Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1915/16)

BTOM 
FÜR WÜRTTEMBERG 
BHDEN * HESSEN * GLr 
SHSS-LOTHRINGEN* 
Inhalt: Heldenehrungen und Kriegsdenkmäler. — Russische Bauernhäuser. — 
Der Reichstarifvertrag für das Baugewerbe. — Kleine Mitteilungen. —• Per 
sonalien. — Sprechsaal. — 
1./15. April 1916 
\ 14/15. A 
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Alle Rechte Vorbehalten. 
Heldenehrungen und Kriegsdenkmäler. 
Unter dieser Ueberschrift hat die Kgl. Akademie der 
Künste und die Kgl. Akademie des Bauwesens zu Berlin 
eine Kundgebung erlassen, um auf die Aufgaben hinzu 
weisen, die den bildenden Künsten gestellt sind, um der 
großen Zeit des uns aufgezwungenen Riesenkampfes den 
sichtbaren Ausdruck zu verleihen. Wenn es gelingen 
solle, diesen so zu finden und auszuprägen, daß er den 
seelischen Schwung unseres ganzen Volkes in seiner vater 
ländischen Begeisterung, den Todesmut und unerschütter 
liche Ausdauer der Heere, künstlerisch verklärt wieder 
spiegle, dann müsse das Wollen und Können der Archi 
tekten, Bildhauer und Maler das Beste geben, was sie zu 
gewähren vermögen. Der Sinn für Schönheit und Würde 
in Werken der bildenden Künste sei aber nicht so all 
gemein entwickelt und ihre Bedeutung noch nicht überall 
so voll gewürdigt, wie sie beanspruchen dürfe. So hätten 
denn auch manche Aufgaben schon jetzt während des 
Kriegs recht bedenkliche Lösungen gefunden. Betrieb 
samen, künstlerisch unzulänglichen Kräfte wäre es ge 
lungen, minderwertige Werke zu schaffen. Als eine 
bedauerliche Tatsache müßte es auch bezeichnet werden, 
daß das Verfahren des Benageins, das für heraldische 
Zeichen, wie Adlern, Kreuzen usw. angebracht sein möge, 
auf die Bildnisse lebender Männer ausgedehnt werde. 
Derartige Bildwerke müßten das ästhetische und ethische 
Gefühl verletzen. Außer diesen, nicht für die Dauer be 
stimmten Werken, mache sich aber auch eine rührige 
Tätigkeit bemerkbar, um allerlei Entwürfe zu bleibenden 
Kriegsdenkmälern plastischer und architektonischer Art 
auf den Markt zu bringen und für fabrikmäßig hergestellte 
Modelle Absatz zu suchen. Es sei deshalb durchaus an 
der Zeit, gegen solche geschäftsmäßige, unserm Vaterland 
zur Unehre gereichende Vorgehen die warnende Stimme 
zu erheben. Die Erfahrungen nach den Jahren 187071, 
in denen die Freude über das geeinte Vaterland und die 
glänzenden Siege der deutschen Heere in zahllosen Kaiser 
bildnissen, Germaniafiguren und Kriegerdenkmälern Aus 
druck gefunden hat, zeigen, wie die Land- und Stadt 
gemeinden, Körperschaften und Vereine, die diese Erinne 
rungszeichen errichteten, zwar von den edelsten Absichten 
beseelt, aber im künstlerischen Sinne meist nicht gut 
beraten waren. Nur weniges von dem, was damals 
geschaffen wurde, kann heute noch als Kunstwerk in 
höherem Sinne gelten. Im Hinblick auf die aus jener Zeit 
zu gewinnende Lehre müsse empfohlen werden, sich vor 
läufig eine gewisse Selbstbeschränkung aufzuerlegen. 
Zunächst müßten ausreichende Grundlagen für eine 
würdige Ausgestaltung unserer Kriegergräber geschaffen 
werden. Die Einzel- und Massengräber der auf dem Felde 
der Ehre ruhenden Krieger hätte meist schon einen von 
kameradschaftlicher Treue zeugenden, gerade durch ihre 
Schlichtheit ergreifenden Schmuck erhalten, so vergänglich 
auch das daran von Menschenhand Gemachte erscheine. 
Für die Zukunft werden sie kaum eindrucksvoller in 
Ehren zu halten sein, als durch Ersatz des Vergänglichen 
durch Dauerndes. Was an bleibenden Erinnerungszeichen 
auf den Gräbern errichtet wird, sollte in anspruchslosen 
Formen gehalten sein. Die Stätte, an der Hunderte und 
Tausende der Besten unseres Volkes, nachdem sie ihr 
Herzblut für das Vaterland vergossen haben, zum ewigen 
Schlummer gebettet ruhen, ist an sich geweiht für alle 
Zeiten, bedarf nicht eines reichen Grabesschmuckes. Wohl 
aber werde nicht allein unter den Millionen, die selbst 
mitgekärapft haben, sondern auch bei alt und jung, die 
daheim jeden Sieg mit jubelndem Herzen begrüßt haben, 
der Wunsch lebendig werden, daß auf den blutgetränkten 
Stätten im Westen und Osten, Norden und Süden, auf 
denen in Feindeslande die großen entscheidenden Schlach 
ten geschlagen wurden, „Denkmäler“ im erhabensten 
Sinne des Wortes errichtet werden, als ein die Jahr 
hunderte überdauerndes Zeichen deutscher Tapferkeit, den 
toten Helden in dankbarer Erinnerung geweiht, den künf 
tigen Geschlechtern im Vaterlande zur Nacheiferung, den 
feindlichen Nachbarn zur Warnung. 
An solche Denkmäler werde erst nach einem Frieden, 
der die Ungeheuern Kriegsopfer nicht vergeblich gebracht 
sein lasse, gedacht werden dürfen; sie müßten aber — 
und das sei schon heute ausgesprochen —, wenn sie wür 
dig von den Heldentaten der gewaltigen Heeresverbände 
zeugen sollen, als Aufgaben höchsten Ranges für Bau 
kunst und Bildhauerkunst aufgefaßt werden. In Gedanken 
und Ausführung gleich Großes, für das Können unserer 
Zeit Rühmliches werde nur dadurch geschaffen werden 
können, daß die bedeutensten Kräfte Deutschlands in 
freiem Wettbewerb ihr Bestes dafür einsetzen. 
Für die Heldenehrung in der Heimat werde das 
Volksempfinden in mannigfachen Formen einem zum 
Eierzen sprechenden Ausdruck suchen. Jede Gemeinde, 
klein und groß, auf dem Lande und in den Städten, wird 
bemüht sein, die Namen ihrer Söhne, die mit hinaus 
gezogen sind in den heiligen Kampf und in ihm gefallen 
sind, auf Gedächtnistafeln in der Kirche, der Schule oder 
im Rathause zu verzeichnen und auf den Kirchhöfen die 
Ruhestätten der Mitkämpfer durch Erinnerungsmale kennt 
lich zu machen. In vielen Orten wird man sich ent 
schließen, eigene Kriegerfriedhöfe anzulegen oder Helden 
haine zu schaffen, mit der Absicht, für jeden Gefallenen in 
seiner Heimat eine Eiche zu pflanzen, um dadurch das
	        
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