Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

STUTTGART 
Süd- und mitteldeutsche 
V, 
ATOM 
Heue folge der Bauzeitung für Württemberg, Baden, Ressen, 
GsaB-Gothringen. 
Gegründet als Württembergisdie Bauzeitung im lehre 1904. 
16./30.ApriI 1920 
Inhalt: Zusammenfassung der Ammerwasserkräfte in Tübingen. — Aus der Volkshaus 
bewegung. — Vorträge über die Prüfung der Baustoffe. — Rundschau. — 
Wettbewerb. — Vereinsmitteilungen. — Bücher. 
Alle Rechte Vorbehalten. 
Zusammenfassung der Ammerwasserkräfte 
in Tübingen. 
Von Stadtbaumeister Landen berger. 
Was die überzeugendsten Aufsätze in Tages- und 
Fachpresse über den Wert und die Vorzüge der weißen 
Kohle früher nicht vermocht haben, das hat der 
verlorene Krieg mit seinen vielen unliebsamen Begleit 
erscheinungen und Folgen beinahe plötzlich zuwege ge 
bracht. 
Wer in Tübingen über .die Neckarbrücke ging, der 
konnte bis zum vorigen Sommer linker Hand unter dem 
Gebäude des Lichtspielhauses einen Wasserlauf mit etwa 
3 /4 Sek. cbm Stärke — die Ammer — in den Neckar stür 
zen sehen. Schon sehr lange, im 15. Jahrhundert, wurde 
das Wasser der Ammer etwa 3 km oberhalb Tübingen 
mittelst eines großenteils offenen Werkkanals vom Mutter 
bett weg und der früher festen Stadt Tübingen zugeleitet, 
wo es dann für den Betrieb einer größeren Zahl von Mahl 
mühlen, Färbereien, Gerbereien und dgl. dienen mußte. 
Wasserkräfte sind heute gesucht und sehr wertvoll ge 
worden, und die Industrien, Körperschaften und Gemein 
den, welche ihre einschlägigen Betriebe beizeiten auf 
Wasserwirtschaft aufgebaut haben, und die infolgedessen 
schon im Besitz von guten und ausgiebigen Wasserkraft 
werken sind, oder die sich für die Zukunft noch die eine 
oder andere Wasserkraft gesichert haben, die sind heute 
noch in verhältnismäßig guter Lage. Selbst wenn es sich 
hierbei auch um kleinere Wasserkräfte handelt. 
Heute noch treibt das Wasser im oberen Kanalteil in der 
Stadt mehrere Mühlen und kleinere Fabriken. Im untern 
Teil verläuft der Ammerkanal unter der heutigen Mühl 
straße vollständig unterirdisch in einem alten Gewölbe und 
lieferte bis in die 80er Jahre hinein das Triebwasser für 
drei nahe hintereinanderliegende Getreidemühlen. Eine 
Aenderung brachte hier der Durchbruch der Mühlstraße 
in den Jahren 1885—1887. 
Die Stadt erwarb aus diesem Anlaß die obere Mühle 
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