FÜR WÜRTTEMBERG
ERDEN-HESSEN-EL
SHSS- LOTHRINGEN-
Inhalt :
Die Bedeutung der antiken Architektur. — Zu dem Artikel: Die Einführung der
geschlossenen Bauweise. — Zusammenschluss im Baugewerbe. — Achtstunden
tag im Baugewerbe. — Wettbewerb. — Wer trägt die Zuwachssteuer? — Ver
einsmitteilungen. — 16. Jahrgang.
Alle Rechte Vorbehalten.
Neuer Titel der Bauzeitung.
Ich bringe den Lesern der Bauzeitung zur Kenntnis,
daß die Bauzeitung vom neuen Jahrgang ab den Titel
Sud-und Mitteldeutsche Bauzeitung
führen wird. Zu dieser Maßnahme habe ich mich schon
vor Monaten entschlossen und waren hiefür Erwägungen
verschiedener Art maßgebend. Ich hoffe, daß der neue
Titel sich rasch einbürgern wird und spreche ich dabei
den Wunsch aus, mich in meinem Bestreben, die Bau
zeitung wieder in die Höhe zu bringen, zu unterstützen.
Vor kurzem in der Heimat, immerhin wohlbehalten, an
gekommen, will ich meinerseits mit frischem Mut an die
Arbeit gehen, denn nur der baldige Wiederaufbau unse
res Wirtschaftslebens kann uns über das Schwere, das
unser Vaterland zu tragen hat, hinüberhelfen. Wie ich
es mit dem Erscheinen der Bauzeitung halten kann, das
hängt von der Papierfrage ab und dürfte es möglich sein
in der ersten Nummer des neuen Jahrgangs etwas Näheres
darüber zu sagen.
Karl S^uier.
Die Bedeutung der antiken Architektur.*)
Von Dr.-Ing. E. Flechter, Professor an der Technischen Hoch
schule Stuttgart. Akademische Festrede, gehalten am 25. Februar
1918 in der Aula der Technischen Hochschule Stuttgart.
Fortsetzung.
Welche Bedeutung hat für uns nach alledem die
antike Baukunst heute noch ? Wir sahen, daß sie mehr oder
weniger abgewandelt von den Völkern und Zeiten über
nommen worden ist, die zur Macht gelangt sind; diese
haben sich ihrer als Ausdruck der Würde, des gefestigten
oder des scheinbaren Glückzustandes bedient. Schlösser,
Parlamente, Theater, Kirchen und Rathäuser in England
und Frankreich, in Deutschland und Holland bekamen
Säulenhallen und antike Giebel. Die antike Baukunst
wirkte also im Sinne eines Ausgleichs der nationalen
Unterschiede; sie war allgemein verständlich und bildete
eine internationale künstlerische Grundlage, auf der die
Sondereigenschaften der verschiedenen Völker nur ge
brochen zur Erscheinung kamen. Sie war etwas wie
eine gemeinsame Sprache, ähnlich wie bis vor einigen
Jahrzehnten von den Gelehrten aller Länder noch Lateinisch
geschrieben wurde. Wird sie es bleiben? So wenig
wir eine Verwirklichung einer Gesellschaft der Nationen
für wahrscheinlich halten, so wenig wird auf Grund
der antiken Formen ein einheitlicher internationaler
Baustiel erstehen. Es fällt uns aber auf, daß sich die
südlichen Völker der aus der Antike abgeleiteten Baukunst
mehr unterworfen haben als die nordischen. Ob dabei
das Rassenproblem eine Rolle spielt? Unmöglich ist das
nicht. Schon die Frage nach dem, was wir wollen,
was unser künstlerisches, unser allgemeines politisches
Ziel ist, streift nahe an dieses Problem. „Denn Rasse
ist eben jenes Urwollen, das einer Menschheitsfamilie ge
meinsam ist.“ Daß unser Wollen gegenwärtig das gleiche
sei wie bei den Nachbarvölkern, wage ich nicht zu be
haupten. Tiefer als je ist die Kluft, die uns von den
meisten trennt. Wir sind ganz auf uns selbst gestellt. Um
so wichtiger ist, daß ein gemeinsames gleich gerichtetes
Wollen uns beherrsche. Das gilt politisch, gilt aber auch in
künstlerischen Dingen. Nach was hat sich in diesen unser
Wollen zu richten? Sicherlich werden wir nicht mehr
in den alten Fehler verfallen, den man nach dem Krieg
von 1870 gemacht hat als man die deutsche Renaissance
als nationalen deutschen Sti^l frisch aufpolierte. Wir
werden überhaupt nicht zurückschauen, sondern vorwärts
blicken. Aber was gibt uns dabei Richtung und Weg
leitung?
Es ist viel von Heimatkunst gehandelt worden, auf
die unsere Lehrer, denen die Erziehung der Jugend an
vertraut ist, hinzuweisen seien. Das ist gewiß ein guter
Rat, aber für die Baukunst reicht er nicht aus. Wir
brauchen mehr als eine Förderung der alten einheimischen
handwerklichen Formen. Nicht die nationale Färbung
ist uns das wichtigste, sondern die Einheitlichkeit unserer
künstlerischen Kultur. Der nationale Einschlag ergibt sich
von selbst. Um aber vorwärts zu kommen, sind uns vor
allem gründlich gebildete Künstler nötig. Von Bildhauern
und Malern habe ich hier nicht zu reden. Nur wenige
von ihnen sind künstlerisch fördernde Mitglieder der
menschlichen Gesellschaft. Das gleiche gilt natürlich von
den Baumeistern. Hier wird allerdings, da es sich neben
der künstlerischen Tat auch um eine konstruktive Arbeit
handelt, durch geregelten Untericht und durch Prüfungen
schon dafür gesorgt, daß nicht völlige Dilettanten und
Unkundige an Bauausführungen gelangen. Reichen aber
zu einer wirklichen künstlerischen Erziehung die Einrich
tungen der Architekturschulen an unseren technischen
Hochschulen aus? Es ist nicht unsere Absicht, diese Frage
hier zu untersuchen. Aber bei dem bereits begonnenen
Kampf gegen unsere jetzigen Studienvorschriften sind schon
vielerorts mancherlei gute Bemerkungen gemacht worden.
Es wird in nicht zu langer Zeit auch Aufgabe der Hoch