25. April 1914
BAUZEITUNG
131
seifigen Fundamente dagegen wurden, weil hier die Let
tenkohle erst in etwa 12 m Tiefe ansteht, mit breiter Basis
auf die gleichmäßig gelagerte Kiesschicht aufgesetzt.
Zur Unschädlichmachung des Einflusses der Kohlensäure
wurde vor Einbringung des Betons die Bausohle und die
Seitenwände des Steinmergels durch eine 10 cm starke
Mörtelschicht unter Zusatz von sog. „Biber“ gedichtet.
Mit den Bauarbeiten wurde im Oktober 1911 begon
nen und, nachdem noch im Verlauf des Jahres 1912 die
sämtlichen Fundamente erstellt sowie die Pfeilerschäfte
aufgemauert waren, konnte im Winter 1912-13 mit der
Herstellung des Lehrgerüstes für die Hauptöffnungen be
gonnen werden. Um an Kosten zu sparen, sind sämt
liche Gewölbe durch eine mittlere Längsfuge in zwei
Teile (für je zwei Geleise) geteilt und getrennt ausgeführt
worden; diese Fuge wurde nachher durch Preolit gedich
tet. Die Betonierung erfolgte in einzelnen Lamellen; die
Ausschalung der ersten Gewölbehälfte konnte Ende Au
gust 1913 vorgenommen werden. Nach Absenkung der
Gerüste wurden diese in zwei Tagen flußabwärts verscho-
teten Beton- und Eisenbetonmengen 65 000 cbm. Die Ge
samtkosten der beiden Bauwerke zusammen stellen sich auf
rund 3,1 Millionen Mark oder der lfdm der viergeleisigen
Bahn auf der Strecke des Tunnels und der Brücke kostet
einschließlich Oberbau rund 5000 Mark.
Die Oberleitung für die Ausführung sowie die Projekt
bearbeitungen der beiden Bauwerke lag in den Händen
von Oberbaurat Lupfer, des Oberingenieurs für den ge
samten Bahnhofumbau, die Entwürfe wurden durch Bau
rat Jod bearbeitet, die Architektur stammt von Baurat
Mayer, sämtlich in Stuttgart, die Ausführung lag in den
Händen von Baurat Hartmann, des Vorstands der K. Eisen
bahnbausektion in Cannstatt. Die örtliche Bauleitung
hatte Abteilungsingenieur Barth, welchem zunächst Regie
rungsbaumeister Wezel und später Regierungsbaumeister
Keck, sowie Bauwerkmeister Kaumeyer zur Unterstützung
zugeteilt waren. Die Hauptunternehmerin für beide Bau
ten war die Firma Dyckerhoff & Widmann A.-G. in Karls
ruhe-Stuttgart, die ihre Aufgabe zur vollständigen Zufrie
denheit der Bauherrschaft ausgeführt hat.
Abb. 3
•
ben; bereits nach acht Tagen konnte mit dem Betonieren
der anderen Gewölbehälfte begonnen werden und am 15.
November erfolgte die Ausschalung der letzteren. Bei
der Absenkung der Lehrbögen zeigten sich Senkungen
von 15—26 mm sowie Ausweichungen an den Ortspfeilern
bis 1,9 mm. Die Gewölbestärke beträgt im Scheitel 1,7 m,
an der breitesten Stelle 2 m. Das Mischungsverhältnis
des Gewölbebetons ist 1; 8; er besteht aus gutem Muschel
kalk von Neustadt bei Waiblingen, aus Quetschgrus von
Neckarkies und aus Sand. Die größte Beanspruchung des
Gewölbebetons beträgt 50 kg-qcm, die Inanspruchnahme
des Gelenkbetons 75 kg-qcm. Der letztere ist im Verhält
nis 1 :4 aus Porphyrgrus und Rheinsand ohne Eisenein
lagen ausgeführt. Die Gelenke sind sog. Wälzgelenke aus
Siemens-Martin-Gußstahl und haben einen Druck von
3000 kg-qcm aufzunehmen. Die Kämpfer und Scheitel
fugen wurden durch besondere Isolierungen abgedichtet;
die Kämpfergelenke sind durch Schächte jederzeit zugäng
lich. Die Brüstungen, Deckplatten und Gehwege sind in
Eisenbeton gehalten. Alle sichtbaren Flächen der Brücke
wurden mit Vorsatzbeton 1:3,5 versehen, der in der
Hauptsache aus Sauerwasserkalk besteht und nachträglich
vom Steinmetz bearbeitet worden ist.
Die gesamten Erdmassenbewegungen beim Tunnel und
der Brücke betragen zusammen 143 000 cbm, die verarbei-
§ 35 der Gewerbe-Ordnung und die
Sicherung der Bauforderungen
Referat des Herrn Rechtsanwalts und Syndikus Gr am pp-Nürn
berg auf der 2. Bundesversammlung des Reichsbundes baugewerbl.
Arbeitgeberverbände am 27. Februar 1914 zu Berlin
Seit 1. April 1907 ist der § 35 Abs. 5 der Gewerbe-Ord
nung in Kraft, welcher bestimmt, daß denjenigen Bauge
werbetreibenden der Gewerbebetrieb zu untersagen ist,
welche auf dem Gebiete der gewerblichen Sachkunde wie
auf moralischem und wirtschaftlichem Gebiete unzuver
lässig sind. Der Zweck, den der Gesetzgeber mit dieser
Gesetzesvorschrift erreichen wollte, ist ein dreifacher: zu
nächst sollte die Standsicherheit der Bauten gewährleistet
werden, sodann sollte Vorsorge für einen durchgreifenden
Bauarbeiterschutz getroffen werden, und endlich wurde
als Zweck dieses Gesetzes erklärt: Die Bewahrung der
Bauhandwerker und Lieferanten vor Schädigungen durch
unzuverlässige Bauunternehmer. Dieser letzte Zweck hat
eine besondere Betonung und Unterstreichung durch die
Preußischen Ministerialerlasse vom 27. April 1910 und
vom 11. April 1911 erfahren, in welchen gegenüber dem
Drängen auf Einführung des 2. Teiles des Gesetzes über
die Sicherung der Bauforderungen klipp und klar gesagt