Eiserne Bogenbrücken.
I. Technische Entwickelung.
1. Die älteren Constructionen.
Die ersten eisernen Bogen brücken wurden in Eng
land erbaut und bestanden aus Gusseisen. So besass
die i. J. 1773—79 von den englischen Hüttenmeistern
Wilkinson und Darley nach eigenem Entwurf erbaute
gusseiserne Brücke über die Saverne zu Coalbrook-
dale*) eineOeffnung von 30,62 m Spannweite nebst 12,8m
Pfeilhöhe und eine aus gusseisernen Platten bestehende,
mit Thon- und Kohlenschlacken bedeckte Brückenbahn,
welche durch 5 Träger mit je zwei concentrischen, durch
Radialsprossen mittelst Bolzen verbundenen Bogen unter
stützt war. Je einer derselben bestand aus nur zwei
Stücken, welche im Scheitel zusammengesetzt waren. Bei
Auswahl des besten Gusseisens und Ausführung des Gusses
unter strenger Aufsicht zeigte diese Brücke auch besseren
Bestand als die kurz darauf nach demselben System er
baute Brücke zu Stramford in Worcestershire von
18,7 m Spannweite, welche vermuthlich wegen der schlech
teren Beschaffenheit des Gusseisens schon bei der Aus
rüstung zusammenbrach. Die zweite eiserne Brücke von
Dauer, welche ein Hängsprengwerk mit bogenförmigen
Stirnrippen bildete, baute Telford i. J. 1795 über die
Saverne zu Buildwas unweit Coalbrookdale mit 89,65m
Spannweite und 8,23 m Pfeilhöhe. Die i. J. 1794 von
Graf Burghaus über das Strigauer Wasser zu Laasan
in Niederschlesien erbaute Brücke von 13 m Spannweite und
nahe 2,9 m Pfeilhöhe, besitzt 5 gusseiserne Tragrippen mit
je 3 unconcentrisclien, durch Radialsprossen unter sich ver
bundenen Bogen, die auf einer gleichfalls gusseisernen Grund
platte ruhen. Auch die in den Jahren 1822 bis 23 in Berlin
erbaute Friedrichsbrücke und Weidendamm erbrücke
erhielten dieselbe Construction. Den vorgenannten Systemen
verwandt ist dasjenige der i. J. 1803 von Cessart entworfe
nen, von Dillon mit einigen Abänderungen ausgeführten
Louvre-Brücke (pont des arts) über die Seine in Paris
mit 9 Oeffnungen von je 17,34 m Spannweite. Jede Oeff-
nung enthält nur 5 Tragrippen, wovon jede eine Curve von
18,51 m Spannweite bei 3,25 m Pfeilhöhe bildet und aus
nur zwei Stücken besteht, die sich im Scheitel gegen eine
gemeinsame Schlussplatte, an den Kämpfern gegen guss
eiserne, in die Pfeiler eingelassene Sattelstücke stemmen.
Schwächere, theils bogenförmige, theils gerade Stücke
dienen zur Aussteifung der Bogenzwickel und gusseiserne
Querverbindungen vereinigen die Rippen je einer Oeffnung
unter sich. Die Brückenbahn ruht auf Unterlagen von
Eichenholz und diese mittelst eiserner Stützen auf den
Tragrippen.
Die Schwierigkeit, grosse Bogenstücke fehlerfrei zu
giessen, batte bereits i. J. 1794 den Engländer Payne zu
dem Versuche veranlasst, aus kleinen gusseisernen Rahmen
bestehende, durchbrochene Wölbstücke zu einer Art Gewölbe
zusammenzusetzen: ein System, in welchem Rowland Bur-
don, nach den Plänen des Ingenieur Wilson, in den Jahren
1793—96 über den Wear zu Wearm outh bei Sunderland
eine gusseiserne Brücke mit einem Bogen von 71,91 m
*) Die Abbildung, Beschreibung und Literatur dieser, sowie
der meisten, nachstehend erwähnten Brücken s. Heinzerling,
Die Brücken in Eisen, Lpzg. 1870.
Spannweite und 10,36 m Pfeilhöhe ausführen liess. Die
Wölbstücke dieser kühnen Brücke sind durch schmied
eiserne Stangen zu je einer Tragrippe vereinigt, während
letztere — 6 an der Zahl — durch gusseiserne Röhren
verbunden sind und im Scheitel direct, über den Bogen
schenkeln mittelst kreisförmiger, gusseiserner Füllungen
die aus Holz construirte, mit einer Gement- und Kieslage
bedeckte Fahrbahn aufnehmen. Die Brücke hielt sich mit
Ausnahme der durch ungenaue Ausführung veranlassten
Ausweichung einiger Tragrippen aus der Vertikalebene
gut: ein Fehler, welchen Wilson i. J. 1802 beim Bau einer
ähnlichen Brücke über die Themse zu Stains mit 54,85 m
Spannweite und 4,88 m Pfeilhöhe verbesserte. Nach ähn
lichem Princip erbaute Lamand e in den Jahren 1800 bis
1806 über die Seine in Paris die gusseiserne Brücke
von Austerlitz mit 5 Oeffnungen und je 5 Bogenrippen
von je 32,36 m Spannweite und 3,236 m Pfeilhöhe. Die
aus je 3 concentrischen — durch je 5 Radialsprossen ver
bundenen — Kreissegmenten bestehenden Wölbstücke wurden
durch Bolzen und Bänder verbunden, während die Trag
rippen selbst an deren Stossfugen durch gusseiserne Quer
stücke gegenseitig verankert sind. Dreieckige vertikale,
ebenfalls durchbrochene Platten, welche auf wagrechten,
mit dem Mauerwerk verankerten Unterlagplatten ruhen,
bilden die Bogenkämpfer und sind mit den anliegenden
Wölbstücken durch Bolzen und Bänder verbunden.
Schon i. J. 1797 hatte Jean Nash zu London ein
Patent auf ein neues Constructionssystem gusseiserner Bo
genbrücken genommen, wonach jede Bogenrippe aus grös
seren Gussplatten mittelst Flanschen und Bolzen
zusammengesetzt werden sollte. Nachdem zwei kleine
Brücken über einen der Kanäle von St. Petersburg hier
nach ausgeführt waren, w r andte es Ren nie im J. 1814—
1819 bei dem Bau der Southwarkbrücke über die
Themse zu London mit 72,96 m Spannweite und 7,29 m
Pfeilhöhe der Mittelöffnung, je 63,84 m Spannweite und
6,38 m Pfeilhöhe der beiden Seitenöffnungen an. Jede der 8
Bogenrippen einer Oeffnung stützt sich mit ihren Enden
auf eine gusseiserne Kämpferplatte und besteht aus 13 Seg
mentplatten, zwischen welchen je eine gusseiserne Querver
bindungsplatte auf die Breite der ganzen Brücke durch
geht und so zur Vereinigung sämmtlicher Rippen je einer
Oeffnung dient. Die Bogenschenkel sind mit durchbro
chenen, aus Diagonalstreben bestehenden, auf die Bogen
stücke geschraubten Gussplatten ausgefüllt, welche die zur
Unterstützung des mit Steinen gepflasterten Fahrweges
und der steinernen Trottoirs dienenden Gussplatten auf
nehmen. In ähnlicher Weise ist auch die i. J. 1822 be
gonnene Brücke über die Havel bei Potsdam mit 8
Oeffnungen von je 18,72 m Spannweite und 1,56 m Pfeil
höhe construirt, deren je 7 zur Unterstützung der 9,36 m
breiten Brückenbahn dienende Tragrippen aus 8 gleich
langen, mit Flanschen versehenen, zusammengeschraubten
Bogenstücken bestehen. Die auf den Steinpfeilern ruhen
den Platten sind mit einer vertikalen gusseisernen Wider-
lagplatte für die Bogen versehen.
Im Jahre 1811 machte Reichenbach den Vorschlag,
zu Bogenbrücken statt der Platten Röhren anzuwenden
und diese durch Flanschen und Bolzen zu verbinden: ein
System, welches bei einer i. J. 1824 erbauten Brücke über
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