Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

kiniges über amerikanischen Villenbau in Holz. 
Einiges über amerikanischen Villenbau 
in Holz. 
Hierzu 6 Fig.) 
Der Holzbau wird in den Vereinigten Staaten von Nord— 
amerika in solchem Umfange betrieben, daß er eine ganz charakteri— 
stische Form angenommen hat und wohl mit Recht als eine echt 
amerikanische Bauweise bezeichnet werden kann: er bietet viel 
Interessantes und Nachahmenswerthes. 
Diese Bauweise weicht ganz bedeutend von der der Schweizer— 
häuser oder der norwegischen Bauten dieser Art ab und kann auch 
kaum damit verglichen werden, da diese Gebäude Blockhäuser im 
eigentlichen Sinne, jene ringsum mit Brettern verkleidete Fachwerks— 
zauten sind; sie tragen somit nicht grade den eigentlichen stylisti— 
schen Charakter der Holzhäuser und stehen in Bezug auf die kon— 
struktionelle Eigenart solcher Häuser auf tieferer Stufe, obwohl 
zroßartige Anlagen darin zur Ausführung kommen, wie Kirchen, 
Höôtels, Villen ꝛc. in der elcaantesten ünd kostspieliasten Aus— 
stattung. 
Der Hauptgrund für die große Verbreitung des Holzbaues 
in den Vereinigten Staaten dürfte in dem Reichthum des Landes 
an Holz seinen Hauptgrund finden; aber nicht weniger in der 
raschen, geringere Arbeit erfordernden Herstellungsweise des Holz— 
Jjauses, die ein sofortiges Beziehen, also möglichst schnelle Ver— 
zinsung des darin angelegten Kapitals ermöglicht, begründet sein, 
da es in Amerika meist mehr auf eine schnelle Verzinsung, als 
iange Dauer der Häuser ankommt. 
Ein Belag für die Ausdehnung des Holzbaues in den Ver— 
einigten Staaten dürfte der Umstand sein, daß große Unternehmer 
und Gesellschaften bestehen, welche schablonen- und fabrikmäßig 
solche Holzhäuser (Villen) mit ganzer Einrichtung fix und fertig 
zugeschnitten herstellen, per Eisenbahn verschicken und an irgend 
welchem Orte zur Aufstellung bringen. 
Auch für das Forttrausportiren von Häusern nach einem 
anderen Platze, wie es in Amerika hänfig geschieht, bietet der Holz⸗ 
»au große Vortheile, da diese Häuser sich leicht im Ganzen versetzen 
assen, mit vollständigem Indentar und selbst den Insassen. So 
sah Einsender dieses in San Francisco 3 solche 2stöckige Holzhäuser, 
die, von ihrem Fundament abgehoben, auf Walzen gestellt und 
mit Ketten verbunden, durch die Straße nach einer anderen Stellse 
fortbewegt wurden. 
Der Holzbau beschränkt sich trotz der Feuergefährlichkeit nicht 
uur auf das Land, wo die Villen einzeln in Parks stehen, sondern 
pielt auch im Städtebau, zumal im Westen, eine große Rolle, wo 
neist nur die Geschäftsviertel in den größten Städten aus Stein 
dder Eisen gebaut sind. Selbst großartige Hôtels, die 100,000 von 
Dollars kosten und deren innere Einrichtung wenigstens denselben 
Werth repräsentirt, finden sich sehr viel in Holz ausgeführt. 
Ehe wir zur speziellen Konstruktion der Holzhäuser übergehen, 
assen wir einiges Allgemeine über den Villenbau — Villa unter 
dem Begriff Landhaus oder freistehendes Wohnhaus in der Stadt 
hon nicht mehr als Varterre und einem Stock hoch — voraus— 
gehen. 
Die amerikanische Villa unterscheidet sich in ihrer Anlage 
im Allgemeinen durch den Hauptumstand von unserer deutschen, 
daß das behagliche Familienleben sich vollständig von der Wirth— 
schaft trennt und somit auch eine räumliche Trennung der Familien— 
räume als abgeschlossenes Ganze von den Wirthschafts- und 
Domestiken-Räumen stattfindet. Dieser Gesichtspunkt verweist die 
Wirthschaftsräume in einen besonderen Theil des Hauses, oder 
einen Anbau, in selteneren Fällen in das Souterrain, doch nur 
venn dasselbe ein hohes, helles und gesundes ist. Somit bleibt 
die ganze eigentliche Etage, das Treppenhaus eingerechnet, für den 
ireien Verkehr der Familie und ist demnach auch eingerichtet. 
Die sämmtlichen um das Treppenhaus, die Halle, als eigent— 
ichen Mittelpunkt des Verkehrs liegenden Räume sind meist durch 
offene Thüren, bei denen die Thürflügel hänfig ausgenommen und 
urch Portieren ersetzt sind, mit denselben verbunden. Die Ein— 
richtung der Halle ist ganz die eines Gesellschaftsraumes, mit 
Möbeln und Teppichen dekorirt, und trägt ungemein zur Behag— 
ichkeit des Lebens bei, da die Kommnnikation zwischen den 
Zimmern nicht durch einen ungeheizten, unwohnlichen Raum ver— 
mittelt wird, und erhöht den gemüthlichen Eindruck des amerikani— 
chen Home beim ersten Eintritt in das Haus durch die reizvolle 
Perspektive in die geöffneten Thüren der an die Halle stoßenden 
Räume. Durch diese Anordnung wird eine einheitliche Heizung, 
Zentralheizung, die durch Kamine unterstützt wird, bedingt, dazu 
ommt vollständige Ausmöblirung und Teppichbelag durch sämmt— 
liche Räume, Halle und Treppe eingerechnet. 
Die angenehme gleichmäßige Wärme durch alle Räume er— 
höht die Behäalichkeit nicht unwesentlich und ist der Gesundheit 
230 
ehr zuträglich, zumal sie eine so leicht eintretende Erkältung bei 
der Kommunikation zwischen heißen Zimmern über einen kalten 
Vorplatz vollständig ausschließt. 
Der Amerikaner bei seiner Vorliebe für solide Behaglichkeit 
Jat keine eigentlichen Prachtsalons, die nur für größere gesellschaft— 
iche Vereinigungen dem Verkehr geöffnet werden und sonst sorg— 
ältig geschlossen bleiben; sondern die ganze Flucht von mäßig 
zroßen Räumen steht dem allgemeinen gesellschaftlichen Verkehr 
»ffen. Selbst das Waterkloset, welches meist mit elegantem Bad 
und Waschvorrichtung zu einem wohnlichen Toilettenzimmer her— 
gerichtet, stößt zur Allgemeinbenutzung meist an die Bibliothek an. 
Unm Alles, was die Wohnlichkeit stören könnte, zu vermeiden, 
vie aufgehängte Paletots, Hüte ꝛe. und um doch diese Sachen nahe 
hei der Hand, zu haben, sind Wandschränke aus feinem Holz mit 
leichem Beschlag in der Halle angeotdnet, die in der Täfelung 
— zeigen. 
In der oberen Etage sind die Schlaf- und Morgenzimmer 
der Familieuglieder, Fremdenzimmer ꝛc. Nach den Raͤumen fuͤr 
die Domestiken, die über den Wirthschaftsräumen liegen, führt 
iue besondere Treppe ohne Zusammenhang mit der übrigen 
Etage. 
Diese allgemeinen Gesichtspunkte für den Villenbau gelten 
iatürlich auch für den Holzbau im Besonderen. 
Das Aeußere der Villa ist in den meisten Fällen aus ein— 
acher Grundrißentwicklung hervorgehend, doch reich gruppirt in 
Thürme, Erker und reiche Dachzerlegung endigend. Im Parterre 
ind häufig Erker vorgelegt, ein flaches Dach oder Balkons tragend, 
ind geben dieselben im Innern des Hauses durch die nöihige 
Holzkonstruktion sehr reizvolle Effekte ab. Eine leichte Veranda 
nit meist sehr phantastischen Architekturformen läuft fast um jedes 
Zolzhaus um, oder ist bei Straßenhäusern wenigstens an der Frout 
ingebracht und erhebt sich wenige Stufen über dem Terrain. Die 
Beranda entzieht den dahinterliegenden Zimmern nur wenig Licht, 
da die Fenster derselben bis auf den Fußboden herabreichen. Der 
Zaupteingang ist stets mit einem Vorbau oder Veranda versehen, 
der hintere Eingang für das Wirthschaftspersonal ebenfalls. 
leußerlich sind die Häuser mit horizontalen Dielen bekleidet, die, 
ber einander greifend, den Ablauf des Wassers erleichtern oder mit 
hdolzschindeln, die genau über einander gepaßt sind. Der Anstrich 
— 0 
leidungen an den Hausecken; bei Holzschindeln in farbigen 
Streifen oder Mustern eingedeckt, wodurch recht reizvolle Flächen— 
oder Bandeffekte erzielt werden. Die reiche Gruppirung und das 
überhängende Dach oder ausladende Gesims sorat für Schatten— 
virkung. 
Die Konstruktion dieser Holzhäuser folgt im Allgemeinen der 
her Fachwerksbauten. Die Fundamente der Umfassungswände sind 
neist aus lagerhaften Bruchsteinen roh aufgeführt und äußerlich 
iber der Erde mit Schaalung auf Latten verkleidet; die Scheide— 
vände des Souterrains sind wie die der anderen Etagen und 
verden dort beschrieben. Auf diesem Fundament erheben sich die 
Amfassungswände des Parterregeschosses, ähnlich wie Fachwerks— 
vände konstruirt, aus Rahmhölzern und Ständern mit aufgekämmten 
Balkenlagen, die jedoch aus hoͤheren, schmaleren Hölzern, wie sie 
päter beschrieben werden, bestehen. Außen, auf das so aufgestellte 
Herüst und innen werden geringe Schaallatten in Abständen auf— 
zenagelt, über die sich außen getheerte Pappe deckt, worauf die 
igentliche äußere Schaalung aufgebracht ist, schmale gehobelte 
Bretters), die genau übereinandergreifen und oft zum besse— 
ꝛen Ablauf des Wassers profilirt sind. (Ueber Verschaa— 
ung mit Holzschindeln wird beim Dach gesprochen). — Auf 
»ie inneren“ Schaallatten kommt ein Grundverputz von grobem 
Mörtel, der seinen Halt in den Zwischenräumen der Latten findet; 
iach der Erhärtung wird derselbe mit einem eisernen Rechen auf— 
zjerauht, um der zweiten Putzlage Halt zu geben; darüber kommt 
ine Schicht feinerer Mörtel, über den, nachdem er aufgerauht, 
eine dritte Schicht von feinem Weißkalk gebracht wird, der, fein 
abgerieben, meistens mit Leim oder Oelfarbe gemalt ist, seltener 
mit Tapete bezogen. In vielen Fällen bleibt die Wand auch 
chlichtweiß und wird nur mit einer Kante oben und unten ab⸗— 
gesetzt; läuft Holzverkleidung durch das Zimmer, so wird dieselbe 
direkt auf die Schaallatten genagelt (meistens drei Horizontallatten 
jür die ganze Höhe der Lambres); ebenso die Fußleisten. 
Die Mand zwischen den Ständern und der Schaalunag bleibt 
*) Anm. Ein solch ausgedehnter Verbrauch von Holz für Bauten 
ührte natürlich auf bestinimte Dimensionen der Hölzer für den Handel und 
o sind diese schmalen, ca. 3“ breiten gehobelten Vretter eine so verbreitete 
dimension, daß sie fast alle anderen Breiten für Bretter verdrängt hat. Haus— 
chaalung, Fußboden, Schränke, Thüren, Lambris, Verkleidungen ⁊c. werden 
ille aus derselben Breite zusammengeschlagen, und sind die Rahmen der 
Thüren ꝛc., ebenso wie die Füllungen aus derselben Breite gemacht und wird 
vie Arbeit dadurch bedeutend vereinfacht und erleichtert
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.