Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1915/16)

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BAUZEITUNG 
Nr. 11/13 
Verband zu erzielen, hergestellt. In manchen Gegenden 
wird auch Bruchstein benützt. Das obere Stockwerk mit 
samt den weitvorspringenden Erkern wird aus Holzfach 
werk aufgesetzt und mit Tscherpitsch ausgemauert. Die 
Mauerflächen werden in geringen Abständen mit Holz 
leisten benagelt (eine Art gesprengter Schalung) und mit 
Putz beworfen, so daß alle Holzteile verschwinden, außer 
die Erkeruntersichten, die Holzveranden und Loggien, so 
wie die Fensterstöcke, welche bündig mit der Außenmauer 
sitzen. Die flachen, weit ausladenden, in Bosnien mit 
Holzziegeln, in der Herzegowina mit Steinplatten gedeck 
ten Dächer werden an den Untersichten teils verschalt, 
teils werden mächtige Gesimse und Hohlkehlen, aus Holz 
konstruiert und dann verputzt, darunter gesetzt, teils blei 
sind deshalb die türkischen Städteanlagen in offener Bau 
weise angelegt, jedes Haus für sich stehend mit von 
Mauern umschlossenem Hofraum und Garten. In Ver 
bindung mit den schlanken Minaretts der Moscheen, von 
denen der Mueddin die Gläubigen zum Gebete ruft und 
dem dazwischen gestreuten Grün der Gärten, gewähren 
diese, meist an den Abhängen der Berge hinaufgebauten 
Städte, die vielfach von alten türkischen Burgruinen ge 
krönt find, einen ungemein malerischen Eindruck. 
Diese Regel der offenen Bauweise ist nur durch 
brochen in den Stadtmittelpunkten, in den Geschäftsvier 
teilt, den sogenannten Tscharschias. Hier spielt sich das 
ganze gewerbliche und kaufmännische Leben auf offener 
Straße ab. ln offenen Buden, den sogenannten Dutschans, 
Abb. 4. Wohnhaus in Sarajevo. 
ben die Sparren sichtbar und wird, um die Sparrenköpfe 
zu decken, ein Zierladen angenagelt. 
Durch die Vorschriften seiner Religion war dem Tür 
ken zur Pflicht gemacht, sein Haus allein zu bewohnen. 
Vor allem bedingte dies die Abgeschlossenheit der Frauen, 
die den Blicken Fremder entzogen werden mußten; außer 
dem wurde die Koranvorschrift, daß der Türke keinen 
Herrn außer Allah über sich haben solle, dahin ausgelegt, 
daß kein anderer über ihm wohnen dürfe. In der Regel 
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Abb. 2. Han in Sarajevo; Erdgeschoß. 
Abb. 6. Kula bei Kiseljak. 
Abb. 7. Kula'bei Kiseljak. 
arbeiten die Handwerker, die Kaufleute bieten ihre Waren 
feil. Hinter diesen Dutschans erheben sich oft Gebäude 
in geschlossener Bauweise, jedoch dienen dieselben nicht 
Wohnzwecken, sondern als Uebernachtungsmöglichkeitsn 
für die zu den Markttagen vom Land hereinströmende 
bäuerliche Bevölkerung. Abbildung 2 und 3 zeigen die 
Grundrisse eines derartigen jedoch freistehenden Einkehr 
hauses, sog. Han, in Sarajevo. Im Erdgeschoß befinden 
sich Ställe und Unterstände für die Tragtiere, während im 
Obergeschoß längs des breiten Korridors die Uebernach- 
tungsräume für eine und mehrere Personen, sowie Massen 
quartiere angeordnet sind. Außerdem befindet sich dort 
eine Kavana, in der die Möglichkeit geboten ist, auf einem 
breiten, längs den Wänden sich hinziehenden Sofa, dem 
sogen. Minder, einige Täßchen schwarzen türkischen 
Kaffee, das Hauptnahrungs- und Genußmittel der Bevölke 
rung, schlürfen zu können. 
Vom türkischen Wohnhaus in den Städten bekommt 
man meistenteils von der Straße aus nicht mehr zu sehen 
als hohe Mauern, in denen der von einem Vordach über 
schattete Eingang sich befindet, sowie eine Schmalseite des 
Hauses, die häufig mit Erkern in allen möglichen Variatio 
nen geschmückt ist. Bald zeigen dieselben rechteckigen 
Grundriß und sitzen auf mächtigen Hohlkehlen, in welche 
die darunter befindlichen Fenster stichkappenförmig ein 
schneiden, oder auf eigenartig geschweiften Holzkonsolen, 
bald haben sie segmentförmige oder polygonale Grund-
	        

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