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STUTTGART 16/29. Febr. 1920
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Heue Folge der Bauzeitung für Württemberg, BadenpfieSselV , ’f* '
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D Inhalt: Der Wohnungsbau der Saarbrücker gemeinnützigen Siedelungsgesellschaft m.b.H.
fl in Saarbrücken. — Der Baukunstrat in Württemberg. — Baumesse. — Rund-
1 schau. — Bücher. — Briefkasten.
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Alle Rechte Vorbehalten.
Der Wohnungsbau der Saarbrücker
gemeinnützigen Siedelungsgesellschaft m. b. H.
in Saarbrücken.
Von Stadtarchitekt Leiber, Saarbrücken.
Alle bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der
Wohnungsnot, z. B. Errichtung von Not- und Behelfs
wohnungen in Schulen und sonstigen Gebäuden, Erstel
lung von Baracken usw. hatten hier kein nennenswertes
Ergebnis.
Da die Wohnungsnot erfolgreich nur durch die Er
richtung neuer Wohnungen gemildert werden kann, die
private Bautätigkeit aber infolge Ausfall der Baukosten-
überteuerung durch Reich und Staat versagte, so sah sich
die Stadt gezwungen, die Wohnungsherstellung selbst in
die Hand zu nehmen. Die Stadtverordneten bewilligten
daher im Herbst 1919 für den Wohnungsbau 5 Millionen
Mark. Von diesem Gelde baut die Stadt auf eigene Rech
nung vorläufig 75 Wohnungen zu je 3 und 4 Räumen,
mit den übrigen 4 Millionen Mark fördert die Stadt die
Erstellung von Wohnungen durch Hergabe der gesamten
Baukostenüberteuerung, soweit weder Reich und Staat
noch das beabsichtigte Saargebiet solche Zuschüsse geben
werden. Die Ueberteuerung wird in der Form gewährt,
daß die Stadt eine zweite oder dritte Hypothek in Höhe
des Ueberteuerungszuschusses hergibt, für welche weder
die Zahlung von Hypothekenzinsen, noch von Tilgungs
beiträgen verlangt wird. Die Zuschüsse werden von der
von der Stadt ins Leben gerufenen Hypothekenbank her
gegeben. Damit die Stadt den maßgebenden Einfluß in
dieser Hypothekenbank erhält, hat sie 1,1 Millionen Mark
— das Gründungskapital beträgt 2 Millionen Mark —
übernommen und sich als Gründer beteiligt.
Außer diesen Maßnahmen wurde auf Veranlassung
der Stadtverwaltung die Saarbrücker gemeinnützige
Siedelungsgesellschaft m. b. H. mit einem Aktienkapital
von 1 Million Mark gegründet.
Dadurch, daß die Stadt vom Aktienkapital 510 000 Mk.
übernommen hat, ist ihr in der Gesellschaft der Vorsitz
und die Mehrheit, also auch hier einen entscheidenden
Einfluß auf die Gesellschaft gesichert. Der übrige Teil
des Kapitals wurde von Industriellen und Arbeitgebern,
die an dem Unternehmen ein Interesse haben, aufgebracht.
Gegenstand der Siedelungsgesellschaft ist der Erwerb
von Baugelände und die Errichtung von Wohnhäusern
ausschließlich zu dem Zwecke, minderbemittelten, beson
ders kinderreichen Familien gut eingerichtete Wohnungen
in eigens erbauten Häusern zu billigen Mieten zu ver
schaffen. Um der Wohnungsnot am ehesten zu begegnen,
soll als erste Aufgabe, die Bebauung eines Geländes in
Betracht kommen, das innerhalb des Stadtgebiets liegt,
und möglichst schon aufgeschlossen, oder leicht aufzu
schließen ist.
Die Folgerungen, die sich aus dem Vorstehenden er
geben, sind klar: Solange bei der großen Wohnungsnot
die gegenwärtigen abnormen Baupreise und die überaus
große Knappheit an Baustoffen herrschen, ist es ganz
ausgeschlossen, daß unter diesen Umständen die Siede
lungsgesellschaft Einfamilienhäuser bauen kann. Da die
Stadt, bzw. die steuerzahlende Bevölkerung an dem Woh
nungsbau aufs lebhafteste beteiligt ist, kommt es vielmehr
darauf an, die billigste und wirtschaftlichste Form des
Wohnungsbaues zu finden, denn der unwirtschaftliche
Aufwand geht nicht zu Lasten eines privaten Bauherrn,
sondern aus den aus öffentlichen Mitteln gewährten
Ueberteuerungszuschüssen.