11. Januar 1913
BAUZEITUNG
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und Arbeitszeit stattfinden, und soll erst danach in die
Beratung und Festlegung des Hauptvertrages und des
Vertragsmusters eingetreten werden.
Demgegenüber erklärten die Vertreter des Arbeitgeber
bundes folgendes: Sollten sich die Bezirksverbände des
Arbeitgeberbundes mit den Bezirksvertretungen der Arbeit
nehmerorganisationen auf örtliche Lohnerhöhungen einigen,
so will die Bundesleitung dem nicht entgegenstehen. Der
Arbeitgeberbund ist jedoch nicht in der Lage, die ver
langte Garantie für eine allgemeine Lohnerhöhung zu über
nehmen, kann auch keine allgemeine Anweisung auf Lohn
erhöhung geben. Um Verhandlungen in den Bezirken
überhaupt zu ermöglichen, hält es der Arbeitgeberbund
für unerläßlich, daß der Hauptvertrag einschließlich des
Vertragsmusters zwischen den Zentralverbänden vorher
festgestellt wird. Sollten sich der Vereinbarung des
Hauptvertrages und des Vertragsmusters unüberwindliche
Schwierigkeiten entgegenstellen, so ist der Arbeitgeber-
wie gefährlich es ist, sich nicht streng an die Vertrags
bestimmungen zu halten oder nicht rechtzeitig für Ab
änderungen der Bestimmungen zu sorgen, wenn Abwei
chungen sich erforderlich machen. Der Maurermeister W.
hatte auf Bestellung der Frau M. auf deren Grundstück
ein Wohnhaus hergestellt. Als Vergütung waren 10000 M.
vereinbart. Gezahlt waren etwa 1000 M., für den Rest
hatte sich W. eine Sicherungshypothek eintragen lassen.
Er forderte nun im Klageweg diesen Rest. Die Beklagte
M. machte jedoch Wandelung geltend und beantragte
widerklagweise Beseitigung des Hauses, Rückerstattung
der Anzahlung und Löschung der Sicherungshypothek.
Das Landgericht wies die Widerklage ab und verurteilte
die Beklagte zur Zahlung. Das Kammergericht Berlin
dagegen wies die Klage ab und entsprach dem Wider-
klagantrage. Auf die Revision des Klägers erklärte der
7. Zivilsenat des Reichsgerichts: Unstreitig ist dem
Bauverträge der Parteien eine (anscheinend nicht vom
Städtische Sparkasse Stuttgart
Eingang zum Beamtentreppenhaus
bund bereit, den jetzigen Vertrag bis zum 31. März 1916
unverändert zu verlängern. Ferner wird vom Arbeitgeber
bund die Einbeziehung der Betonarbeiter in den Tarif
vertrag gefordert, wozu die Arbeitnehmer keine endgültige
Stellung einnehmen können. Sämtliche Parteien halten
an diesen ihren Erklärungen fest, die Vertreter der Ar
beitnehmerverbände erklärten schließlich, daß sie auf
weitere Verhandlungen über den gesamten Inhalt des
Hauptvertrages und des Vertragsmusters noch nicht vor
bereitet seien und daher hierüber heute nicht verhandeln
könnten. Hierauf werden die Verhandlungen im allseitigen
Einverständnis auf den 21. bzw. 22. Januar 1913 vertagt.
Die Verhandlung soll in Berlin wieder unter dem Vorsitz
des Dr. Prenner stattfinden.
Wandelung eines Bauvertrages
nach Vollendung des Baues
sk. ln welch schwierige Lage ein Bauherr kommen
kann, wenn ein Bauvertrag nach Vollendung des Baues
gewandelt werden darf, lehrt folgender Fall. Er zeigt,
Kläger selbst herrührende) Bauzeichnung zugrunde gelegt
worden. Indem der Kläger den Bau dieser Zeichnung
gemäß übernahm, versprach er die Gewährung der Eigen
schaften, die das Haus nach der Zeichnung haben sollte.
Diese Eigenschaften sind deshalb vom Berufsgericht mit
Recht als zugesicherte (§ 633 ff. des Bürgerlichen Gesetz
buches) behandelt. Nach der Bauzeichnung sollte, wie
das Berufsgericht auf Grund des Gutachtens des Sach
verständigen festgestellt hat, der Fußboden des Erdge
schosses eine Höhenlage von durchweg 45 cm über dem
Außengelände haben. Statt dessen befindet sich der
Fußboden in den Vorderzimmern auf 2 / 3 der Frontlänge
nur 8—10 cm und im übrigen nur 10—30 cm über dem
Außengelände. Allerdings war, wie das Berufungsgericht
anerkennt, die gleichmäßige Herstellung einer Höhenlage
von durchweg 45 cm darum nicht ausführbar, weil das
Gelände von der Straße nach dem Hofe zu eine starke
und in der Richtung der Straße an der Hausfront entlang
eine schwächere Senkung hatte. Bei solcher Bewandtnis
lag es nach der Annahme des Berufungsgerichts dem
Kläger ob, als er die in der Bauzeichnung nicht berück
sichtigte Beschaffenheit des Geländes wahrnahm, eine ent-