STUTTGART
21. Februar 1914
BTOKfl
FÜR WÜRTTEMBERG
BHDEN* HESSEN *GLr
SHSS- LOTHRINGEN-
Inhalt: Entwurf zu einer Urnenhalle. — Sozialpolitisches. — Baudirektor Albert v. Bok f. —
Der moderne Arbeitsprozeß und die Produktionsveredelung. — Ein ^neues, zweck
mäßiges Einschaleisen. — Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Personalien. —
Bücher. — Sprechsaal.
Entwurf zu einer Urnenhalle
Von Architekt Albert Kempter-Breslau
Alle Rechte Vorbehalten.
Unsere heutigen Abbildungen zeigen einen neuen Typ
zur Aufbewahrung von Urnen. Bis jetzt sind Aufbewah
rungsstellen von Urnen wohl in den meisten Fällen an den
Seiten und Rückwänden der Krematorien angebracht, oder
aber werden die Urnen in Urnenhainen aufgestellt. Zur
Erläuterung vorliegenden Entwurfes, welcher auf der
Breslauer Jahrhundert-Ausstellung preisgekrönt wurde,
wäre folgendes zu sagen;
Die Urnenhalle hat in ihren drei Stockwerken Raum
für etwa 1200 Urnen, welche übersichtlich in einzelnen
Mauernischen — sichtbar oder mit einer Platte verschlos
sen — aufzustellen sind. Nach außen völlig abgeschlos
sen, öffnet sie sich im Innern als Pfeilerhalle gegen einen
Rosenhof mit Wasserbecken und Standbild.
Das Erdgeschoß der Urnenhalle ist in 21 Familien
oder Oenossenschafts-Beisetzungsstätten aufgeteilt, deren
jede zur Aufnahme von 20 Urnen geeignet ist. Die beiden
je 350 Urnen fassenden Emporen dienen hauptsächlich
der Beisetzung einzelner und zweier Urnen. Von jeder
Stelle der Emporen aus ist der freie Ausblick auf den Hof
gewahrt.
Die Errichtung solcher Urnenhallen ist in Verbindung
oder unabhängig von Krematorien an ruhig gelegenen
Stellen, öffentlichen Parkanlagen — in Großstädten auf
die verschiedenen Stadtteile verteilt — möglich.
Es darf angenommen werden, daß die Baukosten mit
den Erträgnissen der Familien-Beisetzungsstätten gedeckt
werden können, woraus selbst bei sehr wohlfeiler Vermie
tung der Emporen-Nischen sich eine ausreichende Renta
bilität einer solchen Anlage ergibt.
Sozialpolitisches
Das neueste Werk des Präsidenten des Reichsver
sicherungsamts, Dr. jur. et med. h. c. Paul Kaufmann, ist
unter dem Titel „Schadenverhütendes Wirken in der Deut
schen Arbeiterversicherung“ im Verlag von Franz Vahlen in
Berlin zum Preis von 4 M. erschienen und durch alle
Buchhandlungen zu beziehen. Der Herr Verfasser, in
dessen Händen alle Fäden der Kranken-, Invaliden- und
Unfallversicherung zusammenlaufen, beklagt zunächst, daß
unsere Arbeiterversicherung bei ihrer großen Bedeutung
für Deutschlands Volks- und Wehrkraft zu wenig im
Vordergrund des öffentlichen Interesses steht, und daß
selbst in führenden Kreisen oft erstaunliche Teilnahms-
Urnenhalle
Außen-
ansicht
Preis-
gekrönter
Entwurf
Verfasser:
Architekt
Albert
Kempter-
Breslau