Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Der Bautechniker im Landtag. — Schwimmende Leuchtthürme. 
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her seine Zeit auch auf nur einer mittleren Bauschule benutzt 
hat, im Stande ist, für die üherwiegende Mehrheit seiner Arbeiten 
iuch den künstlerischen Theil selbst auszuführen. — Es hatte je— 
doch neben der Wiedergeburt des Bauhandwerks die Vervollkomm— 
rung der technischen Anstalten eine weitere wichtige Folge. Es 
„ildete sich nämlich als eine Art Mittelglied zwischen dem Bau—⸗ 
zewerksmeister und dem beamteten Baumeister der Stand der 
Ärchitekten, Ingenieure (Privatarchitekten, Zivilingenieure) und 
Bauführer (im Gegensatz zum Regierungsbauführer, der bekannt— 
lich Beamter ist); diese Männer haben sich einer privaten Erwerbs 
dot gteit im Baufach gewidniet und den Staatsdienft verschmäht, 
obwohl sie nicht selten gewisse Vorstufen desselben absolvirt haben. 
Auch der Geschäftskreis des Architekten ꝛc. ist, objektiv betrachtet, 
derselbe, wie derjenige der betreffenden Beamten des Staats— 
dienstes, während die praktischen Leistungen der Privatarchitektur 
die Werke der büreaukratischen Baumeisterei entschieden über— 
ragen. Die Büreaukratie ist hier der Kunst gegenüber ohnmächtig, 
ind so wenig wie ein Hofpoet oder ein Wirklicher Geheimer Ober⸗ 
hofpoet (mit dem Titel Excellenz) darum die besten Verse macht, 
bensowenig ist ein Geheimer Oberbaurath darum schon ein ge— 
nialerer Baukünstler, als ein titel- und ordensloser Privatmann, 
sper sich selbst seine Diplome in den Werken seiner Kunst aus— 
tellt. 
wart ein potenzirtes Können und Wissen bedingen, wer wollte dies 
mit Grund in Abrede stellen? 
Soviel über das Verhältniß zwischen Baugewerksmeister und 
Architekt im Allgemeinen. Im Folgenden sollen die rechtlichen 
Beziehungen beider zu einander und des Bauherrn zu beiden er— 
jrtert werden. 5. 
Der Bautechniker im Landtag. 
Korrespondenz aus Württemberg. 
In der Stuttg. Landesztg. wurde der Württemb. Regierungs— 
ehörde durch irgend einen berüfenen oder unberufenen Rathsertheiler 
üngst in einem bezüglichen Artikel der Vorschlag gemacht, „man 
nöchte in den Dienstvertrag der mit vierteljähriger Kündigung 
ingestellten, durch die Amtsversammlung gewählten Bautechniker 
den Passus aufnehmen, „daß durch eine Bewerbung um ein 
Abgeordneten-Mandat Vertragskündigung stattfinde.“ 
Das lautet fast, wie wenn in dem kleinen Schwabenländchen 
)as noch kleinere Landtägchen aus lauter Bautechnikern gebildet 
väre, in Folge dessen etwa die Selbstständigkeit des Landes gefähr— 
det sei! Sollte man nicht gerade umgekehrt schließen koönnen, 
daß da, wo es auf die „Selbstständigkeit“ eines Gebäudes ankommt, 
doch in erster Linie ein Baumeister anstatt eines Schneiders erfor⸗ 
derlich wäre? Nichts von alledem, gerade wie auch in anderen 
»ekannten Gauen des „großen Deutschen Reichs“! 
Es muß nun in Kürze bemerkt werden, daß unter 70 
zewählten Abgeordneten nur 2 solche Bautechniker sind, und daß 
iur mit Aufbietung aller Kräfte der „einsichtsvollen Wähler“ ein 
Oritter durch einen Professor besiegt wurde, wie sich jener jeden— 
alls ebenso einsichtsvolle Landeszeitungsschreiber ausdrückt. Nun 
itzen aber noch 3 „höhere Techniker“ im Landtage; sind jene nach 
einer Ansicht „höher berufen“, um für den Preis eines Abgeordneten— 
Hdandats die Dienstpflichten hintan zu setzen, denn anders kann 
ꝛs doch nicht gemeint sein, wenn man dem „weniger hohen“ Tech— 
uiker bei Annahme eines Mandats mit Vertragskündigung winkt! 
Von den vielseitigen Kenntnissen, die aber ein gebildeter 
Techniker gerade in einer solchen Amtsfunktion von den Bedürf— 
nissen des Volkes sich im Laufe der Zeit aneignet und wie sehr 
gerade die bewährten Techniker vermöge ihrer praktischen Erfahrungen 
zei den so vielfach vorkommenden Berathungen der Baugesetze ⁊c. 
Piitglieder „von Werth“ für die Stünde-Bersammlung sind — darüber 
zeht es jenem Korrespondenten, wie eben noch vielen Andern seines 
Rleichen. weit über die Grenzen Schwabens hinaus g. 
Der Architekt, von welchem wir hier handeln wollen, be— 
schäftigt sich wesentlich damit, dem Privatpublikum gewisse, durch 
heoretische Kunstkenntniß bedingte Arbeiten zu vermitteln, die als— 
dann der Baugewerksmeister nebst seinen Leuten plastisch in die 
Erscheinung treten läßt. Auch der letztere gehört, besonders bei 
Bauarbeiten, für deren Entwerfung er sich nicht die nöthigen 
Jahigteirn zutraut, zu den Kunden des Architekten. Oft auch 
riti der Bauherr direkt mit diesem in Verbindung, läßt sich Riß 
und Zeichnungen von ihm anfertigen und sucht alsdann den prak⸗ 
tischen Maurermeister ꝛc. auf, der Alles ausführen soll. 
Es ist nicht zu leugnen, daß insofern der Stand des Privat— 
Architekten, wie wir ihn beschrieben, eine Art von Nothwendigkeit 
st, als nun der Kunde nicht mehr auf den büreaukratischen Staats⸗ 
‚aumeister angewiesen ist, dem doch schließlich sein Amt die Haupt⸗ 
ache bleibt, bezw. seine fixe Löhnung und welcher für die — 
draxis nur gerade soviel Zeit übrig haben und nur soviel Mühe 
uind Geisteskraft darauf verwenden wird, als ihm sein Amt übrig 
läßt. Schlimm würde es um die Kunst stehen, wenn die Regie— 
rungsbeamten ein Monopol auf auch die Bauten aller Bürger 
zjätten. Erst wenn durchgängig auch der praktische Baugewerks— 
neister über diejenigen technischen, theoretischen Kenntnisse verfügen 
wird, welche die Plan- und Rißzeichnung, Maßberechnungen ꝛc. 
zrheischen; wenn ferner erst durchgängig ein verallgemeinerter 
Kunstsinn es bewirkt, daß auch den Ansorderungen, welche die 
Architektonik in idealer und ästhetischer Hinsicht stellt, aus der 
Mitte des praktischen Bangéewerks heraus genügt werden 
kann — erst dann wird auch der Stand der Architekten seine Mission 
in der Hauptsache wenigstens erfüllt haben. Schon giebt es zwar, 
iamentlich in den Ceutren aller nationalen Bildung und den 
Kulturwerkstätten des Volkes, den größeren Städten, gewiß sehr 
biele Baugewerksmeister, welche allermeist bei ihren Arbeiten auch 
hre eigenen Architekten sind. Jedenfalls solche, die es sein könnten. 
Allein noch hat sich — eben wegen der Existenz eines besonderen 
Standes der Architekten — der praktische Meister nicht durch— 
zängig, zumal nicht in kleineren Städten, daran gewöhnt, die 
rchitekturarbeit mit als seine Aufgabe und Arbeit zu betrachten; 
ind ebensowenig würde der Bauherr gerade so gern dem Meister 
solche Arbeit besonders vergüten, als er sie anstandslos dem Archi— 
cekten bezahlt, der als Mittelsmann dazwischen tritt, mit der 
draktischen Arbeit Nichts zu schaffen hat (vielleicht die Uebernahme 
der Bauaufsicht ausgenommen) und deshalb für seine Leistung 
doch nothwendig ein Entgelt bekommen muß. Es ist ferner als— 
dann der Architekt dermalen kaum zu umgehen, wenn der Bauherr 
»en Bau nicht im Ganzen, sondern nach Materien vertheilt ver⸗ 
»ingt; hier würde zwischen den verschiedenen Meistern (Maurer-, 
Zimmer- ꝛc. Meister) eine Kollision eintreten können. — In den 
kleineren und mittleren Städten ist nicht durchgängig, nament— 
lich nicht bei den Baugewerksmeistern der älteren Schule (trotz 
ibgelegter Gesellen- und Meisterprüfung der Innungszeit), der— 
jenige“ Grad theoretischer Ausbildung vorhanden, welchen die ra— 
piden Fortschritte der neueren Entwickelung verlangen, so tüchtig 
ene alten Meister auch in ihren bürgerlichen Bauarbeiten, na— 
mentlich im Praktischen und in der soliden Ausführung, sind 
— Eigenschaften, welche leider nicht selten an den Meistern der 
Theorie mehr oder weniger vermißt werden. Daß aber der mo— 
zerne Geschmack oft geradezu raffinirte Anforderungen an die Lei— 
stungsfähigkeit der Ängehörigen des Baugewerbes stellt und daß 
die geiteigerten Bedürfnisse und der verfeinerte Lurus der Gegen— 
Schwimmende Leuchtthürme. 
Wenn Leuchtthürme versinken, wie es s. 8. an der Weser—⸗ 
nündung vorkam, so ist die Idee für schwimmende Leuchtthürme 
edenfalls für Handels- und Marinekreise eine sehr interessante. 
Der Gedanke klingt übrigens abenteuerlicher für uns Bautechniker, 
As er in Wirklichkeit ist, und dürfte es daher den Lesern d. Bl. 
rwünscht sein, über dies neueste Projekt zu erfahren, was enalische 
Fachzeitschriften darüber schreiben: 
Das Projekt schwimmender Leuchtthürme wird neuestens von 
en technischen Autoritäten jenseits des Kanals eingehend erwogen. 
ẽs haändelt sich um die Erbauung und praktische Verwendung 
chwimmender Tiefsee-Leuchtthürme. Ein solcher Bau würde aus 
johlvernietetem Eisenwerk in Form eines großen Cylinders von 
twa 36 Fuß (engl.) Durchmesser und 290 Fuß Länge konstruirt 
verden und im Wesentlichen aus 3 Theilen bestehen. Der obere, 
is zu einer Höhe von 140 Fuß sich über die Wasserlinie erhebende 
Theil des Cylinders würde ganz in Bezug auf, Gestalt und Ein— 
ichtung den üblichen Leuchtthürmen gleichen. Daran schließt sich 
er zweite Theil, etwas oberhalb der Wasserlinie beginnend und 
n proportionalem Verhältnisse unter dieselbe hinabreichend. Dieser 
Theil soll mit einem Material gefüllt werden, welches bedeutend 
eichter als Wasser ist, also z. B. Korkholz, und hinreichende Trag— 
ähigkeit besitzen, um die Bezeichnung des Baues als eines „schwim— 
nenden Leuchtthurms“ zu rechtfertigen. Der untere Theil endlich 
oll bis zu 100 Fuß Tiefe reichen, der treibenden Kraft von Wind 
ind Wogendrang Widerstand leisten und als Ballast den Schwer— 
nittelpunkt des ganzen Baues reguliren. Solche schwimmenden 
deuchtthürme nun sollen in größern Entfernungen vom Lande aus 
jelegt, mittelst mächtiger Stahldrahttaue und Anker von je 200 Ton- 
jen Gewicht am Meeresgrunde verankert und in solche Positionen 
sebracht werden, daß jedes Ankertau, um den nöthigen Spielraum 
zerzustellen, etwa die dreifache Länge der örtlichen Meerestiefen 
rhaͤlt. Indem nun jeder derartig festgelegte Tiefsee-Leuchtthurm 
nit dem Festlande in Verbindung gesetzt wird, hofft man die im 
Interesse der meteorologischen Wissenschaft und nautischen Praxis 
8 außerordentlich wünschenswerthe Einrichtung stationärer Beobach⸗
	        

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