16-/30. Sept. 1919.
BAUZEITUNG
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wie z. B. die Magnesitsteine. Tufsteinähnliche Massen
mit wenig Zement als Bindemittel sind das gegebene Ma
terial, denn der überschüssige Kalk des Zementes ver
wandelt sich mit Tuffsand zu kieselsaurem Kalk. Es würde
also bei Verwendung von Kalk praktisch dasselbe erreicht
werden, wie bei Verwendung von Zement allein.
Im Handel ist * zurzeit eine Masse, Pressen ge
nannt, welche in Mischung mit gemahlenem Bims, Sand
und Zement oder Kalk zu Mauersteinen und auch zu Plat
ten, beide mit Hohlräumen, verarbeitet wird. Da die Her
stellung der Steine und Platten in Holz- oder Eisenform
sehr einfach ist, kann sie durch ungeübte Arbeiter auf der
Baustelle ohne weiteres vor sich gehen. Das geformte
Material ist nach kurzer Zeit verwendungsfähig. Ist die
Masse an und für sich schon beachtenswert, so ist die
gewühlte Steinform wie Bild zeigt, unter allen Umstän-
50°
den sehr empfehlenswert. Steine im Format von 50/25/20
cm sind leicht zu handhaben, denn das Gewicht solcher
Steine beträgt etwa 20—22 kg und können dieselben von
einem Mann noch bequem verarbeitet werden. DiePres-
sonsteinmasse füllt die Steinformen in vollständiger Weise
aus. Die Sichtflächen gestalten sich so, daß ein Außen
putz entbehrlich wird und der Innenputz sehr dünn ge
halten werden kann, infolge der Gleichmäßigkeit der
Wandfläche. Dadurch, daß die Putzarbeiten nahezu ganz
wegfallen, verringert sich die Bauzeit ganz erheblich und
außerdem vermindert sich der Zeitaufwand für das Ver
mauern um 400 %, d. h. ein Arbeiter ist imstande, täglich
etwa 7—8 cbm Mauerwerk herzustellen, gegenüber 1,5
bis 2,0 cbm in Backsteinmauerwerk. 1 cbm Mauerwerk
erfordert 40 Stück Steine. Da ferner die Steine in ausge
trocknetem Zustand zur Verarbeitung kommen, kommt die
Zeit der Trockenperiode in Wegfall, d. h. ein Gebäude mit
Pressonstein hergestellt, kann direkt nach Fertigstellung
bezogen werden. Die Mörtelersparnis beträgt 75 % bei
Mauerwerk mit Pressonsteinen gegenüber einem Back
steinmauerwerk. Pressonsteine sind nagelbar und sag
bar. Das spezifische Gewicht schwankt zwischen 0,9 bis
1,0. Durchgeführt Druckproben haben ergeben eine
Bruchfestigkeit von 90—100 qcm. Bezüglich der Wärme
leitung stellt sich ein 25 cm starkes Mauerwerk mit Pres-
sonsteinen gleich einer 0,38 cm starken Backsteinmauer.
Infolge der eingangs erwähnten Eigenschaft der restlosen
Verkieselung des Bindemittels haben Pressonsteine was
serabweisende Eigenschaften und eignet sich die Masse
zur Herstellung von Dachbedeckungsmaterial in den ver
schiedensten Formen. Wie Bild zeigt, weisen die Steine
trogförmige Aushölungen auf, und zwar in dem der Ein
stampfung entsprechenden Volumen, so daß 1 cbm Pres-
sonmischung I cbm Mauervolumen ergibt. Die horizon
tale Unterbrechung der vertikalen Hohlräume entspricht
vollständig meiner Anschauung bezüglich der Wärme
leitung, wie ich sie in meiner Abhandlung in Nr. 14/15
der Bauzeitung vertreten habe. Presson-Material und
deren Fabrikate werden vertrieben durch die Presson-
Gesellschaft m. b. H., Hamburg-Neuwied. Zweigstellen:
Berlin, Bielefeld, Düsseldorf und Pforzheim.
Johannes Wörner, Ing., Cannstatt.
Bemessung der Entschädigung für Enteignung eines
gewerblichen Zweken dienenden Grundstücks.
Gemäß § 8 des Fluchtlinienges. vom 11. 6. 1874 ist
bekanntlich dem Enteigneten der volle Wert des Grund
stücks zu ersetzen. Dieser Wert kann, so führte das Reichs
gericht in einem neueren Urteile aus, je nach Lage des
Falles auf verschiedenem Wege ermittelt werden. Er kann
z. B. durch Feststellung des Verkaufswertes, unter Heran
ziehung des Ergebnisses gleichliegender Verkäufe oder
auch durch Bewertung des infolge seiner Ertragsfähigkeit
aus ihm gezogenen oder zu ziehenden Ertrages gefunden
werden. Der Verkaufswert wird in der Regel als der
„gemeine Wert“, als der Wert, den das Grundstück für
Jedermann hat, zu bezeichnen sein, während als „voller
Wert“ der Wert anzusehen ist, den das Grundstück gerade
in der Hand seines Eigentümers für diesen hat. Ist der
Wert, den das Grundstück dadurch, daß es von seinem
Besitzer zu einem Gewerbebetriebe benutzt wird, höher
als der Verkaufswert, so kann der Enteignete diesen höhe
ren .Wert beanspruchen. Handelt es sich um den Verkauf
eines baufälligen Hauses, so ist der Fall künftigen Ab
bruches bei der Wertbemessung zu berücksichtigen. —
Das Reichsgericht hat zwar stets, wenn es sich um Berliner
Zweckgrundstücke handelt, die in guter Stadtgegend la
gen, berücksichtigt, daß die allmähliche Abnutzung des
Gebäudes durch die erfahrungsgemäß gleichfalls allmäh
lich ein tretende Wertsteigerung des Grund und Bodens
ausgeglichen wird. Handelt es sich aber — wie hier —
um ein Gebäude, dessen Abbruch in Bälde notwendig ge
wesen wäre, so ist der Zeitpunkt, zu dem der Abbruch
voraussichtlich notwendig werden würde, so bestimmt wie
möglich festzustellen und mit Rücksicht auf die bevor
stehende Notwendigkeit eines Neubaues von dem für die
Zeit der Enteignung ermittelten reinen Ertragswert der er
forderliche Abzug zu machen.
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Vierscheibiges Kastenfenster mit Kämpfer (niedrige. Scheiten)