Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

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BAUZEITUNG 
Nr. 5/6 
stellen sind. Aus ihnen erwachsen für den Verband der 
Technischen Vereine, für die I echnikerkammern in den 
Bundesstaaten und im Reich ihre vornehmsten Aufgaben. 
Ein neues Staats* und Wirtschaftsgebäude wird dann 
durch die erhöhte Mitarbeit des Technikers in seiner neuen 
Eigenschaft entstehen, in dem Freiheit, Gerechtigkeit und 
sozialer Klassenausgleich eine Heimstättte finden, jeder 
sein Arbeitsfeld — gegen unbillige Unterdrückung und 
Uebervorteilung geschützt — sich selbst einrichten kann. 
Die Erfüllung dieser Gesichtspunkte wird die erfor^ 
derliche Neuorientierung des Technikerstandes, der neuen 
Zeit entsprechend, mit sich bringen. Neues Leben 
wird aus den Ruinen erblühen! 
Die Sozialisierung im Baugewerbe. 
Die vom Rat der Volksbeauftragten eingesetzte Sozia 
lisierungskommission übt eine Tätigkeit aus, die von allen 
interessierten Kreisen auf das Tiefste bedauert werden 
muß. Sie berät über Maßnahmen, die von einschneiden 
der Bedeutung für unser Wirtschaftsleben sind, ohne daß 
sie die berufenen Vertreter der betreffenden Wirtschafts 
zweige hinzuzieht, und schaltet sie in der Weise aus, daß 
sie erst aus den Zeitungen ersehen, welcher Art ihre Be 
ratungen gewesen sind. So hat kürzlich, wie W.T.B. 
unterm 26. Januar 1 Ql9 meldet, eine Beratung über die 
Kommunalisierung des Bau- und Wohnungsproblems 
stattgefunden, die zu wichtigen Vorlagen an die Reichs 
regierung geführt hat. Die Vertreter des Baugewerbes 
sind hierbei nicht gehört worden. Das Baugewerbe hat 
durch seinen Fachausschuß, in dem die Arbeiter- und 
Unternehmerverbände des Baugewerbes paritätische ver 
treten sind, in einer Eingabe gegen diese Arbeitsmethode 
der Sozialisierungskommission auf das schärfste Wider 
spruch erhoben und gefordert, an den Beratungen der 
Sozialisierungskommisson in maßgebender Weise beteiligt 
zu werden. 
Sozialisierung von Betrieben. 
Im Verband technischer Vereine hat sich zu 
dieser Frage Dr. Fritz Elsas im großen und ganzen da 
hin ausgesprochen: Jedenfalls müssen wir die Frage der 
Sozialisierung unter dem Gesichtswinkel betrachten, daß 
wir heute und in den kommenden Jahren, so bitter es 
auch klingen mag, wirtschaftlich unter Fremdherrschaft 
stehen werden. Der Kern des Problems ist nun die 
Frage: Wie können wir den Gesamtertrag unserer Volks 
wirtschaft möglichst steigern? Und damit kommen wir 
sofort zu dem Ergebnis, daß die heute vielfach gehörte 
Forderung: die Bergwerke den Bergarbeitern, die Straßen 
bahn den Straßenbahnern usw. keine Sozialisierung und 
noch weniger eine Vergesellschaftung bedeutet, sondern 
lediglich eine Verschiebung des uralten Problems der 
Verteilung des Arbeitsertrags zwischen Unternehmer und 
Arbeiter. Sozialisierung ist und kann nur sein, wenn 
die Leitung und Wirtschaftsführung erfolgt einzig und 
allein für die Gesellschaft und unter deren Mitwirkung. 
Welche Wege zur Erreichung dieses Ziels im 
einzelnen eingeschlagen werden müssen, richtet sich nach 
Art, Form und Größe des Betriebs. Es kann sich auch 
nicht darum handeln, daß man alle Zweige des Wirtschafts 
lebens sozialisiert, sondern daß der Staat unter irgend 
einer neuen Rechtsform an dem Ertrag der Wirtschafts- 
Unternehmungen teilnimmt. Dieser Weg empfiehlt sich u. a. 
schon auch aus dem Grunde, weil im Hinblick auf die 
Waffenstillstands- und kommenden Friedensbedingimgen 
wir gar keinen Grund haben, den Staatsbesitz zu 
vermehren. An der Erörterung nahmen u. a. teil Gewerk 
schaftsekretär Eggert, dem Bürgermeister Sigloch darin 
zustimmte, daß die Angestellten, die Betriebsbeamten usw. 
gemeinsam mit den Arbeitern an die Lösung des Soziali 
sierungsproblems herangehen sollen. Als Bedingungen 
und Voraussetzungen für die Sozialisierung sei aber zu 
verlangen: 1. Bessere Lebensbedingungen für die in den 
betr. Betrieben beschäftigten Angestellten und Arbeiter; 
2. die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit dem Ausland 
gegenüber; 3. höhere Erträge für den Staat; 4. ein Kapital 
überschuß für den Unternehmer zwecks Um- und Neu 
gestaltung des Betriebs; 5. die Erhaltung der privaten 
Initiative des Einzelnen; 6. eine freie Verwaltung der soziali 
sierten Betriebe und möglichste Unabhänigigkeit derselben 
von den Parlamenten, Stadtvertretungen usw. Nur wenn 
diese Bedingungen erfüllt werden, werde sich etwas 
erreichen lassen, was den Anforderungen der Zeit und 
den Erwartungen der Allgemeinheit entspreche. 
Wettbewerb. 
Böblingen. Die Stadtgemeinde erläßt ein Ausschreiben 
behufs Erlangung von Entwürfen für eine Erweiterung 
des Stadtbauplans. Für Preise steht die Summe von 
M. 10000 zur Verfügung. Preisrichter sind: Oberbau 
rat Schmohl, Stuttgart, Stadtbaurat Muesmann, Stutt 
gart, Professor Elsässer, Stuttgart, Stadtbaumeister 
Eberle, Böblingen, Stadtschultheiß Dingler, Böblingen, 
Gemeinderat Kopp, Böblingen, Bürgerausschußmitglied 
Baisch, Böblingen. Ersatzleute sind: Professor Dr.- 
Ing. Weyrauch, Stuttgart, Professor Schmitthenner, 
Stuttgart. Termin für die Einlieferung ist der 23. April 
1919. Das Weitere aus der Bekanntmachung im Inse 
ratenteil. 
Vereinsmitteilungen. 
Württembergischer Baubeamten-Verein. Am Sonntag 
den 2. März d. J., vormittags 10 Uhr, findet eine Aus 
schußsitzung zur Vorbereitung für die nächste Mitglieder 
versammlung im Vereinszimmer Gesellschaftsbaus Bau 
hütte in Stuttgart statt, wozu die verehrlichen Ausschuß 
mitglieder ebenso herzlich als dringend eingeladen werden. 
Auch sonstige Vereinsmitglieder können dieser Sitzung 
beiwohnen und werden hiermit freundlich eingeladen. 
Württembergischer Baubeamten-Verein. An die Ge- 
bäude-Brandversicherungs-Anstalt ist am 31. Jan. d. J. 
ein Gesuch wegen Berücksichtigung der geprüften Bau 
werkmeister bei Aufstellung von Schätzern und Hilfs 
schätzern abgegangen. — Als Vereinsmitglied wurde 
gemeldet: Wilhelm Schlosser, Bauwerkmeister beim 
Hüttenwerk Wasseralfingen. 
Württ. Kunstverein. Neu ausgestellt: Oelgemälde 
von Ignaz Kaufmann, Anna Peters, Hilde Böklen, Prof. 
Lauxmann, Julius Köhrer, Theodor Walz, Stuttgart, Prof. 
Max Uth, Schöneberg-Berlin, Johanna Gnerich, Konstanz, 
Otto Hofer, Oberndorf, W. Weisser, Ulm. Graphik von 
August Hirsching, Stuttgart, Prof. Bühler, Karlsruhe i. B., 
Walter Romberg, Stuttgart. 
Verschiedenes. 
Kongreß in der Ausstellung „Sparsame Baustoffe“. 
Die unter dem Vorsitze von Geheimrat Dr. Friedrich 
Seeßelberg vom Reichsverbande zur Förderung spar 
samer Bauweise veranstaltete Ausstellung am Zoo ist we 
gen des andauernden, lebhaften Interesses, das sie trotz 
aller Verkehrschwierigkeiten findet, nun noch mit Staats 
subvention bis in den März hinein verlängert worden. 
Am 10. Februar werden von 10 Uhr vormittags an in den 
Räumen dieser Ausstellung unter dem Vorsitze des Reichs 
kommissars für die Kohlenverteilung eine Reihe von Vor 
trägen zu dem wichtigen Thema „Die Frage der Kohlen 
ersparnis im Baustoffwesen“ veranstaltet werden. Diese 
Vorträge sollen sich mit denjenigen ergänzen, welche am 
gleichen Tage nachmittags seitens des „Deutschen Woh 
nungsausschusses“ im Hauptsitzungssaale des Abgeord 
netenhauses gehalten werden. M. 
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart. 
Druck: Gustav Stürncr in Waiblingen.
	        
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