Mittheilungen über Ausstellungen und Schulen.
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Mittheilungen über Ausstellungen.
vilfen-Arbeiten nur noch Kunstwerke zeitigen könnte; wenn aber
jar die Meister sich zusammenthäten, um ihrer Hände Werke zu
*Iponiren, so ergäbe sich in natürlicher Steigerung eine Samm—
üng von Stücken, für welche nur noch in den Museen der rechte
Platz zu finden wäre! Oder als zweite Möglichkeit: daß nämlich
zie ausgestellten Arbeiten nur zum Theil Produkte der Lehrlings—
hätigkeit sind! Und in diesem Falle schaden diese Ausstellungen
janz ungeheuer! Nicht allein verschieben sie in ganz unverantwort—
icher Weise den Gesichtspunkt, aus dem das Gewerbe beurtheilt
ein will — denn ein Gewerbe steht wesentlich anders, wenn schon
eine Lehrlinge Mustergültiges, ja, fast Unübertreffliches liefern,
ils wenn die „Herren Jungens“ nur ihren normalen Antheil an
den erfreulichen Leistungen der Gewerbe haben — sondern noch
iefer einschneidende, schlimme Folgen sind das Ergebniß der Lüge,
die da an die Oeffentlichkeit tritt! Einer Lüge, die den Vorgesetzten
nit dem Untergebenen unter einer Decke zeigt, und die also alle
Schranken der Disziplin untergräbt. Im besten Falle wird der
Lehrling schweigen, wird die Ehrenbezeugungen, die auf sein schuld—
oses Haupt herniederschmettern, mit Würde entgegennehmen und
wird uͤber kurz oder lang — selber glauben: er sei ein Hauptkerl!
— Wir haben mit einem Tischlermeister gesprochen, der eben mit
der Besichtigung von zwei Nußbaum-Bettstellen zu Ende gelangt
var. „Das kann auch ein Geselle nicht machen, der erst seit zwei
der drei Jahren losgesprochen wurde!“ — Da liegen auf einem
der Tische links vier von J. Metzer rechtwinklig zusammengefügte
Brettchen, die Wände zu einem Kasten. In vier verschiedenen
Arten sind sie „gezapft“, und keinerlei Ausstattung, keine Politur,
ein Um und Auf irritirt über den Werth dieser wahrhaft ausge—
eichneten Lehrliugsarbeit! So sauber und fein auch die Arbeit
iusgeführt ist und so sehr sie den Kenner wie den Laien befriedigen
nuß, so wenig kommt Cinem doch der leiseste Zweifel darüber,
y»b das der vielleicht 15jährige Metzer leisten koünte, ob nicht.
AInd seine Akkuratesse rühmten Meister mehr, als jene große eichen—
eschnitzte Flügelthür, die auch der talentvollste Lehrling nicht
ertig bringt, wenn ihm nicht sehr tüchtige Gesellen die Haupt—
irbeit abnehmen! — Wir verzichten für heute auf weitere Details,
tiachdem wir im Allgemeinen unseren Standpunkt dahin präzisirt
saben, daß wahrhaftige Lehrlingsarbeiten entschieden zum Heile
der Gewerke an die Oeffentlichkeit treten, daß man aber alle
Täuschungen mit ganz besonderer Strenge fernhalten sollte. Wir
hließen mit einer Episode, der wir selbst beiwohnten, und die
hoch gar nicht charakteristischer zur Bekräftigung dessen, was wir
agten, erfunden werden könnte. Der Minister von Goßler nebst
inigen auderen Ehrengästen will ein Patentsopha besichtigen, das
ils Arbeit des Lehrlings Hugo Wustrow ausgestellt ist. Einige
Hriffe sollen genügen, um das Sopha zu einer breiten Doppel—
»ettstatt umzugestalten. Man ruft den Meister des betr. Lehrlings
nerbei, und der packt das Ding bald vorn, bald hiuten an, aber
mmer so an, daß es noch immer ein Sopha bleibt. Ein zweiter
Meister kommt ihm zu Hilfe, aber — der Zopf, der hängt ihm
sjinten, — das Sopha will sich nicht verwandeln lassen. Schon
rollen die hellen Schweißperlen den beiden Meistern übers Antlitz,
)da beendet Excellenz die seltsame Scene mit einem Schlagworte:
„Ich begreife,“ sagte er, „die Meister können's nicht — das
rönnen nur die Lehrlingel“ (Kl. J.)
Der Bund der Berliner Malermeister hat gleich—
alls am 18. d. Mits. in der Aula der 44. Gemeindeschule, Wilhelm—
traße 117, eine Ausstelluug der Arbeiten seiner Lehrlingsfachschule
eröffnet. Im Vergleich zu der an demselben Tage begonnenen
zroßen Ausstellung von Lehrlingsarbeiten kann diese ja nur als
ine Diminutiv-Ausstellung gelten, aber sie weist bemerkenswerthe
Proben von Talent und Lernbegier auf. Ungefähr 400 Blätter,
»on ca. 530 Schülern der Zeichen- und 20 Schülern der Mal—
lasse gefertigt, sind hier ausgestellt. Arabesken in den verschie—
)ensten Gestalten, mit Blumengewinden oder mythologischen Figuren
Jeziert, Wandmalerei und Stuckarbeiten fesseln durch die vollendete
Form, durch die treffliche Farbenzusammenstellung und lassen in
»em jugendlichen Schöpfer den formgewandten einstigen Meister
rkennen. Auch einige Gehülfenarbeiten sind der Ausstellung bei—
Jefügt, die schon deutlich die Spuren vorgeschrittenen Könnens zur
Zchau tragen. Die hübsche Kollektion verdient die Aufmerksamkeit
iller Fach- und anderer Kreise.
Die zweite Ausstellung von Lehrlings⸗Arbeiten
der Verliner Gewerbe ist am 18. d. Mis. in der Turnhalle
durch einen feierlichen Redeakt eröffnet worden. Einem geladenen,
nus mehreren hundert Personen bestehenden Publikum legte der
Sbmann des ausführenden Komités, Stadtrath Dr. Eberty, ge—
vissermaßen Rechenschaft ab über Grund und Befugniß der Aus⸗
tellung. Es sind in dieser Hinsicht neue Gesichtspunkte auch in
der sonst tüchtigen Rede nicht zu Tage gefördert worden. Das
Zomité ist der Beinung, daß Veranstaltungen, wie diese, auf den
Heister wie den Lehrling den wohlthätigsten Einfluß üben werden.
Den Ersteren spornen sie an, es in der gewerblichen Erziehung
der ihm anvertrauten Knaben den Berufsgenossen zuvorzuthun;
dem Lehrling aber biete die Ausstellung mit ihren Anerkennungen
und Auszeichnungen eine erste Etappe auf dem Entwicklungswege
— ein Hiel, das, einmal erreicht, den Strebsamen weitertreiben
und den Lässigen eifrig machen müsse. Endlich aber gäbe jede
olche Ausstellung dem Publikum ein Bild vom Stande der Ge—
verbethätigkeit. — Gegen diese prinzipielle Rechtfertigung einer
Ausstellung von Lehrlings-Arbeiten läßt sich nicht wohl etwas
ꝛeinwenden“ Preis und Ruhm sind glücklicherweise noch immer
von belebender Wirkung, und was auf Erden Großes und Schönes
geschaffen, ist doch am Ende stets nur aus dem ehrgeizigen Streben
jer Menschen hervorgegangen, mehr, Besseres zu leisten, als ein
Anderer. Ob aber die hier in Rede stehende Ausführung des ge—
unden Gedankens die rechte ist, ob nicht vielmehr die Schatten—
eiten dieser Schaustellung viel beträchtlicher sind, als der thatsüch—
sich erreichhare Nutzen — das zu beantworten, wird nicht möglich
ein, ehe man nicht einen Blick in die reichen und vor Allem höchst
jeschmackvollen Arrangements geworfen hat. — Zuvor wollen wir
rwähnen, daß sich unter den Ehrengästen der Ausstellung hervor—
ragende Persönlichkeiten befanden. Vor der am Südende der Halle
inter flaggengeschmücktem Baldachin errichteten Rednertribüne
tanden Sessel, und auf denselben uahmen Platz der Kultusminister
o. Goßler, Oberbürgermeister v. Forckenbeck, Stadtschulrath Bertram,
Stadtrath Dr. Stort, Ehrenbürger Kochhann, Professor Reuleanx,
Projessor Lürssen von der Bau-Akademie und Andere. Es haben
diesmal nur etwa 600 Lehrlinge ausgestellt, gegen mehr als M0,
die sich an der ersten Exposition betheiligt hatten. Von Seiten
des Komités wird diese geringere Betheiligung darauf zurückgeführt,
dasz man zunächst strenger bei der Aufnahme von Arbeiten zu
Werke gegangen sei; ferner aber wird die schärfere Kontrole dar—
iber, daß die Objekte anch thatsächlich aus den Händen der be—
reffenden Lehrlinge hervorgegangen seien, als Grund der ver—
minderten Anmeldungsziffer angesehen. Die Vertheilung der
einzelnen Gruppen ist so erfolgt, daß das Licht möglichst vortheil—
haft zur Gelturg kommt. Rechts vom Eingang sind zunächst die
Arbeiten der Ssuhlarbeiter, der Tapezierer und der Bekleidungs—
ndustrien zur Ausstellung gelangt. M0 Lehrlinge haben hier ihre
Arbeiten zur Schau gebracht. Ihnen gegenüber finden wir die
Arbeiten jener 75 Lehrlinge, die den Gewerken der Möbeltischler,
Holzdrechsler, Holzbildhauer, Elfjenbeinschnizer und Korbmacher
ingehören. In der Mitte der Halle sind auf der einen Seite
Leder- und Buchbinder-Arbeiten und Kurzwaaren, sowie die Ar—
»eiten der Maurer und anderer Baugewerbtreibende,
auf der anderen Seite wissenschaftliche Instrumente und Arbeiten
in unedlen Metallen ausgestellt. Diesen letzteren schließen sich
dann die Arbeiten in edlen Metallen an und endlich sind an der
zegenüberliegenden Ostwand, zunächst der Rednertribüne, die Ar—
eiten der Buchdrucker, Lithographen, Photographen, Graveure,
HMusterzeichner und Maler untergebracht. Etiketts, die den Arbeiten
angeheftet, geben Aufschluß über Lehrmeister, Lehrzeit, etwaige
chedretische Fachbildung, sowie über den Namen des Äüusstellenden.
— Was nun die Einzelarbeiten betrifft, so empfängt Jeder, der
ohne Vorkenntniß den Saal betritt, den Eindruck, vor fertigen, in
hrer Art mehr oder weniger vollendeten Stücken zu stehen? Wer
»ermöchte in dem von Bernh, Becker ausgestellten Kandelaber, in
»em Tafel-Aufsatz, den Alfr. Burmeister geliefert, in dem Trink—
zefäß von Otto Schultze Lehrlingsarbeiten zu erkennen? Eine
Kassette Gefertigt von M. Krohn) einige Uhrgehäuse aus Edel—
metall von Jul. Bruhn, ein Schreibzeug von Fritz Donath, ein
aus Kupferblech hergestelltes Uhrgehäuse von dem Klempnerlehrling
M. O. Heinrich, ein Patentsopha von Hugo Wustrow das
Alles und noch vieles, vieles Andere sind Arbeiten, die jeder
Werkstatt zur Ehre gereichen würden, auch wenn sie statt des Lehr—
lings, der — Altgeselle hergestellt hätte. Diese Vortrefflichkeit der
inzelnen Objekte ist der wunde Punkt der ganzen Ausstellung
Es giebt nur zwei Möglichkeiten: entweder die ausgestellten Stücke
d ihatsachlich und Nichts anderes als Lehrlings Arbeiten, und
ann unterliegt es keinem Zweifel, daß eine Ausstellung von Ge—
Mittheilungen über Schulen.
Die am Sonnabend, den 17. d. M., von dem Großherzogl.
Sächs. Staatskommissar abgehaltene Abiturienten-Prüfung
an der Bauschule Sulza wurde erfreulicher Weise von allen
bestanden.
Die Tags darauf stattgefundene öffentliche Ausstellung der
Schularbeiten war, wie nie zuvor, zahlreich besucht. Zirka 400