Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Die Durchstechung des Montblanc. — Denkschrift. 
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dern einzig und allein in gründlicher und gediegener praktischer 
ind theoretischer Ausbildung, stets fortgesetztem Streben nach Ver— 
vollkommnung und Hebung des Standes, sowie in freien Ver— 
inigungen erblicken. Dies sei unser Ziel! — 8 — 
heurer sein, wie Tunnel? Mag auch der Eine oder Andere noch nich 
zlauben, daß nach obiger Andeutung im „Reste“ unsres Jahrhunderts 
ioch Nennenswerthes geschehe, so steht doch so Viel fest, daß die 
Wissenschaft noch Erkleckliches auf diesem Gebiete fördern wird 
und Tunnel wohl nicht das „einmal gewählte“ Kommunikations— 
mittel über resp. unter hohen Bergrücken bleiben werden. —g. — 
Die Durchstechung des Montblanc. 
Aus der Schweiz wird uns geschrieben: 
Neben den enropäischen Riesentunnels St. Gotthard, Brenner 
und Monteenis, Arlberg u. s. w., tauchte jüngst das Projekt des 
Durchstichs des Montblane wieder auf. Im vorigen Sommer 
wurden bereits die geologischen Vorstudien für dieses neueste 
Weltwunder von den Professoren Heim und Relevier vorgenommen 
ind kürzlich erschien der Bericht über die Resultate der gemein— 
amen Forschungen genannter Herren. Da einige Notizen für ünseren 
Leserkreis von Interesse sind, so mögen im Auszuge die wichtigsten 
Daten folgen: „Der projektirte Tunnel soll eine Länge von 17600 
Heter erhalten, auf der Nordseite soll er bei Taconnaz beginnen 
und geradlinig bis unter das, an der südl. Abdachung liegende 
Dorf Entreves gehen, von da an eine Kurve unter dem Thale 
von Courmayeur beschreiben und bei Prè St. Didier in dasselbe 
einmünden. Die gradlinie Strecke, welche den Namen „Grand 
Tunnel du Mont Blanc“ führen soll, wird ca. 12000 Meter lang 
verden. Die Kurvenstrecke soll die Bezeichnung „Galerie sous 
rallce“ erhalten und auf dieser werden die weitaus größten Schwierig— 
keiten des Riesenwerkes zu bekämpfen sein. 
Die Hanuptfrage, welche von dem Unternehmer-Konsortium 
in die beiden Professoren gestellt wurde, ist die: „ob beim Mont— 
blanec-Durchstich ähnliche Erscheinungen zu erwarten seien, wie bei 
zewissen, besonders schwierigen Partien des St. Gotthard-Tunnels?“ 
Nach dem Berichte sollen sich die Verhältnisse für die Bohr— 
arbeiten allein genommen etwas günstiger gestalten, als beim St. 
Hotthard oder dem gleichialls projektirten Simplon. Die Schiefer— 
zesteine der Tunnelmitte fallen ziemlich steil gegen Südost und 
streichen fast senkrecht zur Tunnel-Achse, was als ein sehr günstiger 
Umstand bezeichnet werden muß; dagegen werden Warnungen aus— 
gesprochen in Bezug auf Wassergefahren in der Kurvenstrecke, 
die weniger tief unter der Erdoberfläche (Thalsohle) liegt. 
Namentlich seien es mineralische Qnellen, welche eine eigen— 
hüwliche Beachtung herausfordern. Beispielsweise tritt der sehr 
requentirte Eisensäuerling von La Victorie genau senkrecht, etwa 
'aum 90 Meieter über dem Tunnel auf, und müßte die Eventuali— 
ät in Betracht gezogen werden, daß er, wie noch andere Quellen, 
in den Tunnel fallen würde. Die Beantwortung der Kardinal— 
jrage über vorkommende Erdwärme ist höchst interessant. Die 
Ausführbarkeit eines Gebirgstunnels hängt zu sehr von derselben 
ab und sagt Professor Heim: „daß man heutigen Tags vor der 
Länge eines Tunnels zurückzuschrecken habe, aber der Hauptfaktor, 
die im Innern auftretende Wärme, lasse sich nicht gut mit den 
gegenwärtigen Hilfsmitteln der Technik bekämpfen und noch viel 
veniger hinwegschaffen. Einige der neuern Tunnelprojekte erreichen 
nämlich derartige Tiefen (z. B. Simplon und Montblanc), daß in 
Folge der Eigenwärme der Erde Temperaturgrade herrschen können, 
velche jede Arbeit unmöglich machen. Nach den günstigsten Be— 
zechnungen kommt Professor Heim immer auf eine Wärme von 
mehr als 50 Grad Celsius. Danach dürfte aber dann die Aus— 
führbarkeit des Montblanc-Durchstichs sehr in Frage stehen, 
da die Wirkungen der Erdwärme sich nicht zu Gunsten der Arbeits— 
leistung, Zeitdauer und Baukosten äußern könnten. Mittel und 
Wege, unterirdische Arbeiten bei so hohen Temperaturgraden mög— 
ich zu machen, sind noch nicht recht bekannt, sonst würden solche 
edenjalls in Vorschlag gebracht werden. 
Eine kurze Betrachtung über diese Riesen-Tunnelprojekte sei 
ioch insofern gestattet, als es dem Berichterstatter fraglich ist „ob 
ihberhanpt die kommenden Generationen noch Tunnel bauen werdeu?“ 
Milliarden von Kapitalien sind in den sämmtlichen Tunnelbauten 
inserer Erde vergraben und durch Nichts ist allenfalsigen Natur— 
'atastrophen Widerstand geleistet, wir vertrauen uns dem dunkeln 
Zchlunde an, und bewundern einzig die Kühnheit der Ingenieure. 
Man sagt, über die Alpenkämme hinweg können keine Bahnen 
zebaut werden, die Systeme unserer Dampf-Vehikel seien noch nicht 
o weit gediehen und die Lawinen und dergl. Raturhindernisse 
assen überhaupt eine offene Bahn nicht angebracht erscheinen ꝛc. 
Sollte denn das nicht zu viel gesagt sein? Eollte sich vielleicht 
die Elektrizität auch vor Lawinen abschrecken lassen, wenn man 
ie Waggons durch Gallerien laufen ließe, wo sie vor den Unge— 
tünen des Alpenwetters geschützt wären. Können unsere bekanmen 
ind stets in Verbesserung begriffenen Bergbahnsysteme blos für 
Hügel Anuwendung finden, sind all die pneumatischen, hydraulischen 
Ziurichtungen, welche die Neuzeit kennt, nur fur kleinere Objekte 
»urchführbar, oder würden solche in Anwendung bei Berabahnen 
Denkschrift, 
den sogenannten Bauschwindel betreffend, unter 
vorzugsweiser Berücksichtigung der Dresdner Ver— 
hältnisse. 
Abgefaßt auf Veranlassung des Verbandes Sächsischer Hausbesitzer 
Vereine von dem derzeitigen Verbands-Vorsitzenden 
Rechtsanwalt Gerth-Noritzsch in Dresden. 
Schluß.) 
. 
Auch die Thätigkeit der Bauhandwerker profitirte von der 
Geriode des wirthschaftlichen Aufschwunges und gewann bei abnorm 
sohen Preisen eine bedeutende Ausdehnung und einen außerordent— 
ichen Umfang. Es ist aber nur natürlich, daß in den darauf 
olgenden Jahren des Rückganges ebenfalls die Lage der Bauhand— 
verker eine weniger günstige wurde. Auch die Bauhandwerker 
nersuchten beim Nachlasse der Bauthätigkeit, mit allen Mitteln sich 
hre geschäftliche Thätigkeit in gleichem Umfange zu erhalten. Zu 
diesem Behufe waren auch sie, wie die Baulieferanten, genöthigt, 
Jünstigere Zahlungsbedingungen cinzuräumen, mehr und mehr 
dredit zu geben. Es ist dies nicht zu verkennen, daß auch das 
inbegrenzte Kreditgeben der Bauhandwerker mitwirkte, um die 
insolide Bauthätigkeit längere Zeit in einer Ansdehnung zu 
rhalten, welche den Bedarf weit uͤberstieg. Denn alle die Bau— 
pekulanten, welche außer den überschuldeten Grundstücken nichts 
m Vermögen besaßen, wo wären sie geblieben, ohne die un— 
neschränkte Kreditgewährung der Bauhandwerker! Wenn aber auch 
richt zu leugnen ist, daß die Bauhandwerker theilweise selbst durch 
»as zu weit getriebene Kreditgeben mit dazu beigetragen haben, 
die unsolide Bauthätigkeit in den letzten Jahren zu halten und zu 
interstützen, so gereichen ihnen freilich die obwaltenden Verhältnisse 
zur Entschuldigung. 
Die Sozialistenführer haben die Theorie des eisernen Lohn— 
gesetzes aufgestellt: sie behaupten, der Arbeiter erhielte immer nur 
o viel an Lohn, als er nothwendiger Weise zum Leben brauche. 
Die Sache verhält sich aber genau umgekehrt: der größte Theil 
)»er Menschen mit bescheidener Einnahme richtet sich dieser Ein— 
iahme entsprechend ein, so daß sie genau aufgeht; nur ein ganz 
zeringer Bruchtheil solcher Leute spart. Vergrößert sich die Ein— 
iahme, so wird bei den Meisten die Wohnung, der Hausstand 
»equemer eingerichtet, die Kinder besser erzogen. der Tuͤch reich— 
icher bestellt ꝛc. ꝛc. 
Diese bessere und behagliche Einrichtung wird aber sehr bald 
zum Bedürfniß und hat sie erst eine Zeit lang fortgedauert, so 
neint der Mensch, nichts mehr davon entbehren' zu können. Die 
Bewerbetreibenden und Haudwerker folgen meist der allgemeinen 
segel. Es ist daher erklärlich, daß die Bauhandwerker, deren 
Beschäfte in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts einen bedeutenden 
lufschwung genommen und die sich der besseren Einnahme ent— 
prechend eingerichtet hatten, der Beschränkung der Ausdehnung 
hrer Geschäfte widerstrebten. Denn bei den Meisten von ihnen 
vürde eine solche nicht ohne Einfluß auf den Hausstand und die 
gesammte Einrichtung haben vorgenommen werden können. 
Es ist daher sehr natürlich, daß die Bauhandwerker, welche 
hemüht waren, sich ihre Geschäfte in bisheriger Ausdehnung zu 
erhalten, durch günstige Bedingungen den Bauunternehmern ent— 
gegenkommen mußten. Reduzirte sich aber die Bauthätigkeit nicht 
iur ihrem Umfange nach, sondern nahm dieselbe auch nach und 
ach an Solidität ab, beschränkte sich die Zahl der vermögenden 
ꝛeute, welche bauten, immer mehr und mehr und mußte in den 
etzten Jahren die Kreditfähigkeit der meisten Bauspekulanten um 
o fraglicher werden, als ja bei dem rapiden Rückgange der Grund— 
tückswerthe und Miethen und der Unverkäuflichkeit der städtischen 
vrundstücke die Bauthätigkeit immer weniger Aussicht auf Erfolg 
ot und, genau genommen, fast jeder Spekulationsbau ein im höchsten 
hrade riskantes Unternehmen war, so waren allerdings die Bau— 
andwerker, wenn sie überhaupt noch Geschäfte von einigem Umfang 
nachen wollten, genöthigt, ihre Anforderungen hinsichtlich der 
Zicherheit der Bauunternehmer auf das geringste Maß zu beschraͤnken. 
Das Kreditgeben der Bauhandwerker nahm immer mehr überhand, 
hne daß von Seiten der Bauspekulanten genügende und zuver⸗ 
ässige Sicherheit gebbten wurde. Oft begnugte sich der Bauhand— 
verker mit der Versicherung, daß der Unternehmer Bangelder be—
	        

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