STUTTGART
27. Dezemberl913
FÜR WÜRTTEMBERG
BRDENHESSEH-EL
SRSS- LOTHRINGEN-
Inhalt: Ueber Bauberatung. — Haus Dr. Hansjakob in Haslach i. K. — Aus der Aus
stellung über Kleinwohnungswesen. — Vereinsmitteilungen. — Kleine Mitteilungen. —
Personalien. — Sprechsaal. — Ueber Baufeuchtigkeit. — Bücher.
Alle Rechte Vorbehalten.
lieber Bauberatung
aus einem Vortrag des Herrn Architekten Adolf Henrich aus Nürnberg auf dem 1. Verbandstag der „Deutschen Freien Archi
(Fortsetzung statt Schluß). tektenschaft“ in Leipzig 1913
Und nun endlich, als der Schaden reichlich groß genug
geworden ist, ruft man allerorts nach Abhilfe, und anstatt
Hand an die Wurzel des Uebels zu legen, glaubt man in
Bauberatungsstellen das allein seligmachende Mittel ge
funden zu haben.
Man sagt gelegentlich, die Architekten genügen nicht,
und ist erstaunt, wenn wir es wagen zu behaupten, daß
wir uns als die gegebenen Bauberater betrachten. Für
das, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten versäumt
wurde, gibt man jetzt den Architekten die Schuld und ver
gißt dabei, daß diese gar nicht die Schöpfer dieser Verun
staltungen sind. Die Urheber dieser abscheulichen Pla
nungen nennen sich natürlich auch Architekten, obwohl
sie mit uns nichts gemein haben. Unser Stand und Titel
genießt eben bis heute noch keinen rechtlichen und gesetz
lichen Schutz. Fast komisch mutet es einem an, wenn
man liest und hört, Bauberatungsstellen seien notwendig,
weil z. B. ein Unbemittelter kein Architektenhonorar zah
len kann, er deshalb zu einem Unternehmer geht, der ihm
nach geschilderter Manier den Plan umsonst liefert.
Hier sage ich, der Mann hat kein Geld, um mit einem
Architekten zu bauen, dann hat er es erst recht nicht, um
mit einem unkontrollierten Unternehmer zu arbeiten und
soll es bleiben lassen, hat er aber Geld zum Bauen, so kann
er auch ein Flonorar bezahlen, das ihm anderweitig stets
mehrfach zugute kommt. — Und wenn wirklich ein Fall
eintritt, daß keine Mittel vorhanden sind —, ja sind denn
wir Privatarchitekten Unmenschen? Werden wir etwa
in solchen Fällen hinter gleichgelagerten Berufen, wie
Aerzten oder Rechtsanwälten, zurückstehen? Wohl kaum
hat ein anständiger Kollege sich jemals geweigert, einem
Armen mit kostenlosem Rat und Tat zur Seite zu stehen,
und beweist denn die auch in den Bauberatungsstellen so
vielfach ehrenamtlich geleistete Arbeit nicht, daß wir auch
auf dem Posten sind, wenn es gilt, in gemeinnützigem
Interesse zu arbeiten? Man hört den Einwand, die Archi
tekten bekümmern sich nicht genügend um den Kleinwoh
nungsbau? Dieser Einwand ist irrig. — Wie viele von
den Kleinwohnungsbauvereinen u. a. kommen denn zum
Architekten? Sehr wenige, die meisten wollen die Pläne
möglichst billig bekommen und lassen sie noch heute von
ungeeigneten Personen anfertigen. Wo ein Architekt mit
Haus Dr.
Hansjakob
Haslach i. K.
Eingangseite
Architekt:
Karl Luck-
scheiter-
Freiburg i. B.