Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1917/18)

16./31. Juli 1918. 
BAUZEITUNG 
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lales zum Brenztal, um dann an Heidenheim vorbei, dem 
Brenztal folgend, zur Donau hinabzusteigen. 
Die erstgenannte Kanalstrecke, die wir kurz die 
Ulmer Linie nennen wollen, ist von Plochingen bis Ulm 
nur 65 Km. lang, während die zweite Linienführung, die 
Heldenhelmer Linie, von Plochingen bis zur Donau 
eine Weglänge von 100 Km. hat. Dem Nachteile der 
rößeren Länge steht allerdings der Vorteil der niedrigeren 
cheitelhaltung gegenüber. Man hat von Plochingen aus 
nur 248,80 m hoch aufzusteigen, während bei der Führ 
ung der Kanallinie über Geislingen-Amstetten 319,8 m 
Höhe überwunden werden müssen. 
Bei beiden Linienführungen liegen solche Höhenver 
hältnisse vor, daß Schleusen von hohem Schleusengefälle 
angeordnet werden müssen, um nicht eine zu große An 
zahl von Schiffahrtshindernissen zu erhalten. 
Bei Verwendung einfacher Kammerschleusen kann 
das Schleusengefälle nicht über 8 bis 9 m gesteigert 
werden, einmal aus wirtschaftlichen Gründen, dann aber 
auch deshalb nicht, weil solche Schleusen einen für die 
vorliegenden Verhältnisse zu großen Wasserverbrauch 
haben. Bei den gegebenen Höhenunterschieden des Ge 
ländes sind aber Schleusengefälle über das genannte 
Höhenmaß hinaus notwendig. Man wird deshalb zur An 
ordnung von Schachtschleusen und zwar mit mindestens 
15 m Schleusengefälle greifen. Weil diese Schleusen 
noch mehr Betriebswasser erfordern würden, so müssen 
sie, um Wasser zu sparen, mit Sparbecken ausgerüstet 
werden, wodurch, wenn auch mit größerem Baukosten 
aufwand, der Wasserverbrauch auf ein Drittel ermäßigt 
werden kann. Der Wasserverbrauch ist dann allerdings 
immer noch so groß, wie bei einer gewöhnlichen Kam 
merschleuse von 5 m Schleusengefälle. Den Wasserver 
brauch noch weiter zu verringern, ist bei der Verwen 
dung einfacher Kammerschleusen oder Schachtschleusen 
mit Sparbecken ohne größeren Kostenaufwand unmög 
lich und schon bei geringem Schiffsverkehr wird der 
Ueberlandkanal Wassermengen verbrauchen, die nicht 
unerheblich sind. Zum Wasserverbrauch der Schleusen 
kommt noch die Betriebsmenge hinzu, die der Kanal durch 
Versickerung und Verdunstung verliert und die, ebenso 
wie die Schleusenwassermenge ständig wieder ersetzt 
werden muß, wenn sie auch wesentlich kleiner ist als 
letztere. Da die Alb wasserarm ist, so macht die Be 
schaffung dieser Wassermengen bei beiden vorgenannten 
Linienführungen Schwierigkeiten. Wenn man einen Teil 
des notwendigen Wassers den auf der Alb entspringen 
den kleineren Flüssen entnimmt, so schädigt man nicht 
nur die an diesen Flüssen vorhandenen Wasserwerke, 
sondern auch die damit zusammenhängende Industrie em 
pfindlich, was man vermeiden muß und auch kann, wenn 
man den Wasserbedarf des Kanals aus der Donau zur 
obersten Haltung hinaufpumpt. Bei der Heidenheimer 
Linie wäre das Betriebswasser 55 m, bei der Ulmer Linie 
102,5 m hochzupumpen. Die Kosten für das Wasser 
pumpen würden die Betriebskosten der Schiffahrt des 
halb nur in geringem Maße belasten, weil das gepumpte 
Wasser nach seiner Verwendung im Kanal größtenteils 
dem Neckar zufließen würde und unterhalb Plochingen, 
in Anbetracht des Gesamtgefälles des Neckars bis Mann 
heim von 140 m an den Wasserwerken des Neckars vor 
teilhafte Verwendung finden könnte. 
Wenn man also das Betriebswasser für den Kanal 
der Donau entnimmt, so sind beide Linienführungen bau- 
und betriebstechnisch einwandfrei. Bei der Ulmer Linie 
würden sich 28 Schleusen, bei der Heidenheimer Linie 
22 Schleusen ergeben, die alle als Schachtschleusen mit 
Sparbecken und einem Schleusengefälle von 10—15 m 
ausgebaut werden müßten. Wenn auch die Zahl der 
Schleusen verhältnismäßig groß erscheint, so bringt doch 
der Aufenthalt und der Zeitverlust, den die Schiffahrt an 
den vielen Schleusen erleidet, nicht zu große Nachteile 
mit sich, was aus folgenden Angaben der rheinischen 
Schiffahrtsgesellschaften ohne weiteres hervorgeht. Ein 
Rheinschleppdampfer, der jahraus, jahrein auf dem Rhein 
von Ruhrort nach Mannheim und zurück unterwegs ist, 
führt durchschnittlich nur 24 Reisen im Jahr aus, ist also 
im Mittel 15 Tage für eine Fahrt hin und zurück unter 
wegs. Bei einer tatsächlichen Fahrtgeschwindigkeit von 
5—6 Km. stromauf und 12—15 Km. Stunden stromab, 
beträgt jedoch die reine Fahrzeit nur 7 Tage; die übrigen 
8 Tage gehen durch Aufenthalte verloren. Noch ungüns 
tiger ist das Verhältnis bei dem Schleppkahn. Ein Kahn 
von 1200 Tonnen macht jährlich durchschnittlich nur 9 
Reisen von Mannheim nach Rotterdam und zurück, er 
braucht also zu einer Reise 40 Tage, während die reine 
Fahrtzeit bei den oben angegebenen Geschwindigkeiten 
nur 11 Tage beträgt. Somit beläuft sich hier der Zeit 
verlust durch Aufenthalte auf 29 Tage, ohne daß irgend 
welche Schleusen durchfahren werden müssen. Durch 
Aufenthalte in den Häfen, an den Haltestellen und durch 
sonstige Umstände entsteht also ein viel größerer Zeit 
verlust als durch die Fahrzeit. Auch wenn die Fahrzeit 
durch Schleusenaufenthalte vergrößert würde, so wäre sie 
immer noch klein gegenüber der Gesamtzeit, die ein 
Schiff unterwegs ist. 
In genauer Kenntnis dieser Verhältnisse im Schiff 
fahrtsbetrieb hat man sich auch in Belgien mit seinen 
zahlreichen Kanälen und seiner ausgedehnten Binnen 
schiffahrt nie gescheut, auf verhältnismäßig kurze Kanal 
strecken eine große Anzahl Schleusen einzubauen, wenn 
dies die Geländeverhältnisse notwendig machten. So hat 
die Sambre auf 94 Km. Länge 22 Schleusen, der Kanal 
du Centre auf 19,8 Km. Länge 10 Schleusen, während 
der Kanal von der Lys zum Yperlö auf 22,9 Km. Länge 
sogar 16 Schleusen aufweist. Damit soll natürlich nicht 
gesagt sein, daß es nicht erwünscht und vorteilhaft ist, 
die Zahl der Schleusen, soweit als irgend möglich zu 
verringern. 
Was die Temperaturverhälfnisse der beiden Linien 
führungen anbelangt, so ist zu sagen, daß in dieser Be 
ziehung beide Linien gleich günstig gestellt sind; bei 
beiden Linien wird die Unterbrechung der Schiffahrt im 
Winter durch Eis gleich lang andauern, aber auch nicht 
länger als beim Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin, der 
ähnliche Temperaturverhältnisse hat und im strengsten 
Winter 1916—1917 nur 65 Tage Betriebsunterbrechung 
durch Eis hatte. 
Somit scheint die Aufgabe, den Neckar mit der Do 
nau zu verbinden, gelöst zu sein. Man braucht sich nur 
noch für eine der beiden Linienführungen zu entscheiden, 
nachdem man deren Vorteile und Nachteile gegeneinander 
abgewogen und insbesondere berücksichtigt hat, daß die 
Ulmer Linie wesentlich geringere Baukosten verursacht, 
als die Heidenheimer Linie. 
Nur muß ein Punkt noch näher untersucht werden, 
nämlich die Voraussetzung für die vorbesprochene Lös 
ung der Aufgabe: 
„Daß man das notwendige Betriebswasser der 
Donau entnimmt.“ 
Die geringe Menge Betriebswasser, welche der Kanal 
durch Versickerung und Verdunstung verbraucht, wird 
man dem Grundwasser des Donautales entnehmen kön 
nen, ohne durch diese Entnahme die an der Donau un 
terhalb Ulm liegenden Wasserwerke zu schädigen. An 
ders ist dies bei der Entnahme der Wassermenge, die 
für den Betrieb der Schachtschleusen notwendig ist. 
Wenn auch bei geringem Schiffsverkehr auf dem Kanal 
der Bedarf an Schleusenwasser noch so klein sein wird, 
daß nur ein ganz unerheblicher Teil der Niederwasser 
menge der Donau in Anspruch genommen würde, so 
wird sich doch das Verhältnis von Schleusenwasserbe
	        

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