Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Bauberichte aus verschiedenen Städten. 
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rung der Parkanlagen, Schmuckplätze u. s. w. besonders nothwendig 
sei. Nur durch die Kassirung der Springbrunnen, wenigstens einer 
Einschränkung derselben, könne ein Minderverhrauch von Wasser 
herbeigesührt werden. — Obgleich die Wassernoth in diesem Jahre 
beseitigt erscheint, kann doch eine Radikalvorbeugung gegen ein 
Eintreten derselben durch eine Mehrzuführung von Wasser vor 
dem Jahre 1885 nicht vorgenommen werden, und es ist daher 
nicht unmöglich, daß im Jahre 1884 bei ähnlicher Hitze und 
Troͤckenheit wie in diesem Jahre ein ähnlicher Nothstand wieder 
eintreten könnte. Magistrat hat deshalb beschlossen, die Direktoren 
der verschiedenen Verwaltungen zu beauftragen, sich schon jetzt über 
ein Reglement zu verständigen, welches für den Fall einer drohenden 
Wassernoth sofort zur Anwendung gebracht, wird, um einem Wasser— 
mangel vorzubeugen. (Es ist geradezu unbegreiflich, daß man für 
das 'nächstliegende Abhilfsmitttel kein Verständniß haben will! 
Man setze endlich der luxuriösen Verschwendung des Leitungswassers 
in den Privatwirthschaften ein Ziel und der Noth wird gekehrt 
sein. Dies Ziel erreicht man aber ganz von selbst, wenn man 
die Einwohnerschaft, wie für das Privatgas, so für das Privat— 
wasser selbst zahlen läßt. Man würde damit gleichzeitig die Haus— 
besitzer von einer, ihnen in der, ungerechtfertigsten Weise aufer— 
legten drückenden Kostenlast befreien. Red.) — Ein weiteres Aus— 
kunftsmittel scheint inzwischen in der Tiefbrunuenfrage erblickt 
zu werden. Der Magistrat wird Versuche, Flach- und Tiefbrunnen 
anzulegen, um darauf die weitere Wasserversorgung Berlins zu 
begründen, anstellen lassen, obwohl er der Meinung bleibt, daß 
diese Bruunen nicht das erforderliche Quantum liefern können und 
daß sie ebenfalls von der Crenothrixplage befallen werden dürften. 
Der Baurath Hobrecht wird mit den Vorbereitungen und den 
Vorschlägen für die zu engagirenden Techniker ꝛc. beauftragt und 
auf den? Hobrecht'schen Bericht hin später eine Vorlage an die 
Stadtverordnetenversammluung wegen der nöthigen Mittel gerichtet 
werden. 
worden sind, fahren lassen und zusehen, wie sich die Auftraggeber 
nach Wien, Mainz und Paris wenden. Leider müssen sich die 
Fabrikanten gestehen, daß ihre Aussperrung eine übereilte, durch 
die Umstände nicht gebotene Maßregel war. Das offene Geständ— 
niß ihres Fehlers liegt darin, daß sie in Folge einer vorgenommenen 
Prüfung der Schöffle'schen Akkordlöhne den Arbeitern dieser Fabrik 
vesentlich höhere Löhne anbieten und dieselben auffordern ließen, 
)urch eine aus ihrer Mitte zu ernennende Kommission mit ihnen 
zu verhandeln. Daraufhin konnte die Differenz zu einem Aus— 
zleich kommen, wenn nicht die Arbeiter indessen sich mit Leib und 
Seele verpflichtet hätten, nur durch den Gewerkverein mit sich 
reden zu lassen. d 
Lyck. Kürzlich waren hier verschiedene Militairbeamte an— 
wesend, um mit den städtischen Behörden wegen des Baues von 
Kasernen ꝛc, sowie mit der hiesigen Kirchengemeinde wegen An— 
'auf der zwischen der Stadt und dem Bahnhofe belegenen Pfarr— 
ändereien die Mieths- resp. Kaufverträge abzuschließen. Mit dem 
Bau zweier großen zweistöckigen Gebäude und der erforderlichen 
Nebenräumen muß sofort begonnen und derselbe bis zum 15. März 
ünftigen Jahres beendigt sein. Am 30. Märzek. J. rücken zwei 
Bataillone mit dem Regimentsstabe des gegenwärtig in Metz gar— 
nisonirenden 45. Infanterie-Regiments hier ein. Die Geuͤehmi— 
jung zur Anfnahme einer Anleihe im Betrage von 160000 Mark 
st bereits ertheilt. 
Straßburg. Der Straßburger Bevölkerung ist nunmehr 
hffiziell bekannt gegeben worden, daß die Eröffnung und Inbetrieb— 
nahme des neuerbauten Centralbahnhofs (vwie wir bereits kurz 
zemeldet), bestimmt am 15. August stattfinden wird. Das gewaltige 
Terrain desselben liegt hart an der Stadtumwallung, zwischen dem 
Weißthurm- und dem Steinthor und bildet ein regelmäßiges Rechteck. 
Während der alte Bahnhof eine Kopfstation war, ist der neue eine 
Durchgangsstation. Um wegen Anlage der Perrons eine unver— 
Jältnißmäßige Ausdehnung der Bahnhofsanlagen zu vermeiden, ist 
das in London angewandte System nachgeahmt worden, wonach 
der Personenbahnhof aus zwei Stockwerken besteht, deren unterer 
die Eingänge, die Billetschalter, die Gepäckannahmestelle und deren 
berer die Wartesäle, Büffets, Geleise u. s. w. enthält. Zur Ver— 
sütung des Ueberschreitens der Geleise seitens der Reisenden, d. h. 
im zwischen den verschiedenen Geleisen Perrons errichten zu können, 
ind unterhalb der Geleise zwei große Tunnels angelegt worden, 
yion denen der erste, für die Abreisenden bestimmte, in die ver— 
chiedenen Perrons ausmündet, während die für die ankommenden 
und den Bahnhof verlassenden Reisenden bestimmten Treppen in 
den zweiten Tunnel führen, der sich nach außen öffnet. Unter dem 
Banzen breitet sich eine kolossale mit Glas gedeckte, auf eisernen 
Pfeilern ruhende Halle aus. Die abfahrenden Reisenden können 
ich in sechs Wartesäle vertheilen; zwischen den ankommenden und 
ibfahrenden Reisenden findet keine Kreuzung mehr statt, und damit 
st auch dem lästigen Gedränge auf den Perrons vorgebeugt; auf 
»en Perrons verkehren auch nicht mehr die allen Reisenden auf's 
AInangenehmste bekannt gewordenen Rollwagen. Diesen Vorzügen 
jegenüber steht nur die Nothwendigkeit für das Publikum, eine 
Treppe hinauf- oder herabzusteigen. In sämmtlichen Räumen des 
Bebäudes ist die Heißwasserheizuüng eingeführt, und die Beleuchtung 
ses Bahnhofes, wie sämmtlicher Bureaus und Räumlichkeiten, ge— 
chieht durch elektrisches Licht, theils mit Siemens schem Bogen, 
heils mit Glühlicht nach Edison'schem System; ersteres für die 
rößeren Räume, wie die Halle mit den Perrons, die Warte— 
äle 2c., letzteres fiür die Bureaus, Buffets ꝛc. Bezüglich der Ar— 
hitektur und künstlerischen Ausschmückung der Gebäude ist Folgen— 
des erwähnenswerth: Gleich beim Betreten des aus Mittelbau mit 
wei Flügeln bestehenden Hauptgebäudes vom Bahnhofsplatz aus 
vird mau überrascht von der Großartigkeit, in der das Vestibül 
gehalten ist; dasselbe nimmt die ganze Höhe von der Sohle 
es Gebäudes bis zum Dache ein und empfängt das Tages— 
icht durch hohe Bogenfenster mit buntgläsernen Scheiben. Die 
decke wie die Wände sind reich mit Vergoldungen versehen 
ind an den Wänden find in künstlerischer Ausführung die ver— 
chiedenen Reichswappen angebracht. Sehr wirkungsvoll ist die 
er Stadt zugekehrte Facade des Hauptgebändes. Unter den Front— 
enstern läuft ein Architrav, an welchem sich die von Verzierungen 
m griechischen Stile umgebenen Wappen des Reiches und Elsaß— 
Lothriugens befinden; ein großes Zifferblatt, umgeben von zwei 
ehr kunstooll gemeißelten Reliefs, die Provinzen Elsaß und Loth— 
ringen darstellend, vervollständigen die schöne Fagade. Das ganze 
Hebäunde, sowie die meisten übrigen Gebäude sind aus Vogesen— 
andstein erbaut. Die Gesammtkosten der uenen Bahnhofsanlagen 
ind auf 151,, Mill. Mark gestiegen, während ursprüngalich nur 
10 Millionen zum Bau bestimmt waren. 
Wohnungsüberfluß. In Folge der in diesem Sommer 
stattgefundenen übertriebenen Bauspekulation, — wir haben oft 
genng gewarnt! — berechnen Sachverständige zum Schluß des 
Jahres“ einen Ueberfluß von etwa 20000 Wohnungen. Es ist 
dies um so wahrscheinlicher, als der Einwohnerzuwachs, welcher 
durchschnittlich 30000 Seelen beträgt, in diesem Jahre wesentlich 
zurückzuübleiben scheint, wie man aus unseren wöchentlichen Mit— 
heilungen über die Bewegung der Bevölkerung entnehmen kann. 
Die Naͤchtheile dürften vorzugsweise größere und elegante Quar— 
fere, namentlich in den westlichen Stadttheilen, treffen. Schon 
in einzelnen Meittheilungen der letzten Nummer haben wir diese 
Eventualitäten vorgesehen. 
Verbilligung der Baumaterialien. Die Abrechnung 
vom Neubau des physiologischen und physikalischen Instituts zu 
Berlin hat ein Ersparniß von rot. 381600 Mk. gegen den An— 
schlag ergeben. Dieses guͤnstige Resultat ist hauptsächlich durch 
das Sinken in den Preisen für Material und Arbeit während der 
Bauseit erzielt worden. 
Stuttgart. Strike der Möbeltischler, Seit dem 
1. August herrscht in den meisten großen Möbelfabriken hier eine 
Arbeilseinstellung. Dieselbe hat bei den Arbeitern der Schöffle'- 
schen Fabrik ihren Anfang genommen, welche sich über mehrere, 
ihre Behandlung betreffenden Mißstände beklagten und außerdem 
höhere Akkordloͤhne, Festsetzung eines Minimallohnes, Mehrbe— 
ahlung für Ueberzeits-Arbeit verlangten. Während, von der Ge— 
schüstsleitung eine Aenderung jener Mißstände in Aussicht gestelll 
wurde, wollte sie sich aui die prinzipiell wichtigen Forderungen 
nicht einlassen. Während einerseits die Arbeiter sich an ihren 
GewerkVerein wendeten und dieser die Angelegenheit in agita— 
torischer Weise in die Hand nahm, brachte der obengenannte Fa—⸗ 
brikant eine Koalition mit sieben seiner Kollegen zu Stande, welcht 
nun ihre Arbeiter insgesammt mit einer Aussperrung bedrohten, 
für den Fall, daß die Schöffle'schen Arbeiter einen Strike eröffneten. 
Da letzterer erfoigte, trat unverweilt die Aussperrung ein. Von 
Strike und Aussperrung sind gegen 600 Arbeiter betroffen, welche 
indessen, soweit sie nicht die Stadt verlassen haben, von dem 
Gewerk Verein nothdürftig ausgelohnt werden. Der Strike-Kom— 
miffion des letzteren sind' bis jetzt über 12000 Mt. von den Ar— 
beitern anderet Städte zugeflossen, wovon aber über die Hälfte 
aufgezehrt ist; dem ehrgeizigen Vorstand, des Gewerkvereins ist die 
Angelegenheit ein willkommenes Meittel für die Anstrebung eines 
großen, die Schreiner umfassenden deutschen Gewerkvereins. Er 
bereist die Städte, um Agitationsreden zu halten, welche auch auf 
die audern Arbeiter-Kategorien berechnet sind, so daß der Erfolg 
bereits in einer Unruhe bei den Schreinern, Maurern, und Korsett⸗ 
webern zu Tage tritt. Indessen müssen die Möbelfabrikanten Be— 
stellung 'auf Bestellung, welche ihnen von Auswärts zugedacht
	        

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