Wettbewerb „Badische Kleinwohnungshäuser“, Einfamilienhäuser (Reihenhäuser mit Eckhaus) II. Preis
Verfasser: Architekt Friedrich Imbery-Karlsruhe-Stuttgart
Milderung der Klassengegensätze
(Ein Preisausschreiben.)
Baudirektor Dr.-Ing. von Bach-Stuttgart ist es zu dan
ken, daß sich in diesem Jahre manch ehrlicher Kopf,
manch gute Seele, mit der Frage beschäftigen wird: „Wie
können die Klassengegensätze gemildert werden.“ So
lautet bekanntlich die Frage, die dem Preisausschreiben
vorangestellt ist, das vom Goethebund erlassen wurde,
und worüber sich s. Zt. Baudirektor von Bach in einer
Versammlung des Ingenieur-Vereins u. a. wie folgt aus
gesprochen hat:
Ich regte im Herbst 1912 bei dem württembergischen
Goethebund an, er möge auf dem 13ten Delegiertentag
der deutschen Goethebunde 1913 in Breslau den Erlaß
folgenden Preisausschreibens beantragen:
„Was hat zur Milderung der Klassengegensätze zu
geschehen, welche heute die aufeinander angewiesenen
Kreise unseres Volkes weit mehr trennen, als in den natür
lichen Verhältnissen begründet ist?
Die Aufgabe der Milderung der Klassengegensätze
liegt auf wirtschaftlichem, politischem und rein mensch
lichem Gebiete. Was bisher zur Lösung angestrebt wurde
— sei es durch die Gesetzgebung oder auf dem Wege der
Freiwilligkeit — erfolgte vorzugsweise in wirtschaftlicher
und politischer Hinsicht. Hierin dürfte wohl auch ein
Hauptgrund dafür zu suchen sein, daß trotz vieler Be
mühungen auf wirtschaftlichem und politischem Gebiete
die Unzufriedenheit in breiten Schichten unseres Volkes
heute weit größer ist als vor Jahrzehnten.
Wir haben uns in Deutschland viel zu sehr daran ge
wöhnt, die Milderung der Klassengegensätze fast aus
schließlich von der Verbesserung der wirtschaftlichen Ver
hältnisse der Arbeiter und von der Gesetzgebung zu er
warten. Die Anzahl derjenigen, welche sich bewußt sind,
daß in unserem Volke, das unter der Einwirkung der all
gemeinen Schul- und Wehrpflicht groß geworden ist, die
Milderung der Klassengegensätze auch auf dem rein
menschlichen Gebiete mit aller Kraft angestrebt werden
muß, und daß es sich hierbei um eine allgemeine Kultur
aufgabe handelt, erscheint noch recht gering. Die Er
kenntnis der überragenden Wichtigkeit dieser Kultur
aufgabe für unsere Nation in weite Kreise zu tragen, ist
Zweck des Preisausschreibens.
Die Stellung der Frage: Wie ist es gekommen, daß
die zur Führung berufenen, gebildeten Oberschichten
unseres Volkes in so weitgehendem Maße die Fühlung
mit den anderen Schichten verloren haben, wie es tatsäch
lich der Fall ist, muß bei gründlicher Bearbeitung auch
die Wege erkennen lassen, die einzuschlagen sind.“
Wir nehmen gerne Veranlassung, die Leser der Bau
zeitung auf dieses Preisausschreiben noch besonders auf-