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BAUZEITUNQ
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eine Menge Kraftwerke erstehen. Diese werden so erbaut,
daß die Werke gleichzeitig der Schiffbarmachung des
Rheins dienen. In der Baukostenberechnung für die
Schiffbarmachung sind nur die der Schiffahrt'dienenden
Bauten (Wehre, Schleusen, Schiffahrtskanäle, Strombau
ten, Brücken, Fähren, Telephon, jedoch unter Ausschluß
der Bauzinsen, persönlichem Aufwand und von Un
vorhergesehenem) berücksichtigt. Nach Feststellung von
Einheitspreisen für alle diese Arbeiten und nach Stellung
aller dieser Arbeiten auf einheitliche Grundsätze stellen
sich die Kosten für die Schiffahrtsbauten, berechnet nach
den Baukosten der Jahre 1913/14, wie folgt; 1. Preis
„Freier Rhein“ auf 110 Millionen Franken, 2. Preis „Flotte
Fahrt“ auf 99 Millionen Franken, 3. Preis „Viribus Unitis“
auf 101 Millionen Franken, und der Ankaufsentwurf „Vom
Fels zum Meer“ auf 82 Millionen Franken. — Im Mittel
ergibt sich ein Preis von 103 Millionen Franken. Nach
den Berechnungen des Entwurfes „Freier Rhein“ beläuft
sich die durchschnittliche Jahresarbeit der Kraftwerke
ohne die schon bestehenden Werke und ohne eines
etwaigen Rheinfall-Werkes auf rund 2000 Millionen
KWSt.; im ganzen dürften auf der Strecke 4000 Millio
nen KWSt. gewonnen werden (Amortisation ein Zwan
zigstel Pfennig die KWSt.).
Der Entwurf „Freier Rhein“ (1. Preis) wird vom
Preisgericht als der relativ beste Entwurf bezeichnet. Er
ist auf dem Grundsatz aufgebaut, daß die Schiffahrt in
der Hauptsache im Fluß zu belassen und die Mitbenützung
der Kanäle tunlichst zu vermeiden ist. Nur bei Rheinau
und beim Rheinfall finden Abweichungen statt, wobei das
Gefälle als Kraftquelle ausgenützt ist. Diese Grundsätze
sind im Entwurf mit Erfolg durchgeführt, wodurch eine
leistungsfähige Wasserstraße und die vollkommenste
Kräfteausnützung erreicht ist. Die Einzelbearbeitung ist
eingehend und sachkundig durchgeführt. Am Rheinfall
ist oberhalb der Eisenbahnbrücke ein bewegliches Wehr
vorgesehen. Der Rheinfall wird in einer Lösung mit
einem offenen Einschnitt, in einer anderen Lösung durch
zwei nebeneinander liegende einschiffige Tunnel um
gangen. Der Abstieg erfolgt entweder in einer zwei
stufigen Schleusentreppe oder in zwei einzelnen durch
eine kurze Zwischenhaltung voneinander getrennten
Schleusen. Der Entwurf sieht die Beseitigung des großen
Kraftwerkes und der Wehranlage bei Rheinfeiden vor und
deren Wiedererstellung flußabwärts. Das Preisgericht be
zeichnet diese Lösung als gut.
Der Entwurf „F1 o 11 e F a h r t“ (2. Preis) geht
streckenweise mit dem Entwurf „Freier Rhein“ zusammen.
Von Laufenburg an sucht der Entwurf aber Kürzungen
zu finden und verlegt die Schiffahrt teilweise in Kanäle
(zur flotten Fahrt). Das Preisrichterurteil sagt, daß der
großzügig bearbeitete Entwurf für einzelne besonders
schwierige Stellen recht bemerkenswerte Lösungen ergibt,
die in ihren grundsätzlichen Richtlinien für die endgül
tigen Entwürfe verwendet werden können. Die Kanali
sierung ist vollständig und konsequent durchgeführt. Be
sonders zweckmäßig bei dem Entwurf ist, daß durch-
gehends Platz für die Erstellung zweiter Schleusen vor
gesehen ist, ferner wird der Ausnützung der Wasserkräfte
gebührend Rechnung getragen. Die Lösung des Ent
wurfes für die Umgehung des Rheinfalles und die Besei
tigung der Rheinauer Stromschleife ist die beste, die der
Wettbewerb gebracht hat. Beide Hindernisse werden in
einem Zuge durch einen Kanal genommen, wodurch auch
der Weg von 10 Kilometern auf 3,6 Kilometer verkürzt
wird. Die schwierige Frage ist hier einfach und klar
gelös 1 .
Der Entwurf „Viribus Unitis“ (3. Preis) baut auf dem
Grundsatz auf, daß die Schiffbarmachung und die ratio
nelle Ausnützung der Wasserkräfte nur durch vollständige
Kanalisierung zu erreichen seien. Der Grundsatz wird
in der Konstruktion aber oft verlassen und geht zu Regu
lierungen und Ausbaggerungen über, die der gestellten
Aufgabe hinderlich sind. Für den Abstieg beim Rhein
fall sind drei Lösungen vorgesehen: eine Schleusentreppe,
eine Schachtschleuse und ein großes Hebewerk (letzteres
in Ausmessungen von noch nicht erbauter Größe). Alle
drei Lösungen befriedigen das Preisgericht nicht. Es wird
aber hervorgehoben, daß der Entwurf mit anerkennens
werter Sorgfalt und großer Sachkenntnis ausgearbeitet ist.
Der Entwurf „Vom Fels zum Meer“ ist wahr
scheinlich schon zum ersten Einreichungstermin fertig
gestellt gewesen. Der Verfasser verfolgt im Interesse der
Wirtschaftlichkeit die Billigkeit und will Stromstrecken mit
günstigem Gefälle ( 1:2000 und weniger) durch Regu
lierungen herrichten. Nach späteren Ergebnissen sollen
regulierte Strecken in kanalisierte umgewandelt werden.
Der Entwurf überläßt einen großen Teil der jetzt schon
zu lösenden Aufgaben der Zukunft, aber wegen einiger
guten Teillösungen wurde der Entwurf zum Ankäufe
empfohlen. ' j ,
Zusammenstellung der Hauptergebnisse:
(in der Zahlenfolge geordnet nach der Reihenfolge der
Preise) Zahl der Schleusen: 16, 15, 15, 14. Zahl der
Wehre: 16, 15, 14. 13. Länge des Schiffahrtsweges in
Kilometer: 160, 156, 158, 158. Hiervon kanalisiert: 153,
156, 140, 126 Kilometer. Hiervon reguliert; 7, 0, 18, 24
Kilometer. Seitenkanäle für die Schiffahrt: 5,0, 17,0, 10,2,
16,7 Kilometer. Zahl der Kraftwerke: 13, 15, 13, 12. Aus-
nenützes Gefälle bei Mittelwasser, a) in Meter; 109, 103,
99, 84: b) in Prozent des Gesamtgefälles: 88, 83, 80 ,68.
Ausgenützte Wassermenge m 3/sec.; a) unterhalb der
Aare: 1000—810. 900. 625—380, —, b) oberhalb der
Aare; 425 -317, 360, 307—210, —.
Welches Interesse die badische Regierung und auch
die Schweiz dem Unternehmen entgegenbringen, erhellt
aus einer Rede, die der Arbeitsminister Rückert-Karlsruhe
gelegentlich der diesjährigen Jahres-Arbeitsausschuß-
Sitzung des Rheinschiffahrtsverbandes in Konstanz hielt.
Der Rhein sei der größte Kraftspender, weshalb die Re
gierung das Projekt immer unterstützen werde. Schon
vor Jahresfrist habe Baden mit der Schweiz Unterhand
lungen aufgenommen zur Förderung des Projektes, und
da habe sich ergeben, daß die Schweiz gleicher Auffassung
von der Notwendigkeit des Projekts war. Fine technische
Kommission beider Staaten hat darauf die Weiterverhand
lungen aufgenommen. Der Minister und mit ihm die ba
dische Regierung hofft, daß die Zeit nicht mehr ferne sei,
wo der Rhein, der Neckar und die Murg ihre Kraft ver
binden werden. Mit dem Arbeitsbeginn am Oberrhein
beginne für Deutschland der Tag des Wiederaufbaues.
Karl Birner.
Das Einspruchsrecht des Hypothekengläubigers gegen
den Abbruch eines Gebäudes auf dem belasteten
Grundstück abgewiesen.
Ein Grundbesitzer hatte sein Hausgrundstück mit dem
darauf betriebenen Geschäft verkauft. In Anrechnung auf
den Kaufpreis wurde für den Verkäufer eine Hypothek
darauf eingetragen, und außerdem lastete auf dem Grund
stück noch eine für den Verkäufer eingetragene Orund-
schuld. — Der Käufer verkaufte nun ein auf dem Grund
stück stehendes altes Brauereigebäude auf Abbruch. Nach
dem mit dem Abbruch begonnen und das Material bereits
teilweise abgefahren worden war, erwirkte der Grund
stücksverkäufer eine einstweilige Verfügung, durch welche
dem Käufer der Abbruch des Gebäudes und das Weg
fahren des Materials verboten wurde.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die einst
weilige Verfügung für unberechtigt erklärt. Von
einer Verschlechterung des Grundstückes im Sinne des
§ 1134 BGB. könne keine Rede sein, wenn der Abbruch
eines Gebäudes sich als eine aus Gründen der baulichen