Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1915/16)

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BAUZEITUNG 
Nr. 27/28 
Endgültiges über die Kriegsklausel. 
Der Krieg als „höhere Gewalt“. 
sk. Wenn noch Zweifel bestanden haben, daß das 
Reichsgericht auf dem Standpunkt stehe, wonach der 
Ausbruch des Krieges von der Lieferungspflicht entbinde 
wenn der Lieferungsvertrag die bekannte Kriegsklausel 
enthält, ohne daß der Lieferant den Nachweis der 
Lieferungsunmöglichkeit zu führen habe, so sind die 
selben durch die jüngsten Entscheidungen des höchsten 
Gerichtshofes endgültig beseitigt, ln seiner am 7. Juli 
ds. gefaßten Entscheidung erklärt der 2. Zivilsenat aus 
drücklich, daß er, zum Beispiel dem Hanseatischen Ober 
landesgericht gegenüber, an seiner Rechtsauffassung fest 
hält, und beruft sich auf seine früheren Urteile, von denen 
namentlich die am 14. April 1916 und am 20. Mai 1915 
von grundlegender Bedeutung sind. In dem letzteren, 
das sich die Handelswelt während des Krieges stets 
gegenwärtig halten sollte, wird ausgeführt: 
„Mit der Klausel „Krieg Vorbehalten“ erklärt der 
Verkäufer, daß er im Fall des Kriegseintrittes an den 
Lieferungsvertrag nicht gebunden sein will. „Er will also 
keineswegs nur dann von der Lieferungspflicht frei werden, 
wenn der Krieg die Unmöglichkeit der Leistung verursacht, 
sondern wenn er überhaupt eintritt“. 
„Zweifel beginnen erst bei der Frage, welche Tat 
bestände mit dem Wort „Krieg“ gemeint sind. Wenn 
sich der Lieferungsvertrag darüber nicht ausspricht, so 
muß er nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die 
Verkehrssitte ergänzend ausgelegt werden. Offenbar ist 
nicht jeder Krieg, der irgend wo in der Welt ausbricht, 
gemeint. Wenn z. B. Chile an Peru den Krieg erklärt, 
so ist das nicht der Tatbestand eines Krieges im Sinne 
des vertraglichen Vorbehaltes. Gemeint sind offenbar nur 
solche Ereignisse, die auf Betriebe, von denen der Lieferant 
abhängt, wesentlich, erheblich störend einwirken“. 
Auf den zur Entscheidung stehenden Fall exemplifizierend 
sagt das Reichsgericht: „Der Ausbruch des gegen 
wärtigen Krieges hat alle Voraussetzungen, unter denen 
der Lieferant und der hinter ihm stehende Fabrikant 
arbeiten, geändert. Daß Lieferpflichten, die sich über 
Monate erstrecken, für sie nach Ausbruch des Krieges 
eine ganz andere Last bedeuten als in gewöhnlichen 
Zeiten, liegt auf der Hand“. Ob der Lieferant nach den 
Vorräten, die er zur Verfügung hat, im Stande ist, die 
laufenden Verträge zu erfüllen, ist gleichgültig. Der 
bedungene Vorbehalt schließt aus, caß er sich mit den 
Käufern auf Erörterungen über seine geschäftlichen Interna 
einzulassen hätte“. 
Völlig gleichbedeutend mit der Kriegsklausel ist nach 
ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts die Klausel 
„Force majeur“. Sie befreit ebenso von der Lieferungs 
pflicht. Dies spricht der Senat in seiner Entscheidung 
vom 29. April ds. Js. unzweideutig aus: Der Krieg ist 
ein Ereignis höherer Gewalt; denn der Einzelne kann 
durch seine Kräfte den Ausbruch des Krieges oder seine 
Einwirkung auf das Wirtschaftsleben nicht abwenden. 
Kleine Mitteilungen. 
Stuttgart. Im Finanzausschuß der Kammer teilte 
Finanzminister Dr. v. Pistorius u. a. mit, daß von der 
Finanzverwaltung 43 Prozent der Beamten zum Heere ein 
berufen seien, und zwar bei der Forstverwaltung 53 Proz., 
bei der Steuerverwaltung 41 Proz. Von den Bauamtswerk 
meistern dagegen seien über 80 Proz. im Kriege. 
Rottweil. Anläßlich der Fertigstellung des neuen 
Wasserwerks im Eschachtal wurde Stadlbaumeister 
Wäschle der Titel Stadtbauinspekter verliehen. Das 
geschah in Anerkennung seiner Verdienste, die er sich 
nicht nur für die wohlgelungene Ausführung des Wasser 
werks, sondern überhaupt für sein 8 jähriges, tatkräftiges 
Wirken erworben hat, das sich stets als dem Wohle der 
Stadt dienend, erwies. 
Württ. Kunstverein. Neu ausgestellt: Kollektivaus 
stellung des Dresdner Künstlerbundes: Oelgemälde, 
Graphik und Plastik, Kollektivausstellung des Künstler 
innenvereins München: Oelgemälde. Graphik und Plastik, 
ferner: Aquarelle und farbige Zeichnungen von Eduard 
Zetsche, Wien, Gemälde von Otto Bischoff, Stuttgart, 
Gemälde von Anton Schanzenbach, Stuttgart, Gemälde 
von Julius Kissling, Botnang, Zeichnungen von Architekt 
Henselmann, im Felde. 
Vereiiismitteilmigen. 
Württembergischer Baubeamtenverein. Wieder h:i 
uns der unerbittliche Tod ein langjähriges treues Mitglied 
entrissen. Herr Oberbahnmeister G r e ß 1 e r in Stuttgart 
ist am 14. Juni nach langem, schwerem Leiden im besten 
Mannesalter gestorben. Anfangs Januar d. J. suchte er 
Heilung von einem langwierigen, heimtückischen Leiden 
durch eine Operation, die aber statt der erhofften Ge 
nesung den Tod brachte. Wer den trotz seines leidenden 
Zustands immer lebhaften und heiteren Mann näher ge 
kannt hat, wird seinen frühen Hingang mit uns aufrichtig 
betrauern. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken 
bewahren. 
Personalien 
In Ruhestand versetzt; Kanzleirat Palm, Verwalter der 
Dienstgebäude an der Bahnhofstraße in Stuttgart, seinem Ansuchen 
entsprechend unter Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste. 
Bücher 
Der Oberbau auf hölzernen und eisernen Querschwellen. 
Eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsunternehmung, unter Ermit- 
lung der Schwellenliegedauer aus der Erneuerungstatistik, durch- 
geführt von Ernst Biedermann, Königl. Eisenbahn-Bau- und 
Betriebsinspektor.a. D. zu Charlottenburg. Mit 16 Textabbildungen 
und 11 Tafeldarstellungen. (Verlag von W. Moeser, Berlin S. 14. 
Preis 4 Mark.) 
Der in der Oberbauliteratur mehrfach als Anhänger des Holz- 
schwellen-Oberbausystems hervorgetretene Verfasser stellt sich in 
der vorliegenden Arbeit die Aufgabe, die in Deutschland entbrannte 
Schwellenstreitfrage in ihrem Zusammenhänge kritisch zu beleuchten 
und sie auf exakter Grundlage dem Streit der Parteien zu ent 
heben. Bei der Bearbeitung des Gegenstandes auf Grund reichen 
technischen und statistischen Tatsachenmaterials nimmt das Buch 
den Charakter eines Compendiums an, welches sich ebensosehr 
an die wissenschaftlichen Vertreter dieser Fachgebietes auf tech 
nischen Hoch- und Mittelschulen, wie an die Oberbaufachkreise 
der Verwaltungen wendet, denen die Pflege der Oberbaupolitik 
staatlicher Eisenbahnnetze untersteht. 
Das Submissionswesen und seine Einflüsse auf die heutige 
Wirtschaftslage. Von Architekt E. Beutinger. Mit Abbildungen. 
Verlag Carl Scholtze, Leipzig. Gebunden 6 Mark. 
Der Verfasser des Werkes gilt bereits seit Jahren als Fach 
mann auf diesem Gebiet. 
Aus dem Inhalt des Buches erwähnen wir: Die Unsicherheit 
im Wirtschaftsleben. Die Klagen über das Submissionswesen. 
Lohntarife, Streikklausel. Tarifverträge. Sperren wegen Unter 
bieten von Selbstkostenpreisen. Formen und Wirkungen der In 
teressengemeinschaften. Die Berechnung der Selbstkosten. Die 
Geschäftsunkosten. Der Qeschäftsgewinn. Bestechungsunwesen 
und Schmiergelder. Verabredungen bei Submissionen, Schein- und 
Schutzangebote. Das Mittelpreisverfahren. Der angemessene Preis. 
Vertragsstrafen Sachverständige im Submissionswesen. Schieds 
gerichte. Submissionsämter. 
Verantwortlich: Kar] Schüler, Stuttgart. 
Druck: Gustav Stürner in Waiblingen
	        

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