Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

Mauerausschläge. 
ATK. Die Mauerausschläge beruhen auf der Aus 
scheidung von meist viel Krystallwasser enthaltenden 
Salzen auf der Oberfläche des Mauerwerks. 
Man bezeichnet in Baukreisen das ausblühende Salz 
oft als Mauersalpeter, obwohl gerade Salpeter in unseren 
Gegenden gar nicht oder nur sehr selten — und zwar in 
der Nähe von Jauchengruben — unter den ausblühenden 
Salzen zu finden ist. Diese bestehen vielmehr aus Glauber 
salz, schwefelsaurem Kali, Soda, Gips, kohlensaurem Kalk 
und in seltenen Fällen aus vanadinsauren und molybdän 
sauren Salzen. 
Die drei erstgenannten Salze kommen aus dem auf 
gesogenen Grundwasser oder aus dem Mörtel oder aus 
dem Ziegelmaterial, der kohlensaure Kalk entstammt dem 
Bindemittel und die stets gelb oder grün gefärbten Vana 
dinsalze und Molybdänsalze den Ziegeln. 
Die im Innern enthaltenen oder später von außen auf 
genommenen Salze gelangen bei Zutritt von Feuchtigkeit 
(z. B. Regen) durch Diffusion an die Oberfläche und kry- 
‘stallisieren daselbst beim Verdunsten des Wassers aus. 
Dabei verlieren Glaubersalz und Soda mit der Zeit einen 
Teil ihres Krystallwassers — sie verwittern — und werden 
dadurch als weiße Pulver besonders deutlich sichtbar. 
Zur Sicherstelung der Herkunft dieser Salze wird im 
Einzelfalle die chemische Untersuchung der zum Bau ver 
wendeten Stoffe — also des Mörtelsandes, des Kalkes oder 
Zementes, der Ziegel, sowie des mit dem Mauerwerk in 
Berührung stehenden Wassers — erforderlich sein. 
Im Allgemeinen lassen sich jedoch die folgenden Be 
trachtungen anstellen: 
Eine Ausblühung von Soda entsteht auf die Weise, 
daß sich im Wasser gelöstes schwefelsaures Alkali mit dem 
stets vorhandenen freien Kalk des Bindemittels zu Gips 
und Aetzalkali umsetzt. Das auf diese Weise gebildete 
Aetznatron wird durch Feuchtigkeit an die Mauerober 
fläche befördert und geht hier unter dem Kohlensäure 
einfluß der atmosphärischen Luft in Soda über. Der gleich 
zeitig gebildete Gips kommt seiner Schwerlöslichkeit we 
gen gewöhnlich erst später an die Oberfläche. So entstehen 
im Laufe der Zeit die aus Soda und Gips zusammengesetz 
ten Auswitterungsprodukte. 
Besteht die Auswitterung dagegen nur aus Sulfaten 
der Alkalien, so ist anzunehmen, daß die Salze aus dem 
in die äußersten Mörtelschichten aufgesogenen Wasser 
stammen; denn in altem Mauerwerk ist in den äußeren 
Mörtelschichten der feine Aetzkalk bereits in kohlensauren 
Kalk übergegangen und gibt daher zu einer Umsetzung 
keine Veranlassung mehr. Es ist auch dem Gesagten zu 
folge ersichtlich, daß die im Kalk des Mörtels oder im 
Zement enthaltenen Alkalien normaler Weise nur als Soda 
zur Ausblühung gelangen können. 
Die Auswitterungen von Gips entstammen zumeist 
dem Ziegelmaterial, aus welchem sie durch reines Wasser, 
wie Regenwasser, an die Oberfläche befördert werden. 
Der Fall, daß mit sehr viel Gips angereicherte Wässer die 
Ursache sind, tritt deshalb nur in Einzelfällen ein, weil 
der Gips ein in Wasser recht schwer lösliches Salz darstellt 
(Löslichkeit 2% gr im Liter) und daher ein reichliches Auf 
saugen eines solchen Wassers durch die Ziegel zur Veran 
lassung von Ausblühungen erforderlich wäre. Es sind 
solche Fälle aber dadurch bisweilen eingetreten, daß die 
Ziegel auf einer Unterlage von stark gipshaltiger Asche 
gelagert wurden, wodurch die Möglichkeit einer steten 
Anreicherung des Wassers (z. B. bei Regen) mit Gips ge 
geben war. 
Der in den Ziegeln enthaltene Gips stammt entweder 
aus dem zu ihrer Herstellung verwendeten Ton, oder er 
entsteht erst beim Brennen des Tones durch Einwirkung 
des Schwefelgehaltes der Feuergase auf den Kalk des 
Tones. Es muß aber auch beachtet werden, daß mit der 
Tonmasse bisweilen zahlreiche bis erbsengroße Gipsstücke 
in die Ziegelmasse hineingelangen und in dieser dann un 
gleichmäßig verteilt sind. In dieser Form kann bei der 
chemischen Untersuchung, sofern keine gute Durch 
schnittsprobe genommen wird und ein bloßes Auslaugen 
mit Wasser, in dem sich die großen Stücke naturgemäß 
nur sehr langsam lösen, stattfindet, leicht übersehen oder 
seine Menge viel zu niedrig gefunden werden. Es liegt 
dann die Versuchung nahe, die Ausblühungen dem beim 
Bau als Bindemittel verwendeten Zement zuzuschreiben, 
da ja die Zemente stets gewisse Mengen Gips enthalten. 
Der i m Zement enthaltene Gips geht jedoch beim Ab 
binden in eine in Kalkwasser unlösliche Doppelverbindung 
über und ist demnach, solange freier Aetzkalk zur Sätti 
gung des eindringenden Wassers vorhanden ist, vom 
Wasser nicht auslaugbar und für die Ausblühungen daher 
nicht ohne weiteres verantwortlich zu machen. 
Andererseits muß der Sulfatgehalt von Ziegeln durcn- 
aus nicht immer Veranlassung zu Ausblühungen geben. 
So findet man oft unter vielen umliegenden Steinen in einer 
Mauer nur einzelne mit Ausblühungen, während die an 
deren Ziegel keine Spur davon zeigen. In solchen Fällen 
haben sich die mit Ausblühungen behafteten Ziegel stets 
als schwachgebrannte feststellen lassen, wogegen die um 
liegenden, von Auswitterungen freie Steine zwar denselben 
Gipsgehalt aufwiesen, aber scharfgebrannt und von dichter 
Struktur waren.
	        

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