das Pro 
gramm nur in allgemeinen Angaben die nötigen tech 
nischen Forderungen aufstellen und sich auf das für das 
Preisgericht zum Verständnis des Entwurfs nötige Minimum 
in Zahl und Maßstab der Zeichnungen beschränken. — Das 
Programm soll aussprechen, ob die Entwürfe für die erste 
Stufe des Wettbewerbs anonym und nur mit einem Motto 
versehen einzureichen sind und daß sie bei der zweiten 
Stufe mit Namensunterschrift versehen sein müssen. — Es 
ist den Bewerbern unter Gefahr des Ausschlusses vom 
AVettbewerb untersagt, irgendwelchen Versuch zur Ver 
letzung der Anonymität zu machen. 
6. Bei den zweistufigen Wettbewerben sollen für die 
erste Stufe die Bedingungen für allgemein offene AVett-
	        

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