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ist nämlich seine Entfernung vom südlichen Strebepfeiler geringer als die vom
nördlichen. Dies erklärt sich dadurch: man hielt den Mittelpfeiler des Portales
in der Kirchenaxe fest und begann mit dein Vau im Großen, der Aufrichtung der
Mauern und Widerlager für die Gewölbe von Süden aus, weil man hier als
genaue Richtlinie die freie, südliche Flucht der Kirche hatte- Nun ist aber jedes
der drei Kreuzgewölbe der Vorhalle für eine äußere Länge von 80 Fuß, das ist
die Kirchrnbreite, auf die sie berechnet mar, um einige Zoll zu weit, und fo schob
sich die Vorhalle etwa um einen Fuß über die Nordstucht der Kirche hinaus; so
mußte, weil der Mittelpfeiler des Portals unverrückbar in der Axe der Kirche
feststand, dieses dem südlichen Strebepfeiler zu nahe kommen und vom nördlichen
gi weit entfernt werden.
Die bauliche Ausführung der Vorhalle ist bewunderungswürdig genau: das
Sandsteinquaderwerk, gleich wie an der Kirche, rin graubrauner feinkörniger
Keuperwerkstein (Schilfsandstein), ist fein zusammengefügt, aller Zierat so sauber
als prächtig ausgeführt; die Gliederungen sind von einer Durchbildung, einer
vollendetell Kraft, die Verhältniße von einer lichtvollen Weite, die Ornamente von
einer Schönheit und Wohlverthcilung, daß mau uilter den so vielen Prachtbauten
des Klosters dieses das reinste und fchöllste von allen nennen muß. Traulich steht
es bei den alten Lindenbäumen, deren grüne Zweige fröhlich hereinschauen durch
die herrlichen Fenster.
Das Herrenrefekkorium.
Als der unmittelbare Uebergang zu diesem Gebäude erscheint die leider ab
gerissene RlosterKüch e, die zwischen beiden Refektorien gelegen, gleichzeitig mit
dem Laienrefeklvrium und schoir im Hinblick auf das Herrenrefektorium errichtet
wurde. Voir ihr aus gieng in beiden Refektorien je eine (jetzt vermauerte) Oeff-
nung zum Hereinbieteir der Speisen. Nur die südliche Wand der Küche, zugleich
dir Umfassungsmauer des Kreuzganges, erhielt sich und wird von geradgestürzier,
mit gewaltiger Oberschwelle bedeckter Thüre durchbrochen. Diese Formen, sowie
die an den Mauern angebrachten Steinmehzeichen, gehen ganz mit denn: des
Laienrefektoriums zusammen. An die Küche stößt nun östlich das Herren
refektorium, das Refektorium der Mönche (vergl. in Viollet le Duc, Dictio-
naire raisonne de l’Architecture franfaise, Band I., die Pläne von Clairvaux
und namentlich von Citeaux, von dem wir weiter unten eine genaue Nachbildung
geben); in Maulbronn selbst heißt es, vom Volk aus „Refectorium“ verändert,
das „Rebenthal". Cs ist wohl noch einige Jahre vor dem Paradiese begonnen,
während die im Uebergangsstil gehaltenen Theile des Krenzgangs jedenfalls nach
diesen beiden Gebäuden vollendet wurden (f. unten). An der Westseite des Herren
refektoriums tritt ein außen rechteckiges Treppenthürmchen hervor und an der Ost-
seite ein rechteckiger Ausbau, auch mit Resten einer Wendeltreppe, die auf einen
gegen den Saal hereingehendeu Austritt, dessen steinere Träger jetzt weggeschlagen
sind, führte; von hier herab geschah die tägliche lectio mensae.