Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1915/16)

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BAUZEITUNO 
Nr. 11/13- 
ln den Abbildungen 6 bis 8 sind derartige Anlagen 
zur Darstellung gebracht. (Abbildung 6 und 7 Kula bei 
Kiseljak, Abbildung 8 Kula bei Kalinovik.) 
Die Wohnhäuser der reicheren Serben in größeren 
Ansiedlungen stellen mit ihren verputzten Mauern, ihren 
Erker- und Verandaanlagen und dem steilen Schindeldach 
mit den Rauchabzugsöffnungen das Bindeglied zwischen 
serbischem Holzhaus und türkischem Wohnhaus dar. 
Beispiele hiefür sind Abbildung 9 und 10 (Wohnhäuser 
aus der Gegend von Kiseljak). 
Aber nicht nur im Hochbau leisteten die Türken An 
erkennenswertes, sondern auch im Brückenbau. Die meist 
aus dem Mittelalter stammenden Stei ibrücken zeichnen 
sich durch Kühnheit in der Konstruktion und gefällige 
Wirkung aus. Als Beispiel sei angeführt die alte Brücke 
in Konjiza (Abbildung 11). 
Eine Architektenfahrt als Bestandteil 
des Werkvertrages. 
Urteil des Reichsgerichts. 
sk. Leipzig. (Nachdr. verb.) Der Architekt K. in 
Berlin fuhr in einem Automobil des Herrn v. W. in Pots 
dam nach dessen Schloß in Großbesten bei Berlin, um sich 
über den projektierten Umbau zu orientieren. An der 
Fahrt nahmen noch einige andere Herren teil. An einer 
Straßenkreuzung bei Königs-Wusterhausen kam ihnen ein 
mit Mehl beladener Lastwagen entgegen. Der Chauffeur 
bog rechts von der Chaussee ab und direkt auf das Bahn 
gelände. Das Auto stieß an eine Weiche, stürzte um und 
die Insassen erlitten mehr oder weniger Schaden. Der 
Architekt K. verlangte nun im Klagewege Schadenersatz 
in erheblicher Höhe, zunächst einen Teilbetrag von 2800 
A3ark von Herrn v. W., mit der Begründung, dieser habe 
ihn zu der Autofahrt aufgefordert und sie sei ein integrie 
render Bestandteil des Werkvertrags, den K. mit seinem 
Auftraggeber geschlossen habe. Das Landgericht 
Berlin wies die Klage ab, das Kammergericht 
zu Berlin dagegen erkannte den Klageanspruch K.s, 
den dieser mittlerweile auf 14 300 Mk. erhöht hatte, dem 
Grunde nach für gerechtfertigt an und erklärte ihn für ver 
pflichtet, dem Kläger allen weiterten ihm aus dem Unfall 
etwa entstehenden Schaden zu ersetzen. In seiner Be 
gründung führte das Kammergericht aus: 
Mit Recht hat der Kläger seinen Anspruch auf das 
Vertragsverhältnis gestützt. Der Beklagte hat ihn auf 
gefordert, das Schloß zu besichtigen. Er sagte wörtlich 
zu ihm: „Fahren Sie hin und sehen Sie das Schloß an, das 
Auto wartet.“ Aber selbst, wenn man den Einwand des 
Beklagten gelten lassen wolle, er habe K. nur gesagt, ein 
Auto sei zur Fahrt nach L. bestellt, und es stände ihm frei, 
mit den übrigen Herren zu fahren, es stände ihm aber 
auch frei, die Bahn zu benutzen, so liegt doch immer die 
Autofahrt im Rahmen des abgeschlossenen Werkvertrages, 
v. W. hat dem Kläger das Auto zur Verfügung gestellt, es 
lag ihm daran, daß K. die Reise sofort antrat. Hätte er 
sich erst nach dem Bahnhof begeben, so wäre dadurch ein 
langer Aufenthalt entstanden. Wenn er K. die Wahl frei 
stellte, Auto oder Eisenbahn, so war das nur ein Akt der 
Höflichkeit. Unerheblich ist, daß nach der Behauptung 
des Beklagten dem Kläger die Kosten für die Fahrt be 
sonders vergütet worden sind. Das ändert nichts an der 
Haftung des Beklagten, denn damit fällt die Autofahrt 
keineswegs aus dem Rahmen des Werkvertrages heraus. — 
v. W. haftet aber auch aus unerlaubter Handlung. Er be 
diente sich des Chauffeurs und er haftet für dessen Ver 
schulden wie für eigenes (nach § 831 BOB.). Dabei macht 
es keinen Unterschied, ob das Auto, wie v. W. angibt, ge 
mietet, oder ob es sein Eigentum war. Der Chauffeur 
hätte die Geschwindigkeit seines Wagens so einrichten 
müssen, daß der Unfall vermieden werden konnte. Die 
Wagenführer sind gesetzlich verpflichtet, namentlich bei 
Straßenkreuzungen so langsam und vorsichtig zu fahren, 
daß sofort gehalten werden kann. Das hat der Chauffeur 
im vorliegenden Falle außer acht gelassen. Als er den 
Wagen sah, war er nicht mehr imstande, ihn zum Stehen 
zu bringen; er konnte sich nicht anders mehr helfen, als 
daß er mit einer Schwenkung halbrechts an dem Wagen 
vorbei auf das Bahngelände fuhr. Hier wurde das Auto 
von einer Weiche festgehalten, es stürzte um, die Fenster 
rahmen und die Reifen zersprangen und die Längsstange 
wurde verbogen. Sämtliche Insassen erlitten Verletzungen. 
War auch das Tempo der Fahrt, als der Mehlwagen in 
Sicht kam, nicht sehr groß, es mußte doch noch mehr ge 
mäßigt werden. Dazu kommt, daß die Chaussee, die das 
Auto befuhr, zu beiden Seiten mit Kiefern bestellt, das Ge 
lände also wenig übersichtlich war. Schon das mußte den 
Chauffeur zur größten Vorsicht mahnen. 
Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Revision beim 
Reichsgericht ein, die jedoch vom 7. Zivil 
senat des höchsten Gerichtshofes als unbegründet zurück 
gewiesen wurde. (Aktenzeichen VII. 1874 5.) 
Kleine Mitteilungen. 
Bezirksbauinspektor a. D. Wilh. Weiß, eine auch in 
weiteren Kreisen bekannte und hochgeschätzte, eigenartig 
angelegte Persönlichkeit ist im Alter von über 92 Jahren in 
Stuttgart gestorben und am 22. Feb. d. J. auf dem Waldfried 
hof beerdigt worden. Weiß war ein tief angelegtesMenschen- 
kind, das schon von Jugend auf bestrebt war die Ge 
heimnisse der Natur und der Geisteswelt zu erforschen 
und so wurde er einer von denen, die in der Natur und 
Bibel die geistige Kraft suchten, die in dem Menschen das 
göttliche Bewußtsein auslöst. Doch so reich sein Innen 
leben war, so schlicht und einfach vollzog sich sein äußeres 
Leben, lieber 50 Jahre lang wirkte Weiß aufs gewissen 
hafteste und treueste in seinem Beruf, zuletzt als Vorstand 
des K. Bezirksbauamts Rottweil. Seinen Untergebenen 
war er stets ein gütiger Vorgesetzter, wie überhaupt 
Menschenfreundlichkeit und Wohlwollen Hauptzüge seines 
Charakters waren. Auch nach seiner Zurruhesetzung gab 
er sich nicht beschaulicher Ruhe hin, sein Geist strebte 
fort und fort nach Vervollkommnung und Betätigung und 
trotz seiner Zurückgezogenheit und seiner rührenden Be 
scheidenheit wurde er bis in sein spätes Alter öfters von 
fremden Gelehrten aufgesucht, die sich mit dem eigen 
artigen Mann über die höchsten Probleme besprachen. 
Wer diesen bis in sein hohes Alter tätigen Mann näher 
gekannt hat, wird ihn nie vergessen, sondern ihm treues, 
dankbares Andenken bewahren. 
Personalien 
Bauwerkmeisterprüfung. Die dm Februar d. J. abgehaltene 
Prüfung haben bestanden: 
Bauer, Alb., von Neuhausen, OA. Eßlingen, Buchwald, Fried 
rich, von Nordheim, OA. Brackenheim, Heckenlaible, Georg, 
von Wäschenbeuren, OA. Welzheim, Luginsland, Karl, von 
Döffingen, OA. Böblingen, Merk, Fridolin, von Qroßeislingen, OA. 
Göppingen, R aff, Eugen, von Weißenau, OA. Ravensburg, Rausch, 
Willy, von Eßlingen, Ru pp, Qotllieb, von Aalen, Ruß, Wilhelm, 
von Stuttgart, Sauter, Rudolf, von Stuttgart, Schäffer, Zacharias, 
von Untersielmingen, Amfsoberamts Stuttgart, Schleicher, Karl, 
von Ludwigsburg, Schnitzer, Karl, von Upflamör, OA. Riedlingen. 
Zeichnet die vierte Kriegsanleihe! 
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart. 
Druck: Gustav Stürner in Waiblingen.
	        

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