Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

Siedlungsbauten. 
Die Abbildungen in dieser Nummer stellen die Typen 
häuschen der von Architekt B. D. A. Alfred Kraemer ge 
gründeten und geleiteten Selbstsiedlervereinigung Osterode 
(Ostpr.) dar. 
Der Verfasser sagt darüber: Jede Arbeitsgruppe be 
steht aus ca. 12—15 Mann, wobei jedes Fach der Bau 
handwerker mit ca. 2 Mann vertreten ist. Die Gruppen 
zerfallen in solche, die für sich selbst ihre Häuschen bauen 
und solche, die bereits ein eigenes Heim oder eine eigene 
Wohnung haben, für die aber Arbeit beschafft werden 
soll. Diese letzteren Gruppen kommen dann für die 
jenigen Siedler in Frage, die nicht selbst mitarbeiten 
können, also für Schwerkriegsbeschädigte, Kaufleute, Be 
amte etc. In der Erkenntnis, daß mit den bisher festge 
setzten Ueberteuerungszuschüssen ein Bauen überhaupt 
nicht möglich ist, wird die Organisation, kraft ihrer großen 
Mitgliederzahl, die in Ostpreußen bereits einige Tausend 
beträgt, mit Forderungen an die Regierung und an die 
Gemeinden herantreten, die das Bauen auch ermöglichen 
werden. Das Baugelände wird von der Gemeinde kosten 
los abgegeben, als teilweise Abfindung für den auf sie 
entfallenden Teil des Ueberteuerungszuschusses. Für die 
Ausführung kommt hauptsächlich das zuletzt abgebildete 
Doppelwohnhaus in Frage. Es entspricht im Äußeren den 
alten Oslpreußischen Traditionen, während der Grundriß 
einem besonders für den Osten nötigen Fortschritt ent 
spricht, da die alten Grundriße im Vergleich zu südd. 
Verhältnissen mitunter von äußerst bescheidener Lebens 
führung zeugen. Durch wohlabgewogene Proportionen 
der Mauer- Fenster- und Dachflächen und durch die 
Symmetrie der hauptsächlich als Doppelhäuser zur Aus 
führung gelangenden Gebäude wird trotz aller fast nüchtern 
Doppelwohnhaus. 
Architekt B. D. A. Alfred Kraemer, Ulm a. D. und 
Osterode, Ostpr, 
erscheinenden Einfachheit eine ästhetische Befriedigung 
erzielt. Im Frühjahr 1921 sollen in Osterode ca. 50—60 
dieser Häuschen gebaut werden. 
Höchsfmieten und Arbeitslosigkeit im Baugewerbe. 
Die Reichsarbeitsgemeinschaft für das Baugewerbe 
sieht sich veranlaßt, die Oeffentlichkeit auf die trostlose 
Lage des Baugewerbes hinzuweisen. In einer am 6. Okt. 
1920 gefaßten Entschließung wird ausgeführt: Die Ar 
beitslosigkeit der Bauarbeiter hat einen bedenklich hohen 
Grad erreicht und wird, wenn nichts geschieht, in diesem 
Winterhalbjahr zu einem noch nicht dagewesenen Um 
fange anwachsen. Viele Baugeschäfte haben, weil jeg 
licher Auftrag fehlt, ihren Betrieb schließen müssen. In 
Mitleidenschaft sind alle Baunebengewerbe, wie das Dach 
decker-, Maler-, Klempner-, Schlosser-, Installateur- und 
Bautischlergewerbe gezogen, ebenso die Baustoffindustrie. 
Da bei der traurigen Finanzlage des Reichs, der Länder 
und Gemeinden, weder auf behördliche Bauaufträge noch 
auf einigermaßen ins Gewicht fallende Zuschüsse zu pri 
vaten und gemeinnützigen Neubauten zu rechnen ist, und 
letztere daher nur in ganz geringem Umfange ausgeführt 
werden können, sollen wenigstens nach Möglichkeit die 
Hindernisse beseitigt werden, die der Ausführung der 
meist dringend notwendigen Instandsetzungsarbeiten in 
den städtischen Wohnhäusern entgegenstehen. Viele 
Tausende arbeitswillige Bauarbeiter könnten dann loh 
nende Beschäftigung finden, sie würden der Erwerbs 
losenfürsorge nicht zur Last fallen. Das Haupthindernis 
erblickt die Reichsarbeitsgemeinschaft für das Baugewerbe 
in der Notlage des städtischen Hausbesitzes, dem infolge 
der im Vergleich zu den aufgebürdeten Lasten vielfach zu 
niedrig gehaltenen Höchstmietefestsetzungen die Mittel 
zu Instandsetzungsarbeiten fehlen. So berechtigt bei dem 
herrschenden Wohnungsmangel z. Zt. noch ein Schutz 
der Mieter \or unangemessen hohen Mieten ist, so dürfen 
doch Mieten nicht als zu hoch beanstandet werden, die 
auch die \olle Deckung der Aufwendung für bauliche
	        
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