Berlin, den 20. Januar
1883.
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Neue Folge:
2. Jahrgang.
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Wochenschrift
für die
Interessen des praktischen Baugewerrs.
Nebst Ergänzung:
Erfindungen im Hochbauwesen aller Länder.
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Redaktion:
O. Ostmaun, prakt. Maurermeister.
Unter Mitwirkung erster Kräfte.
D xxrt rür nrabfische Baukunst (43. Jahrgang).
q. — p c Zu beziehen durch alle Buchhadin gen und Postaͤmter.
debrn Vonniceud ine Rummer Julin« e au« in Berlin 8W. Zeitungslifte pro 1883 Ar. 1341.
Preis pro Quartal (13 Nummeru) 2,25 M. *ir 491. In serate
Einzelne Nummern à 0,30 Mk. Expedition de „DeutrKon Kaugewerlisblattes“. pro Spaltzeile 0O,25. Wiederholungen mit Rabatt
Redaktion und Ere Derslin Sy gimmer-⸗-Straße 91.
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Inhaltsverzeichniß: Anlage von Arbeiterhäusern II. — Mittheilungen aus der Praxis: a. Ueber Beschläge. b. Schindeldächer und Schindelhäuser
Die projektirten Holzzölle. — Baubericht aus verschiedenen Städten. — Entischeidungen. — Literaturbericht. — Rautechnische Notizen.
Briefkasten — Submissionen. — Inserate. —
Die Anlage und Errichtung von Wohnhäusern für ie eine Arbeiterfamilie.
Von
Or. theol. Hermann Sevin, d Karl Lattner,
Professor am Gymnasium in Konstanz un Stadtbaumeister in Villingen.
Hierzu 5 Tafeln Figuren im Text.)
(Fortsetzung.)
2. Disposition der Räume innerhalb des Hauses.
Ein Hauptunterschied zwischen Arbeiterhaus und Herrschafts—
zaus besteht darin, daß sür das erstere ein Hausgang und
Treppenhaus nicht nur nicht nöthig, sondern sogar unbequem
ist, wie auch Manega in dem vortrefflichen Werke über Arbeiter—
jäuser S. 65 sagt: „Was die innere Einrichtung der Gemächer
im Hause betrifft, so empfeblen wir unbedinat den Eingang durch
die Küche.“
Der Bequemlichkeit in der Küche verschlägt es aber durchaus
nichts, wenn aus der letzteru unmittelbar eine etwa 70 —80 cm
dreite Treppe ohne Gelaänder auf den Boden führt; im Gegen—
heil wird durch das Oeffnen der am Ende der Treppe angebrachten
Fallthüre die leichteste und wirksamste Lufterneuerung erzielt,
der gegenüber keine andere Einrichtung die Wetthewmerbung
hestehen kann.
In einem von uns auf solche Art ausgeführten Hause werden
elbst die stärksten Gerüche auf diese Weise auf das Rascheste den
nächsten Weg nach oben entführt; dazu ist es sehr bequem, das
Holz und Reisig vom Boden gleich in die Küche bringen zu
können. Ebenso bequem ist es dann, unter der Bodentreppe gleich
in den Raum unter der Küche zu gelangen; dies läßt sich
»ntweder so ausführen, daß die Kellertreppe durch eine Fall—
hüre verschlossen wird, oder so, daß die Bodentreppe verschaalt und
am Eingang durch eine Thür abgeschlossen wird. Einen besondern
Holzställ braucht das Haus nicht; ein Geflügelstall wird wohl
stets zum Luxus gehören und Ursache zum Streit mit den Nachbarn
zeben, auch die Schweinezucht wird sich für den Arbeiter, da
er ja seine meisten Bedürfnisse kanfen muß, wohl nur selten
empfehlen; darumn wird von Erbauung dieser Räume hier Abstand
genommen. Hat übrigens das Gebäude von der Straße nach dem
Barten oder uümgekehrt auch nur so viel Gefäll, daß sich im untern
Raume noch eine Thür anbringen läßt, so kann jener Raum leicht
n Keller und Stallraum abägetheilt werden.
z. Innere Einrichtung und Größe der einzehnen Räume
Somit wäre das eigentliche Bauvorhaben ziemlich verein—
jacht: abgesehen vom Abort braucht die Familie ein geschlossenes
DHDaus von 1—23 Zimmern nebst Küche und Dachkammer; den
Hauptraum, den eigentlichen Mittelpunkt für die Familie, bildet
die Küche, welche eben nicht wie im Herrschaftshause blos Küche
ist, sondern zugleich Hausgang, Treppenhaus, Speisezimmer,
Kinderzimmer, ja, zumal im Winter, nur zu oft zugleich Wohn—
zimmer. Selbstverstaͤndlich ist darum die Küche nicht nur zunächst
der Straße gelegen, nicht nur, wie die übrigen Zimmer, gedielt,
'ondern auch derjenige Raum, der an Größe von keinem Zimmer
übertroffen wird. Da nun in dem Ausschreiben außer der
Küche höchstens noch 5 Räume angenommen sind, darunter wohl
2 bewohnbare Bodenzimmer, so kämen selbst im größten Arbeiter—
Jause auf das eigentliche Stockwerk nur noch 3 Zimmer außer der
Züche. Nach unserer Annahme käme dann ein gleich großes
Zimmer neben der Küche, ein gleich großes hinter derselben
mit Ausgang zum Abort und Garten und wiederum ein gleich
zroßes Zimmer neben dem letzter n nach hinten zu liegen. Selbst—
berstaͤndlich ist die Küche, wie jedes Zimmer, mit dem Nebenzimmer
durch eine Thüre verbunden.
Nehmen wir als geringste Breite eines Zimmers die
Breite von zwei Kreuzstücken nebst dazugehörigem Mauer—
werk, also etwa 21/, m an, so würden für die Küche etwa
3—31/, m sich ergeben; als Gesammistraßenseite des größern
Hauses also ungefähr 6m. Die Tiefe eines jeden Zimmers
vᷣllte jeweils bemessen sein nach der Länge der Bettladen, so
zwar, daß überhaupt kein Zimmer gebaut werden sollte, in
dem nicht 2 Bettladen mit den schmalen Enden an einander ge—
ttellt werden können. Rechnet man für eine sehr lange Bettlade
1,80 m, für jede Außenwand 25 em, für die Zwischenwand 15 em,
o geben (4 x 1,8) - (2 x O25) - 0,15 S 7,85 m; da dieser
Raum aber durchaus nicht kürzer genommen werden darf,
bielmehr des bequemen Aufstellens des Hausraths wegen eher etwas
Jrößer genommen werden muß, so ergiebt sich als Tiefe des ganzer
dauses sammt Außen-Mauer und Zwischen-Wand 8,0 m, die
jJanze überbaute Fläche des größeren Hauses also etwa
D,5 Are, der ganze Platz, Haus und Garten zusammen, also
etwa l Are.
Die Höhe der Stockwerke ist in den meisten ausgefithrten
Arbeiterhäusern wohl etwas zu niedrig angegeben. Auch scheint es
etzt. wo in Deutschland doch fast allgemein der Nor malstein ein—