STUTTGART
DTO&3
FÜR WÜRTTEMBERG
ERDEN* HESSEN'GL-
SHSS- LOTHRINGEN-
6. Dezemberl913
Inhalt: Wettbewerb Botschafterhaus Washington. — Grenzen der Haftung aus Wett
bewerbsausschreiben. — Entwurf zu einem prinzlichen Palais. — Bauarbeiterschutz auf
öffentlichen Bauten. — Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. —
Personalien. — Sprechsaal.
Alle Rechte Vorbehalten.
Wettbewerb Botschafterhalis Washington
Dieser Wettbewerb hat viel von sich reden gemacht
und deshalb haben wir uns entschlossen, von einigen der
Arbeiten die Hauptansichten im Bilde zu zeigen. Aus
dem Programm für den Wettbewerb greifen wir diejeni
gen Punkte heraus, die sich auf die Frage der endgiltigen
Entwurfsbearbeitung, um die sich der Streit dreht, be
ziehen.
§ 1. Zu dem Ideenwettbewerb sind zugelassen Ar
chitekten, die Angehörige des Deutschen Reiches sind.
Ferner wird vom Auswärtigen Amt dazu eingeladen,
der bisher mit den Bauangelegenheiten der Deutschen
Botschaft in Washington bektßte Architekt Hastings in
New-York.
§ 10. Das Auswärtige Amt hat in Aussicht genom
men, mit dem Verfasser einer der preisgekrönten Skiz
zen wegen Aufstellung des genauen Bauentwurfs in Ver
bindung zu treten. Die Uebertragung der Bauleitung
oder Ausführung kann nach Lage der Verhältnisse nicht
in Aussicht gestellt werden.
§ 11. Soweit die vorstehenden Bedingungen nicht
bereits Bestimmung treffen, sollen bei dem Verfahren
die Wettbewerbgrundsätze des Verbandes deutscher
Architekten- und Ingenieur-Vereine sinngemäß Anwen
dung finden.
Der § 10 ist nun allgemein so aufgefaßt worden, daß
es als selbstverständlich betrachtet werden kann, daß das
Auswärtige Amt mit einem der Preisträger wegen der Be
arbeitung des Bauentwurfs in Verbindung treten werde.
Als daher die Absichten des Auswärtigen Amts bekannt
wurden, einen Architekten mit dieser Aufgabe zu betrauen,
der am Wettbewerb gar nicht beteiligt war, ging ein Sturm
der Entrüstung los. Das ist an sich gut so. Der Fall
lehrt, daß, solange keine ganz bindende Zusage be
züglich der Entwurfsbearbeitung gegeben wird, selbst
eine Behörde wie das Auswärtige Amt sich schließlich auf
etwas anderes besinnen könnte, als auf das, was sie ur
sprünglich in Aussicht genommen hat. Wir von uns aus
müssen ja gestehen, daß alle die Skizzen keine große Be
geisterung bei uns haben auslösen können, nach unserer
Ansicht handelt es sich bei dem Botschafterhaus nicht
etwa um ein Parlamentsgebäude, Museum oder dergl.,
sondern vielmehr um ein repräsentatives Wohnhaus.
Aber das ist eine Sache für sich. Für das Auswärtige
Amt sind für seine hinterher aufgetauchten Absichten ge
wiß keine Gedanken dieser Art maßgebend gewesen, denn
in diesem Fall hätte dies schon bei der Preisverteilung
zum Ausdruck kommen sollen, indem man zum mindesten
von einem ersten Preis hätte Abstand nehmen müssen,
ganz abgesehen davon, daß bei dem Wettbewerb zunächst
nur Skizzen verlangt wurden.
Anmerkung: Inzwischen ist im Reichstag die Erklärung
des Staatssekretärs von Jagow erfolgt, wonach das Aus
wärtige Amt in dieser Frage überhaupt noch keinen Ent
schluß gefaßt habe.
Grenzen der Haftung aus Welt
bewerbsausschreiben
sk. Die Berliner Rechtsanwaltschaft beabsichtigte ein
Kasino zu errichten. Zu diesem Zwecke war eine G. m.
b. H. „Vereinshaus der Berliner Rechtsanwaltschaft“ ge
gründet worden, die am 15. Februar 1910 für eine be
schränkte Anzahl Architekten einen Wettbewerb ausschrieb.
Darin erklärte sie; Wir beabsichtigen auf unserem Grund
stück Schönebergerufer 14 ein Kasino zu errichten und
gewähren für jeden der beteiligten Architekten 1000 Mark
als Honorar, mit dessen Auszahlung wir Eigentümer des
Projektes werden. Von den eingegangenen Entwürfen
wurden von dem Preisrichterkollegium zwei in die engere
Wahl gestellt. Die Urheber der beiden Entwürfe erhielten
die 1000 Mark, jedoch wurde ihnen aufgegeben, die
Projekte inbezug auf Grundrißlösung und inneren Ausbau
nochmals umzuarbeiten. Eine besondere Vergütung wurde
ihnen für die Umarbeitung nicht zugesprochen, vielmehr
erklärte die G. m. b. H., daß sie die Chance auf die
entgültige Bauausführung als Endgelt ansehen möchten.
Daraufhin reichte der Baumeister Buntermann sein neues
Projekt innerhalb der vorgeschriebenen Frist ein. B.
hatte jedoch mit seiner Umarbeitung keinen Erfolg, die
Ausführung des Baues wurde der an dem früheren Wett
bewerb nicht beteiligten Firma Schwieger und Büttke
übertragen. Für seine Mühewaltung machte nun B. einen
Anspruch in Höhe von 8400 Mark beim Landgericht
Berlin geltend, indem er behauptete: Das von ihm um
gearbeitete Projekt genüge allen Anforderungen. Auch
seien Wettbewerbsausschreiben nach Treu und Glauben
dahin auszulegen, daß nur die an dem Wettbewerb be
teiligten Firmen für die Ausführung in Betracht kommen
könnten. Hätte das im vorliegenden Fall nicht gelten
sollen, so müßte das ausdrücklich gesagt worden sein.
Die Beklagte verteidigte sich damit, daß sie in dem
Ausschreiben keinerlei Verpflichtungen übernommen, außer
dem in dem Brief an B. eine besondere Vergütung für
die Umarbeitung ausdrücklich verweigert habe. Das