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BAUZEITUNG
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Verband zu erzielen, hergestellt. In manchen Gegenden
wird auch Bruchstein benützt. Das obere Stockwerk mit
samt den weitvorspringenden Erkern wird aus Holzfach
werk aufgesetzt und mit Tscherpitsch ausgemauert. Die
Mauerflächen werden in geringen Abständen mit Holz
leisten benagelt (eine Art gesprengter Schalung) und mit
Putz beworfen, so daß alle Holzteile verschwinden, außer
die Erkeruntersichten, die Holzveranden und Loggien, so
wie die Fensterstöcke, welche bündig mit der Außenmauer
sitzen. Die flachen, weit ausladenden, in Bosnien mit
Holzziegeln, in der Herzegowina mit Steinplatten gedeck
ten Dächer werden an den Untersichten teils verschalt,
teils werden mächtige Gesimse und Hohlkehlen, aus Holz
konstruiert und dann verputzt, darunter gesetzt, teils blei
sind deshalb die türkischen Städteanlagen in offener Bau
weise angelegt, jedes Haus für sich stehend mit von
Mauern umschlossenem Hofraum und Garten. In Ver
bindung mit den schlanken Minaretts der Moscheen, von
denen der Mueddin die Gläubigen zum Gebete ruft und
dem dazwischen gestreuten Grün der Gärten, gewähren
diese, meist an den Abhängen der Berge hinaufgebauten
Städte, die vielfach von alten türkischen Burgruinen ge
krönt find, einen ungemein malerischen Eindruck.
Diese Regel der offenen Bauweise ist nur durch
brochen in den Stadtmittelpunkten, in den Geschäftsvier
teilt, den sogenannten Tscharschias. Hier spielt sich das
ganze gewerbliche und kaufmännische Leben auf offener
Straße ab. ln offenen Buden, den sogenannten Dutschans,
Abb. 4. Wohnhaus in Sarajevo.
ben die Sparren sichtbar und wird, um die Sparrenköpfe
zu decken, ein Zierladen angenagelt.
Durch die Vorschriften seiner Religion war dem Tür
ken zur Pflicht gemacht, sein Haus allein zu bewohnen.
Vor allem bedingte dies die Abgeschlossenheit der Frauen,
die den Blicken Fremder entzogen werden mußten; außer
dem wurde die Koranvorschrift, daß der Türke keinen
Herrn außer Allah über sich haben solle, dahin ausgelegt,
daß kein anderer über ihm wohnen dürfe. In der Regel
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Abb. 2. Han in Sarajevo; Erdgeschoß.
Abb. 6. Kula bei Kiseljak.
Abb. 7. Kula'bei Kiseljak.
arbeiten die Handwerker, die Kaufleute bieten ihre Waren
feil. Hinter diesen Dutschans erheben sich oft Gebäude
in geschlossener Bauweise, jedoch dienen dieselben nicht
Wohnzwecken, sondern als Uebernachtungsmöglichkeitsn
für die zu den Markttagen vom Land hereinströmende
bäuerliche Bevölkerung. Abbildung 2 und 3 zeigen die
Grundrisse eines derartigen jedoch freistehenden Einkehr
hauses, sog. Han, in Sarajevo. Im Erdgeschoß befinden
sich Ställe und Unterstände für die Tragtiere, während im
Obergeschoß längs des breiten Korridors die Uebernach-
tungsräume für eine und mehrere Personen, sowie Massen
quartiere angeordnet sind. Außerdem befindet sich dort
eine Kavana, in der die Möglichkeit geboten ist, auf einem
breiten, längs den Wänden sich hinziehenden Sofa, dem
sogen. Minder, einige Täßchen schwarzen türkischen
Kaffee, das Hauptnahrungs- und Genußmittel der Bevölke
rung, schlürfen zu können.
Vom türkischen Wohnhaus in den Städten bekommt
man meistenteils von der Straße aus nicht mehr zu sehen
als hohe Mauern, in denen der von einem Vordach über
schattete Eingang sich befindet, sowie eine Schmalseite des
Hauses, die häufig mit Erkern in allen möglichen Variatio
nen geschmückt ist. Bald zeigen dieselben rechteckigen
Grundriß und sitzen auf mächtigen Hohlkehlen, in welche
die darunter befindlichen Fenster stichkappenförmig ein
schneiden, oder auf eigenartig geschweiften Holzkonsolen,
bald haben sie segmentförmige oder polygonale Grund-