58
BAUZEITUNO
Nr. 24'26
ihre Beiratsmitglieder, sofern sie hiezu überhaupt beige
zogen wurden, auch nur im entferntesten den guten Willen
gehabt haben, dem Techniker das zu geben, was ihm ge
bührt. Dieser gute Wille ist zweifellos nicht bestimmend
gewesen, und es scheint auch hier, wie man das ja ge
wöhnt ist, rein nach Vorgang gearbeitet worden zu sein.
In dem kürzlich erschienenen Bericht über die Tätig
keit des württ. Finanzministeriums ist ausgeführt, daß die
württ. Besoldungsordnung in keinem Punkte hinter die
Reichsbesoldungsordnung zurückgehe, sondern daß sie
weiter geht, wo es ohne zu große Abweichungen von der
Reichsbesoldungsordnung möglich war, demnach seien
„die Anfangsstellen des mittleren Dienstes in Gruppe VII
verlegt, während sie das Reich in Gruppe VI anfangen
lassen will“. Diese Feststellung ist in diesem Zusammen
hang irreführend, denn es hätte dabei mindestens gesagt
werden müssen, daß das Reich einen mittleren Dienst, ins
besondere in der technischen Verwaltung, gar nicht ge
habt hat, bevor württembergische Beamte Reichsbeamte
geworden sind. Die mittleren Beamten des technischen
Dienstes im Reich sind in der Hauptsache aus dem Militär
anwärterstand hervorgegangen. Württemberg besitzt zur
Ausbildung seiner Bauwerkmeister und Wasserbautech
niker-eine achtklassige Bauschule, während das Reich nur
vierklassige Bauschulen kennt. Demnach kann der mitt
lere technische Beamte in Württemberg auch nicht entfernt
mit dem technischen Dienst des Reichs in Parallele gestellt
werden.
Aus dieser Gleichstellung heraus ist auch die Amts
bezeichnungsfrage in einer unseren berechtigten Wünschen
nicht Rechnung tragenden Weise erledigt worden, wieder
um lediglich nach Vorgang. Wir mittlere Techniker käm
pfen schon jahre- und jahrzehntelang um die Amtsbezeich
nung, die wir auf Grund unserer Fachbildung bean
spruchen müssen und die bei Städten und Korporationen
seit urdenklichen Zeiten besteht; wie dort die Bezeichnung
Orts-, Stadt-, Bezirks- und Oberamts baumeister be
steht, so verlangten wir für den mittleren technischen
Staatsdienst die Bezeichnung Bezirksbaumeister, Straßen
baumeister, Flußbaumeister usw., nachdem diese uns über
dies auf Grund von Eingaben und Besprechungen bereits
in Aussicht gestellt waren, anstelle des seither üblichen
fast unaussprechbaren Titels Bauamtswerkmeister. Nach
der neuen Besoldung^ordnung aber sollen wir die Amts
bezeichnung Sekretär erhalten, eine Bezeichnung, die für
jeden anderen Dienst noch angehen mag, nur nicht für
den technischen. Es liegt doch gerade im Interesse des
Dienstes, daß Amtsbezeichnungen geschaffen werden, die
die breite Masse des Volkes versteht, denn dazu sind sie
ja da, und es ist unverständlich, daß nun Amtsbezeich
nung gewählt bezw. übernommen worden sind, mit denen
der Fernstehende, zu dessen Orientierung sie dienen
sollen, absolut nichts anzufangen weiß. Wenn jemand
eine Meisterprüfung beispielsweise als Maler abgelegt hat,
so pflegt man ihn als Malermeister zu bezeichnen, und so
ist es durchweg in allen gewerblichen Berufen, also ver
langen wir Techniker konsequenter Weise die Bezeichnung
Baumeister, weil nur diese sich mit unserer Tätigkeit deckt
und im Volksmund verankert ist, und das Volk hat es mit
seinen Bezeichnungen auch auf anderen Gebieten immer
sehr genau genommen und hat immer das Richtige ge
troffen.
Der verflossene Landtag hat gleichzeitig mit der Ver
abschiedung der Besoldungsordnung eine Entschließung
angenommen, wonach auf spätestens 31. Oktober 1920
eine Nachprüfung der württembergischen Besoldungsord
nung vorgenommen werden soll, und es wird nunmehr
Sache der technischen Vereinigungen und Arbeitsgemein
schaften sein, einmütigen Protest einzulegen gegen diese
Art der Behandlungen von technischen Beamten. Es hat
noch nie zu den Gepflogenheiten der Techniker gehört,
utopistische Forderungen aufzustellen — vielleicht zu sei
nem Nachteil — und wenn wir heute Anspruch erheben
auf Einreihung in Gruppe VIII der Besoldungsordnung
und auf die Amtsbezeichnung Baumeister, so muß auch
diese Forderung von jedem billig und gerecht Denkenden
als berechtigt anerkannt werden.
Es ist nunmehr Sache der beteiligten Techniker, ein
mütig und geschlossen sich hinter diese Forderungen zu
stellen und deren Erfüllung zu erstreben, nur dann wird
das Wort von der Wertschätzung des Technikers in Wirt
schaft und Gesellschaft aufgehört haben, nur ein Schlag
wort zu sein.
m
Die Gründung des württ. Staatstechniker
verbandes.
Von A. Kühler.
Mehr denn je ist man wirklich in allen Berufsständen
eifrig bemüht, die Kräfte zu sammeln, um als große Masse
mit der nötigen Stoßkraft dem Ansehen des Standes die
erforderliche Geltung zu verschaffen und den Zielen zur
Verwirklichung zu verhelfen. Dieser neue Geist hat auch
über uns Staatstechniker seine Schwingen ausgebreitet und
uns erkennen lassen, daß es nicht genügt, wenn die einzel
nen Kategorien sich zusammenschließen, sondern daß es
ein Gebot der Stunde ist, daß sich sämtliche beamteten
Techniker in einer Arbej|sgemeinschaft sammeln. Spät,
aber nicht zu spät ist uns die Erkenntnis gekommen, daß
es wichtiger ist, einen Stand zu bilden, als nur einen Beruf.
Nach mehreren Vorbesprechungen zwischen Vertretern
verschiedener Beamtengruppen konnte am 27. Mai d. Js.
der württ. Staatstechnikerverband gegründet werden. Dem
Verbände sind folgende Organisationen beigetreten: Der
Verein höher geprüfter technischer Staatsbeamter, der
Verein der mittleren technischen Eisenbahnbeamten, die
Landesfachgruppe'der Geometer der staatlichen Finanz
verwaltung, die Landesfachgruppe der Geometer der staat
lichen Verwaltung des Innern, die Landesfachgruppe der
Geometer der staatlichen Eisenbahnverwaltung, der Ver
ein der Bauamtswerkmeister und Bauwerkmeister der
Finanzverwaltung, die Vereinigung der mittleren techn.
Beamten im Ministerium des Innern, die Vereinigung der
techn. Assistenten im Staatsdienst, die Vereinigung der
staatlichen Eichbeamten Württembergs, der Verein der
Kulturmeister und Kulturbauführer Württembergs und der
Verein der Lithographen im württ. Staatsdienst. Der neu
gegründete Verband wird der vor kurzem in Halle ge
gründeten Reichsarbeitsgemeinschaft technischer Beamten
verbände beitreten. Zum Vorsitzenden wurde Herr Ma
schineningenieur Fuchsloch gewählt. Die Geschäftsstelle
befindet sich; Stuttgart, Königstraße 31 B.
Mit der Gründung dieses Verbandes haben wir Staats
techniker uns ein Eigenheim gebaut, welches nun so aus
zugestalten und auszuschmücken ist, daß das Arbeiten in
demselben uns viel Freude macht und zu guten Erfolgen
führt. In diesem Heim wollen wir uns künftighin zu
sammenfinden, um gemeinschaftlich alle uns berührenden
Fragen zu erledigen. Von hier aus wollen wir alle unsere
Forderungen an Volksvertretungen, Regierungen und Ver
waltungen gemeinschaftlich stellen, um so in geschlossener
Einigkeit der richtigen Bewertung unserer technischen
Leistungen, der Achtung unseres Standes und der Aner
kennung unserer Mehrleistungen infolge der Ausbildung
im Handwerk, auf den Fachschulen und in der Praxis
endlich zum Siege zu verhelfen. Unser Arbeiten wollen
wir in eifersuchtsfreier Weise vornehmen, aller Egoismus
muß schwinden und jeder muß dem andern das Recht zu
gestehen, seine berechtigten Wünsche, so weit möglich,
zur Verwirklichung zu bringen. Ein solches Zusammen
arbeiten läßt alle Klassenkämpfe verschwinden und sam-