BAUZEITUM
FÜR WÜRTTEMBERG
BADEN HESSEN EL
SAS S-LOTHRINGEN
VI. Jahrgang
Stuttgart, 13. März 1909
Nummer 11
°r
Inhalt: Wettbewerb Gasthof mit Landwirtschaftsbetrieb im Odenwald. — Ketzerische Gedanken über
Unfallverhütung. — Das staatliche Wasserbauwesen in Württemberg. — Yereinsmitteilungen. — Wett
bewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Briefkasten.
Alle Rechte Vorbehalten
Wettbewerb Grasthof mit Landwirtschaftsbetrieb im Odenwald
Die Vereinigung ehemaliger Baugewerkschüler (Hoch
bau) in Darmstadt, die im Jahre 1906 gegründet wurde,
stellt es sich zur Aufgabe, die Weiterbildung des in der
Praxis stehenden Hochbautechnikers zu fördern, und sucht
diesen Zweck zu erreichen durch Wettbewerbe, Vorträge
und Exkursionen. Als hauptsächlichste Aufgabe betrachtet
es der Verein, die bodenständige alte Bauweise zu pflegen,
um dem in kleinen Gemeinden tätigen Techniker einen
Anhalt zu geben, die Neubauten in Einklang mit dem
Bestehenden zu setzen. Wie anspornend ein solches Be
streben wirkt, zeigt die lebhafte Beteiligung der Mitglieder
an Vereins- und auswärtigen Konkurrenzen, aus denen
erstere wiederholt erfolgreich hervorgegangeu sind.
Bei dem von der Vereinigung ausgeschriebenen vor
liegenden Wettbewerb handelt es sich um einen Gasthof
mit kleinem landwirtschaftlichem Betrieb in einem Ort im
Odenwald. Dem Bauprogramm entnehmen wir folgendes;
In einem Orte im Odenwald soll ein Gasthof, ver
bunden mit kleinem landwirtschaftlichem Betriebe, er
richtet werden. Das Grundstück liegt an einem kleinen
Platze und ist, wie umstehende Skizze zeigt, mit den Buch
staben a—f bezeichnet.
Alle Nachbarhäuser, hauptsächlich die an dem Platze
gelegenen, sind äußerst reizvoll gestaltet und geben
geradezu vorbildliche Landarchitekturen ab, die im
Sinne der heimatlichen, im Odenwald charakteristischen
Bauweise entstanden sind. Auf diese Umgebung soll bei
dem zu projektierenden Gasthofe tunlichst Rücksicht
genommen werden.
Städtebaukünstlerisch ist dieser Platz so günstig ge
legen, daß diese Aufgabe sehr interessant zu werden ver
spricht. Die Gebäude sollen so disponiert werden, daß
zwei Höfe entstehen: einer für den wirtschaftlichen
Betrieb, der andre soll als Restaurationsgarten benutzt
werden. Letzterer soll auf dem nordwestlichen Teile des
Grundstücks, in der Tiefe des Hauptgebäudes, so daß
derselbe nach der Straße liegt, angeordnet werden; auch
kann ein Pavillon an geeigneter Stelle in die Erscheinung
treten. Im Anschlüsse an den Restaurationsgarten soll
eine Kegelbahn in südlicher Richtung angelegt werden.
Die Verteilung der übrigen Gebäude bleibt dem Bewerber
überlassen. Es sei noch erwähnt, daß das Gebäude in
den zwei Hauptstraßen (wie angedeutet durch ->-)
in die Erscheinung treten soll, es ist bei dem Entwurf
darauf möglichst Rücksicht zu nehmen. Ein Erker soll
im Gastzimmer ausgebaut werden; letzterer kann ca. 1,20m
vor die Gebäudeflucht treten.
Es werden folgende Gebäude verlangt: 1. Gasthof
einschließlich Wohnung des Wirtes und Speicher, 2. Kegel
bahn, 3. Stallungen nebst Remise, kleine Scheune,
Abort u. s. w.
Räumlichkeiten: 1.Gasthof. Erdgeschoß; große Wirts
stube mit Eckerker (möglichst an der Giebelfront gelegen)
35—45 qm. Wirtsstube und Restaurationsgarten müssen