\
3
bei Brückenträgern mit grösseren Spannweiten. Obwohl
hierdurch die Anwendung der Träger mit vollen Wan
dungen auf Brücken mit kleineren Spannweiten
beschränkt wurde, so erforderte doch die ungleich grös
sere Zahl der in Eisenbahn- und Strassenlinien vorkom-
rnenden kleineren eisernen Brücken, zu welchen jene fast
ausschliesslich verwandt wurden, eine desto sorgfältigere
Ausbildung der hierher gehörigen Constructionen mit ho
mogenen und zusammengesetzten Trägern.
2. Die neuesten Constructionen der Brücken
mit geschlossenen Wandungen.
Hatte man bis zu den 50er Jahren die Ergebnisse der
oben erwähnten Hodgkinson'scheu Versuche als mass
gebend für die Bildung der Querschnitte gusseiserner und
walzeiserner Träger angesehen, so war hierdurch die
zweckmässigste Materialvertheilung im Querschnitte zwar
angebahnt, aber noch nicht erreicht. Erst die theoretischen
Untersuchungen von itebhann*) stellten die Bedingungen
des kleinsten Materialaufwandes bei bestimmten
Anforderungen für verschiedene einfache Querschnittsfor
men fest: Untersuchungen, welchen sich die von Kl ose**)'
über die Bedingungen des grössten Tragvermögens,
sowie über die zweckmässigste Höhe der mit Doppel
flanschen versehenen eisernen Träger anreihten. Diese Un
tersuchungen zeigten, dass die beste Materialausnutzung
bei überall gleicher und zwar der geringsten zu
lässigen Metallstärke erfolgt, welche von den klein
sten bis zu den grössten Trägern erfahrungsgemäß von
1 Cmtr. ( 3 / 8 " pr.) bis zu 2 Cmtr. ( 3 / 4 " pr.) steigt.
Da es, nach allen angestellten Versuchen, gestattet
ist, innerhalb der Elasticitätsgrenzen, bis zu welchen das
Material von Brücken - Constructionen nie angestrengt
werden darf, die Druckfestigkeit des Walzeisens
seiner Zugfestigkeit gleich, also p—s zu setzen,
so ergeben sich für die I-förmigen Querschnitte massiv ge
walzter Träger gleiche Flanschen stärken und da
sich ferner zeigte, dass die zweckmässigste Höhe des Trä
gers sich wenig ändert, mag die Dicke jeder Flansche der
einfachen Blechstärke gleich oder diese aus mehreren La
mellen zusammengesetzt sein, wobei übrigens jede Ver
stärkung der Flansche auf Kosten ihrer Breite erfolgt, so
ergeben sich die Oonstructionsregeln:
1) bei Trägern mit kleineren Spannweiten die Dicke
der Flanschen der einfachen Blechstärke gleich
zu nehmen;
2) bei Trägern mit grösseren Spannweiten, also zu
nehmenden Flanschenbreiten, unter -Beibehalt des
Flanschquerschnittes, dessen Breite zur Ver
meidung von Verbiegungen nach Bedarf zu ver
ringern und dessen Dicke entsprechend und
zwar derart zu vergrössern, dass dieser Zusatz,
die Höhe des Trägers um gleichviel vermehrt.
Bezeichnet unter den genannten Umständen und bei
unbeschränkter Constructionshöhe <5 die überall gleiche, ge
ringste zulässige Blechdicke, .s die grösste zulässige Span
nung der Flächeneinheit, so ergibt sich die zweckmässigste
Höhe des Trägers
für einen gegebenen Inhalt f seines Querschnittes
h ~ 1/2 [L + <) )'
und für ein gegebenes Angriffsmoment
2) h=-2d + Xf
' sd
während die Flanschbreite
3)
t)
*) Vgl. dessen Theorie der Holz- und Eisenconrstructionen.
Wien 1856.
**) Vgl. dessen Theorie der eisernen Träger mit Doppelflan
schen. Hannover 1802.
und das grösste Widerstandsmoment
4) AMmax = S ~ (h — 2ff) 2
O
|
beträgt.
Auch für zusammengesetzte, aus Blechplatten und
Winkeleisen bestehende Träger, deren Querschnittsinhalt
bekannt ist und, nach Abzug der Winkeleisen, /' 1 beträgt,
wurde, unter Beibehaltung der früheren Bezeichnungen,
annähernd
Ä = 8/2 (i + <J )
und für ein gegebenes Angriffsmoment, wenn b die Schen
kelbreite der Winkeleisen mit der Schenkelstärke ä be
zeichnet,
6) ■ • h=-6b + 5ff-|-1/3 + 4 8 j2
' so
als günstigste Trägerhöhe gefunden.
Die praktische Verwerthung dieser und anderer theo
retischer Resultate, sowie die fortgesetzten Erfahrungen bei
der Fabrikation und Anwendung der vollen Balkenträger
förderten die Construction der aus ihnen herzustellenden
Brücken. Statt der, noch in den 50er Jahren angewandten,
eingeleisigen Blechbrücken mit je 3, zwischen und ausser
halb der Geleisestränge liegenden, gleichen Trägern oder
mit je zwei, unter den Fahrschienen liegenden Haupt- und
je zwei, die Bankette unterstützenden Seitenträgern wurden
in der Folge nur noch zwei Hauptträger zur di-
recten oder nahezu directen Unterstützung des Geleises
verwendet. Diese belegte man, statt der Bohlen, mit langen,
starken und dicht liegenden Querschwellen, welche zugleich
die Bankette bilden und, selbst in dem Falle einer Ent
gleisung, das Durchbrechen des Zuges verhindern oder ver
sah sie bei beschränkter Constructionshöhe entweder nur
mit mehreren, die Fahrschienen direct oder mittels Lang-
scliwellen aufnehmenden Querträgern oder, nach Art der
Gitter- und Fachwerkbrücken, mit Quer- und Schwellen
trägern und mit aussen angenieteten Consolen zur Unter
stützung der Bankettbohlen. Insbesondere wurden und
werden bei Spannweiten von 1 bis 5 Mtr. gewalzte mas
sive Balken, ohne oder mit besonderen, aufgenieteten
Gurtungsplatten und zwar bei freier Constructionshöhe
deren zwei, bei beschränkter Constructionshöhe deren
vier als Zwillingsträger, mit zwischenliegender Fahrschiene,
auf je 30 bis 40 Cmtr. Entfernung combinirt, angewendet.
Bei Spannweiten von 5 bis 10 Mtr., für welche sich,
nach den gegenwärtigen Leistungen der Walzwerke, Massiv-
balken von hinreichender Stärke mit Vortheil nicht mehr
auswalzen lassen, werden, wegen der Vortheile einfacherer
und besserer Herstellung, leichterer Controle und Unter
haltung und unbeschränkter Vertüeilung von Aussteifungen
und Querträgern die Blechbrücken den Gitter- und
Fachwerkbrücken vorgezogen, bei Spannweiten über 10
Mtr. dagegen, wegen des Vortheils einer billigeren Her
stellung steifer Verticalwandungen, diese und zwar vor
zugsweise die letzteren gewählt.
Bei Zwischenconstructionen geschlossener und
gegliederter Brückenträger finden zu Schwellenträgern
gewöhnlich Blechbalken, seltener massive oder Fachwerks
balken, zu Querträgern am zweckmässigsten die Blech
balken, ohne oder mit Unterbrechung durch Fachwerk
zwischen den Schwellenträgern, Anwendung*). Die Detail
bildung erstrebt die Gegenwart, unter Ausschluss des Guss
eisens von allen, einer Erschütterung ausgesetzten Con-
structionstheilen, durch Anwendung der solidesten, billig
sten und am leichtesten ausführbaren Construction unter
Verwendung der gangbarsten Walzeisensorten und zweck
mässigsten mechanischen Apparate.
So erhalten, um zumal den höheren Trägern die
nöthige Stabilität zu geben, deren Enden, statt der früher
nicht selten angebrachten, gusseisernen Seitenhaltungen und
*) Vgl. Referat des Kgl. Preuss. Handelsministeriums. Organ
f. d. Fortschritte des Eisenbahnwesens. 1. Snpplementbd. Wies
baden 1866. S. 78 fl'.