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BAUZEITUNO
Nr. 45
Mannstaedt-Werke auf der I. B. Ä. Leipzig 1913
Die Mannstaedt-Werke in Troisdorf bei Köln, früher
Köln-Kalk, hatten im Industriepalast, Halle I, Stand 437,
eine kleine Auswahl ihrer Produkte ausgestellt, soweit
solche für das Baufach von Interesse waren. Bekanntlich
liefert das Fagoneisenwalzwerk dieser Firma Profileisen
in den verschiedensten Formen und für alle möglichen
Zwecke. Das auf dem Stande aufgestellte Profilbuch
(Musterbuch I) enthielt auf 200 Seiten annähernd 6000
verschiedene Profile. Hierunter spielen die bekannten
Stand der Mannstaedt-Werke A.-Q., Troisdorf bei Köln
Handelsprofile wie Winkel-, T-, Q- und Z-Eisen eine
weniger wichtige Rolle, vielmehr handelte es sich vorzugs
weise um solche Profile, welche eigens für bestimmte
Konstruktionen entworfen und gewalzt werden. Häufige
Anwendung im Baugewerbe finden hiervon die Profil
eisen für eiserne Fenster und Türen, Glasdachsprossen
für verschiedene Systeme kittloser Verglasungen, ferner
Rolladeneisen, Betoneinlageeisen, Kranzeisen für Senk
brunnen, gewalzte schmiedeeiserne Schuhe für Spund
wand-Bohlen, Qitterstabprofile, Laufschienen und Kon
struktionseisen für Schiebetüren, Rahmen- und Sprossen
eisen für eiserne Fenster, Rohrschlitzeisen. Profile für
Sammlungsschränke, Schrankeisen für Bibliotheken usw.
Wir finden ferner einige neue J- und Q-Profile, dünn
wandig, von 120—160 mm Höhe, deren Anwendung an
Stelle der Normalprofile in besonderen Fällen, z. B. bei
Wänden aus Eisenfachwerk, zur Vermeidung einer un
nötigen Material- und daher Geldvergeudung geboten ist.
Dieses Streben, mit geringstem Materialaufwand leichte
und sichere Konstruktionen zu ermöglichen, scheint über
haupt das Leitmotiv bei Schaffung der meisten Profile
gewesen zu sein, welche der Katalog uns zeigte.
Das Mittelstück der Ausstellung war eine ganz aus ge
walztem Profileisen hergestellte Tür, in wuchtigen Formen
nach einem Entwurf des Münchner Gewerbeschuldirektors,
Architekten Richard Senf, hergestellt. Die Firma zeigt
hieran Proben aus einem von ihr besonders gepflegten
Gebiet der Walzeisenerzeugung, nämlich des Ziereisens,
welches unter dem Namen „Mannstaedt-Eisen“ schon
seit Jahrzehnten jedem Architekten und Schlosser wohl
bekannt ist. Man hört hier und da die Ansicht vertreten,
daß man Kunstformen der Metalle eigentlich nur mit der
Hand aus dem roh vorgearbeiteten Material schaffen solle.
Demgegenüber muß doch darauf hingewiesen werden,
daß in unserem Zeitalter der Technik die Kunsthand
fertigkeit immer mehr durch technisch vollendete Ma
schinenarbeit verdrängt wird, das sehen wir in vielen
Zweigen des Kunstgewerbes. Die Tage, an denen der
Kunsthandwerker in beschaulicher Werkstattarbeit das
selbstersonnene Werk auch eigenhändig ausführte, sind
wohl für immer vorbei, und wie oft ist der Architekt
oder Kunstschmied aus Mangel an Geld oder Zeit ge
zwungen, auf schmückende Zutaten nach eigenen Ent
würfen verzichten zu müssen. Hier wird man daher die
Maschine zu Hilfe nehmen müssen, zumal es sich beim
Eisen um einen schwer zu bearbeitenden Rohstoff han
delt. Geschieht diese Hilfe nicht auf Kosten der künst
lerischen Qualität, so wird man die Maschine als ge
treueste Helferin moderner Kulturarbeit begrüßen.
An einer Reihe neuerer Zierleisten
der Mannstaedt-Werke in Eisen oder
Bronze nach Entwürfen des bekannten
Architekten, Professor Peter Behrens,
sehen wir, zu welch guten Resultaten
verständnisvolles Zusammenarbeiten
des in Rede stehenden Industriezweiges
mit namhaften Künstlern führen kann.
Es ist ein sehr erfreuliches Zeichen,
daß es nicht nur bei theoretischen Er
örterungen über die Notwendigkeit der Mitwirkung künst
lerischer Kräfte zur Verfeinerung der deutschen Industrie
erzeugnisse bleibt, sondern diese Forderung auch in die
Praxis umgesetzt wird. Zwei Teile von Brüstungsgittern
rechts und links am Eingänge des Standes wurden nach
Entwürfen englischer Architekten gefertigt und zeigten uns
gleichfalls die Anwendung von Mannstaedt-Ziereisen in
vornehmer geschmackvoller Form; ebenso ein Muster
ständer, der oben eine Laterne trug, und auf dessen
drehbaren Tafeln wir unter anderen Abschnitte besonders
schwer walzbare Profile fanden.
Zu beiden Seiten des großen Walzeisentores zeigte die
Firma an je einem Ausführungsbeispiele in verkleinertem
Maßstabe die Verwendung von neuen, ebenso praktischen
als geschmackvollen Spezialprofilen für den
Schaufensterbau in Eisen oder Bronze. Die Profile
sind unter Mitwirkung von erfahrenen Fachleuten ge
schaffen und ermöglichen einfache und zweckmäßige Kon
struktionen; außer den glatten Rahmenprofilen, die fast
ausnahmslos in letzter Zeit Anwendung fanden, sind er
freulicher Weise jetzt auch solche mit einer schlichten
aber gefälligen Ornamentierung sowohl in Eisen als
auch in Bronze zu haben.
Schaa/enster-Soc/re/pro/i/N?n58 Beachtenswert ist ein technisch
gut durchgebildetes Sockel
profil, welches der Gefahr des
Platzens der Glasscheiben be
gegnen und eine einfache
Lösung für einen verdeckten
Zutritt der Luft ermöglichen
soll. Die Konstruktionsein
zelheiten waren auf großen
Zeichnungen und Profilzusam
menstellungen in den beiden
Schaukästen näher erläutert.
Von Interesse waren auch die
ausgelegten Abbildungen aus
geführter Schlosserarbeiten,
bei welchen „Mannstaedt-Zier
eisen“ verwendet wurde, fer
ner einige Spezialeisen für
Scherengitter, bemerkt sei,
daß das „Mannstaedt-Zier
eisen“ auch bei den Por
talen des Eisenpalaste s
des Stahlwerk verbau d es
Verwendung fand.