BAUZEITUNG
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darf zur Niederwassermenge der Donau bei wachsendem
Schiffsverkehr beträchtlich ändern.
Aus diesen Gründen wird man vorsichtigerweise nach
einer weiteren Lösung der vorliegenden Aufgabe suchen, bei
der man ganz unabhängig ist und von der Entnahme des
Schleusenbetriebswassers aus der Donau absehen kann.
Unter ähnlichen Verhältnissen hat man sich an zahl
reichen ausgeführten Kanälen dadurch zu helfen gewußt,
daß man der Schwierigkeit der Wasserbeschaffung durch
Anwendung von Schiffshebewerken, die ohne Wasser
verbrauch arbeiten, oder durch Verwendung von Schiffs
eisenbahnen aus dem Wege ging.
Beide Hilfsmittel sind bei dem Wasserbautechniker
nicht beliebt, weil sie nach bis jetzt bekannten Ausführ
ungen komplizierte maschinelle Anlagen erfordern und da
durch von den Kammerschleusen zu sehr abstechen.
Die Vorzüge der Kammerschleusen liegen in ihrer
Einfachheit, Betriebssicherheit und Dauerhaftigkeit. Die
Nachteile sind: großer Wasserverbrauch und geringes
Stufengefälle, wodurch die Anordnung zahlreicher Halt
ungen sich ergibt. Die Vorzüge der Schiffshebewerke
und Schiffseisenbahnen bestehen darin, daß sie ohne
Wasserverbrauch arbeiten und größere Höhen überwin
den können. Nachteile sind; komplizierte Maschinenan
lagen, geringere Dauerhaftigkeit, größere Betriebskosten.
Wenn man eine Schleuse hätte, welche die Vorzüge der
Kammerschleuse mit den Vorzügen der Schiffshebewerke
vereinigte, ohne beider Nachteile zu besitzen, so wäre
damit den württembergischen Verhältnissen am besten
Rechnung getragen.
Die Schleuse von Schneiders scheint diesen Forder
ungen entsprechen zu wollen, jedoch liegt über diese
Schleusenart noch zu wenig Material vor, um ein end
gültiges Urteil darüber fällen zu können.
Eine neue Bauart einer Schiffseisenbahn, wie sie von
der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg A. G. in Vor
schlag gebracht wird, erscheint ebenfalls verwendbar, da
sie in ihrer Ausbildung überaus einfach ist und sich zur
Ueberwindung beliebig großer Höhen, von 50 bis 250 m,
eignet, ein Vorzug, der für die württembergischen Ge
ländeverhältnisse besonders beachtenswert ist. Jedoch
wird die Anwendung dieser Schiffseisenbahn nur beim
Aufstieg zur Alb in der Geislinger Steige und beim Ab
stieg von der Alb zur Donau in Betracht kommen können,
da sie für die Ueberwindung geringerer Höhen der gros
sen Anlagekosten wegen weniger geeignet erscheint.
Eine weitere Schleusenart, die in jüngster Zeit von
der Tiefbauunternehmung Grün & Bilfinger A. G. Mann
heim als sogenannte „Tauchschleuse“ in Vorschlag ge
bracht wurde, dürfte den obenerwähnten, an eine Schleuse
zu stellenden Forderungen am weitgehensten gerecht wer
den. Diese Tauchschleuse weist die Einfachheit der
Kammerschleuse auf, ist ebenso betriebssicher, arbeitet
ohne Wasserverbrauch, erfordert ganz geringe Betriebs
kosten und hat eine geringere Schleusungszeit als eine
Schachtschleuse mit Sparbecken, wobei es möglich ist,
mit einer solchen Tauchschleuse mehr als 36 m Höhe
zu ersteigen.
(Weitere Einzelheiten werden in besonderem Aufsatz
nachfolgen.)
Wenn man diese Schleusenart bei dem Neckar-
Donau-Kanal verwendet, so kann man die Zahl der
Schleusen und damit die Zahl der Schiffahrtshindernisse
wesentlich beschränken. Zwischen Plochingen und Donau
sind dann bei der Ulmer Linie nur noch 21 Schleusen,
bei der Heidenheimer Linie sogar nur noch 17 solcher
notwendig. Die Zahl der Schiffahrtshindernisse wird ver
mindert und damit die Fahrzeit der Schiffe herabgesetzt,
wodurch sich gleichzeitig die Schiffahrtsbetriebskosten
ermäßigen. Man ist in der Wasserfrage unabhängig, wo
bei der Kanal betriebs- und bautechnisch ebenso einwand
frei bleibt, als bei Verwendung von Schachtschleusen.
Da auch die Baukosten bei Verwendung der Tauchschleu
se eher kleiner sein werden als bei Anwendung von
Schachtschleusen, so darf man sagen, daß auch das
letzte technische Hindernis beseitigt ist, welches der
Verbindung der Donau mit dem Neckar entgegen
stand. Wenn man dann noch in Betracht zieht, daß
die Baukosten dieses Kanals weit hinter den Beträgen
Zurückbleiben werden, welche für den Ausbau des
Rhein-Main-Donau-Kanals genannt worden sind, so kommt
man zu dem Schlußergebnis; Folgt man vom Rhein
aus dem Neckar bis Plochingen und von da aus der
Ulmer Linie bis zur Donau, so kann man nicht nur
den kürzesten, sondern auch den wirtschaftlichsten
Qrosschiffahrtsweg schaffen, der zwischen Rhein und
Donau überhaupt möglich ist.
Mannheim, im April 1918.
Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern Ab
teilung für das Hochbauwesen, betreffend die Abhal
tung einer Bauwerkmeisterprüfung im Jahre 1919.
Die nächste Bauwerkmeisterprüfung wird zu Anfang
des Jahres 1919 wiederum in abgekürztem Verfahren wie
in den Jahren 1916 und 1917 abgehalten werden.
Die Meldungen zur Prüfung sind mit den erforder
lichen Belegen (zu vergl. §§ 4 und 5 der Verfügung des
Ministeriums des Innern vom 26. April 1902, Reg. Bl. S.
163) so frühzeitig einzureichen, daß sie spätestens bis
zum 5. Dezember ds. Js. beim Ministerium einkommen.
Zu Gunsten von Kriegsteilnehmern greifen folgende
Erleichterungen Platz:
1. Anstatt der in § 5 Abs. 1 unter Buchst, c der Mini-
sterialverfügung vom 26. April 1902 als Regel vorge
schriebenen 3jährigen praktischen Vorbereitungszeit
kann für Kriegsteilnehmer ihrer Kriegsdienstzeit ent
sprechend eine 2jährige praktische Vorbereitung als
genügend angesehen werden, wofern für die prak
tische Bauausführung ein Jahr verbleibt;
2. Auf diese 2jährige praktische Vorbereitung dürfen aus
nahmsweise bis zu 6 Monaten angerechnet werden:
militärisch abgeleistete Beschäftigungen im Fach
dienste oder Beschäftigungen in einem fachlichen
Zweige des vaterländischen Hilfsdienstes, wenn ein
ausreichender Nachweis hierüber vorgelegt wird, je
nach der Art der Beschäftigung;
3. Kriegsteilnehmern, welche die III. Klasse der K. Bau
gewerkeschule mit Erfolg besucht haben, wegen ihrer
Einziehung zum Heere jedoch die Vorprüfung nicht
ablegen konnten, kann die Entbindung von der Vor
prüfung bei der Zulassung zur Bauwerkmeisterprüfung
in Aussicht gestellt werden.
Das Nähere über die Abhaltung der Prüfung wird
später bekannt gegeben werden.
Stuttgart, den 4. Juli 1918.
Scheurlen.
Kgl. Baugewerkschule Stuttgart.
Kriegsteilnehmern, welche die oberen Klassen der
Baugewerkschule durchlaufen haben, wird im nächsten
Winterhalbjahr Gelegenheit geboten, sich in einer be
sonderen Klasse auf die Bauwerkmeisterprüfung vorzube
reiten.
Meldungen sind alsbald, spätestens bis 15. Septem
ber, an die Schulleitung zu richten.
Die Schulleitung
Schmohl.
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart.
Druck: Gustav Stürner in Waiblingen.