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XI Jahrgang
Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen,
Elsaß-Lothringen
Stuttgart, 2P. März 1914
Inhalt: Die Höhe der Untergeschosse. — Entwürfe für ein Schulhaus in Köngen. — Aesthetische Fragen in der Baukunst. — Vereins
mitteilungen. — Wettbewerbe. — Büro- und Wohngebäude des Automobilhauses C. E. Baumeister, Stuttgart. — Angestelltcnver-
sicherungsgesetz. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher. — Sprechsaal.
Die Höhe der Untergeschosse
(Vergleiche den Leitartikel in Nr. 11.)
Der Verfasser obigen Artikels hält es für begrüßens
wert, wenn die Beschränkung des Untergeschosses auf
1 m über der Straße Gesetz würde. Er sieht aber eine
noch bessere Lösung darin, daß das Untergeschoß auf
zwei Drittel der Hauslänge nicht höher als 1,50 m über
dem Boden vor dem Hause werden darf.
Hiezu ist Folgendes zu sagen:
Diejenigen, die im Untergeschoß keine Wohnung zu
lassen und ihm daher nicht mehr als 1 m Höhe über der
Straße einräumen wollen, übersehen ganz, wie unange
nehm auch das Wohnen in einem Erdgeschoß ist, das nicht
hoch genug über der Straße liegt. Ganz abgesehen von
der Leichtigkeit des Einsteigens und dem dadurch hervor
gerufenen Gefühl der Unsicherheit, macht sich aller Stras-
senlärm, wie Wagengerassel, Kindergeschrei, Hundegebell,
Autogetute, umso unangenehmer bemerklich, je tiefer die
Wohnung liegt. Besonders abe^ leiden solche Wohnun
gen unter den entsetzlichen Staubwolken, die durch die
Autos, oder auch nur durch die Straßenbahn oder andere
Fuhrwerke — selbst auf gepflasterten Straßen, geschweige
denn auf ungepflasterten — an trockenen Tagen aufgewir
belt werden. Nicht zu vergessen endlich den dicken,
schwälenden Benzingeruch, mit dem die Autos die Luft
verpesten.
Man stelle einmal an einem trockenen Tag Beobach
tungen an und man wird sehen, daß selbst bei Windstille
Staub und Rauch sich bis zu 3 m von der Straße aus er
heben.
In einer „Hochparterre“-Wohnung, wo die Fenster
bank mindestens 3 m über der Straße liegt, spürt man all
das weit weniger. Warum soll es nun einem Baulustigen
verwehrt sein, eine solche „Hochparterre“-Wohnung zu
bauen, wenn er die etwaigen Mehrkosten gerne aufwendet,
um eine wertvollere Parterrewohnung zu erhalten?
Nicht nur die Mietshäuser, auch Einfamilienhäuser,
würden ja von der neuen Vorschrift schwer und unnötiger
weise getroffen. Wir haben in den neuen Landhausvier
teln am Kriegsberg und Azenberg verschiedene Straßen,
die auf der Talseite des abschüssigen Geländes wegen ohne
Vorgärten sind. Hier kommen also Einfamilienhäuser
direkt an die Straße und es sollen nun, wenn die oben
genannte Bestimmung Gesetz wird, die Parterreräume
dieser Häuser künftighin rettungslos dem Straßenstauo
und Automobilgestank preisgegeben sein. Und doch
kann man im Einfamilien- und besseren Mietshaus hohe
Untergeschosse recht gut brauchen für Waschküchen und
Bügelzimmer, für Pflanzenzimmer, Zentralheizungsräumc
und so weiter.
Nun will ja allerdings der Verfasser des Artikels in
Nr. 11 dem Untergeschoß eine größere Höhe über der
Straße, nämlich 1,5 m bewilligen; allein auch dies ist, zu
mal an steilen Straßen, für eine angenehme Hochparterre
wohnung zu nieder. Warum denn von § 28 der Vollz.-
Verf. zur Bauordnung abweichen ? Man lasse es doch bei
dieser Bestimmung, die gegenüber dem alten Ortsbau-
Statut eine erhebliche Verschärfung bedeutet! Man ver
biete die von jenem Verfasser gerügten erzwungenen Woh
nungen, Lädchen, Werkstätten und Hauseingänge, aber
man zwinge nicht den Bauenden, seine Parterrewohnung
— populär gesprochen — „in den Dreck zu setzen!“
Sonst wird man auch von dieser Arbeit am grünen
Tisch, wie von so mancher andern der letzten Jahre nach
her sagen müssen: Blinder Eifer schadet nur! W.
III s