Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

537 Die elektrische Kraftübertragung und ihre Bedeutung für das Kleingewerbe. — Die Gewichts- und Volumenveränderung des Holzes. 538 
Die elektrische Kraftübertragung und ihre 
Bedeutung für das Kleingewerbe. 
Ueber dieses Thema hielt Dr. A. Slaby kürzlich im Verein 
zur Beförderung des Gewerbefleißes in Berlin einen Vortrag, dem 
wir nach dem ‚Civil-Techniker“ Folgendes entnehmen: 
Der Vorschlag, die von den Kleinindustriellen benöthigte 
Arbeitskraft an größeren Zentralstellen in rationellster und damit 
billigster Weise zu erzeugen und sie dann den einzelnen Werk— 
stätten ähnlich wie Gas und Wasser zuzuleiten, ist wohl schon oft 
besprochen, an einzelnen hierfür günstig situirten Orten wohl auch 
zur Ausführung gelangt, indeß kann, man nicht behaupten, daß 
dergleichen Anlagen eine größere Verbreitung gefunden hätten und 
daß dem vorliegenden dringenden Bedürfnisse bis jetzt in einiger— 
maßen erfolgreicher Weise abgeholfen wäre. Die Benützung des 
Wassers der Hochdruckleitungen größerer Städte zu diesem Zwecke 
scheiterte an den zu hohen laufenden Betriebsauslagen, ebenso hat 
sich der Vorschlag, komprimirte Luft zur Erzeugung von Betriebs— 
kraft zu benützen, ebenfalls der hohen Kosten wegen nicht durch— 
führen lassen. Die Kleinindustrie bleibt vielmehr bis heute fast 
ausschließlich auf die Benützung der sogenannten Kleinmotoren an— 
gewiesen und hat sich in den mit Gasaͤnstalten versehenen Städten 
dit Vorliebe der Gasmaschinen bemächtigt. Eine bei Weitem nicht 
so ausgedehnte Verbreitung haben die Heißluftmaschinen und die 
kleineren Kesseldampfmaschinen gefunden. 
Mit dem Hervortreten der elektrischen Kraftübertragung ist 
zur Zeit die Frage der Erzengung von Betriebskraft an größeren 
Zentralstellen in ein ganz neues Stadium getreten. Sollte es ge— 
ngen, an einer Zentralstelle Elektrizität in großen Mengen zu er— 
zeugen, diese dann, in die einzelnen Häuser zu leiten und hier zur 
Erzeugung von Arbeitskraft nutzbar zu machen, so wäre die Frage, 
wie der Kleinindustrie und dem Handwerk Betriebskraft zugeführt 
werden könne, ein gut Stück ihrer Lösung näher gerückt. J 
In ersterer Linie ausschlaggebend bleibt auch hier die Kosten— 
frage, und es ist demnach zuvörderst rechnerisch klarzustellen: Was 
kostet dem Kleinindustriellen in seiner Werkstatt die Pferdestärke 
pro Stunde, wenn sie ihm von einer Zentralstelle aus auf elek— 
trischem Wege geliefert wird, oder wenn er sie sich durch einen 
Gasmotor beschafft? 
Die Kosten der elektrischen Kraftübertragung werden starf 
beeinflußt durch die Verluste in den elektrischen Leitungen selbst 
Im Jahre 1880 von der Firma Siemens & Halske angestellte 
Versuͤche haben gezeigt, daß man auf kurze Euͤtfernungen einen 
clettrischen Nutzeffekt bis zu 600,0 erhalten kann, der mechanische 
Nutzeffekt ist noch geringer. Letzterer wurde gelegentlich der letzten 
Punchener Ausstellung, freilich unter sehr ungünstigen Umständen, 
zu nur 2500 ermittelt und soll auch nur in dieser Höhe den nach— 
solgenden Rechnungen zu Grunde gelegt werden. 
Die Kosien einer elektrischen Zentralanlage lassen sich zur 
Zeit noch nicht mit der wünschenswerthen Genauigkeit aufstellen, 
wohl aber bieten hiefür jene Daten einen sicheren Anhalt, welchen 
P William Siemens in einem seiner Vorträge vor der Societn 
of Arts niedergelegt hat. 
Dr. W. Siemens spricht sich dagegen aus, ganze größere 
Städte von einer einzigen Zentralanlage aus mit Elektrizität zu 
versorgen, er hält es für richtiger, mehrere solcher Anlagen für 
einzelne kleinere Bezirke anzulegen. Als Beispiel einer solchen 
Anlage wählt er den Distrikt des Kirchspieles St. James in London 
mit aner Bodenfläche von etwa , engl. Quadraͤtmeile, d. i. ein 
Suadrat von etwa 800 m Seitenlaͤnge. Dr. Siemens empfiehlt 
ferner, nicht die gesammte Beleuchtung eines solchen Bezirkes auf 
elektrischem Wege zu bewirken, sondern nur etwa 25 pCt., das 
Uebrige aber dem Gaslichte zu lassen. Zu einer solchen Beleuchtung 
würden an der in der Miitte des Bezirkes zu errichtenden Zentral— 
stelle 7000 Pferdestärken und eine Bodenfläche von 2500 qm aus— 
reichen. Die Kosten der Zentralstelle, Grunderwerb, Baulichkeiten 
Kessel- und Dampfmaschine sollen in runder Summe 2,800,000 Mk 
betragen. Für die nach ralionellen Prinzipien anzulegende elek 
rische Leituug für eine in derselben nicht zu überschreitende elek 
trische Spannung von 200 Volt rechnet Dr. Siemens den Betrag 
bou 740,000 Mt. heraus, so daß sich die Gesammtkosten auf 
3,540,000 Mk. stellen. 
Da nun die elektrische Beleuchtung nur des Abends funktionirt, 
so würden die betreffenden Maschinen den ganzen Tag über unbe— 
nützt stehen, und es dürfte demnach der Vorschlag, die Zentralan— 
lage währeud etwa acht Stunden des Tages gleichzeitig zur Ab⸗ 
gabe elektrischer Betriebskraft zu verwenden, auf keine Hindernisse 
stoßen, vielmehr für die Reutabilität der ganzen Aulage nur von 
Vortheil sein. Der Kleinindustrielle, der Handwerker, müßte dann 
freilich über seine Arbeiten so disponiren, daß er diejenigen der⸗ 
selben! zu welchen er Betriebskraft bedarf, nur während iener 8 
Lagesstunden vornehmen läßt. Mit Rücksicht hierauf möge die 
Hälfte der Gesammtkosten der Zentralanlage, d. i. 1, 700,000 Mk., 
Fer elektrischen Transmissionsaulage zur Last fallen, die andere 
Hälfite den Beleuchtungsanlagen. 
Die Kosten einer Pferdestürke per Stunde auf der Zentral⸗ 
anstalt selbst stellen sich dann, 300 Arbeitstage à 8 Stunden im 
Jahre gerechnet, in Pfennigen wie folgt: 
Amortisation, Zinsen und Reparaturen 15 pCt. von 
1,700, 000 Mt........ . 1,738 Pf. 
Kohlen für 7000 Pferdestärken, 1kg per Stundenpferde— 
kräfte, bei 16 Mk. per Tonne Kohlen. .. .. 1,50 , 
Schmieröl, Dichtungsmaterial u. dal. mit... .020 , 
Behalte und Arbeitslöhne, die Hälste von 120,000 Mk. O,30 
1 Dampfmaschinen-Pferdestärke per Stunde an der Zen— 
tralstelle . . 3,80 Pf. 
Bei einem Nutzeffekt in der elektrischen Lraftübertragung von 
nur 25 pCt., wie vorstehend näher dargelegt, kostet die Pferdestärke 
pro Stunde in der Werkstatt des Handwerkers viermal so viel, 
d. i. 14,332 Pfennige, wobei dann endlich noch die Kosten für An— 
chaffung und Aufstellung der kleinen Dynamomaschine zu berück— 
ichtigen sind, deren jede Werkstatt bedarf, um durch sie die ge— 
lieferte Elektrizität in Betriebskraft zurück zu verwandeln. 
Rechnet man, was reichlich ist, für diese Dynamomaschine 
1000 Mk. per Pferdestärke als Anschaffungskosten, und dann hier⸗ 
bon wiederum 15 pCt. Amortisation, Verzinsung und Reparatur, 
o macht diese weitere 6,25 Pf. pro Stundenpferdestärke, und es 
ostet endlich eine elektrische Pferdestarke pro Stunde in der Werk⸗ 
tatt 20,57 Pf. 
Die Verhältnisse der Kleinindustriellen, resp. des Handwerkers 
m Auge behaltend, sind für die Berechnung der, Kosten einer 
Pferdestärke pro Stunde, bei einer Gasmaschine als Motor, die 
olgenden Daten maßgebend: 
Hröße in effektiven Pferdestärken b 
Preis eines Motors. .— Mk. 1650 Mk. 
Fracht desselben. . 40, 
Fundamentanker mit Splinten - 166, 
HPdontirung mit einjähriger Beaufsich 40, 
Mauerfundamente. . 50, 
Has⸗ und Wasserrohrleitung, vom (2 
und Wassermesser gerechnet und Luv 
blaseleitingg. — 50 758, 
Summa .. 1502 Mk. 1871 Mk. 
Als Anschaffungskosten ꝛc. kann man daher wohl durchschnitt⸗ 
lich 1000 Mt. per Pferdestärke einer Gasmaschine der Berechnung 
zu Grunde legen und erhält dann wiederum bei 300 Arbeitstagen 
18 Stunden stündlich für 
Amortisation, Verzinsung und Reparatur, 15 pPCt. von 
2000 Rk. . . . . . 12325 pjf. 
Gasverbrauch pro Pferdestärke 1 kbm à 16 Pf. . 1606 
Wartung und OBell. 6* 200 
1 Gasmaschinen-Pferdestärke pro Stunde.. * 30,5 Pf. 
Der Kostenpunkt der elektrischen Transmission zur Erzeugung 
von Betriebskraft verhält sich also zu den Kosten der Betriebskraft 
durch kleinere Gasmaschinen rund wie 2:3. 
Wie aus dem Inhalt des Vorstehenden hervorgeht, können 
die dort anfgeführten Zahlen, keinen Anspruch auf absolute Zuver⸗ 
lässigkeit machen, jedenfalls aber lassen sie das mit Sicherheit er— 
feunen, daß die Loͤsung der Frage, größere Mengen von Betriebs⸗ 
kraft an einer Zentralstelle zu erzeugen und sie dann unter Be— 
— E— fern und zerstreut liegen⸗ 
den Verbrauchsstellen zu vertheilen. bezüglich der Koftenfrage nicht 
zu den Unmöglichkeiten gehört. 
Die Gewichts- und Volumenveränderung 
des Holzes. 
Im Auftrage der Direktion der Domänen und Forsten des 
Kantons Bern hat, nach den Mitth. des Wien. tech. Gew.Mus. 
m Juliheft 1883, Forstinspektor J. A. Frey zu Münster im Jura 
in den in der nachstehenden Taäbelle genaunten 12 „hauptsüch— 
ichsten Waldholzarten“ in dieser Richtüng eine Reihe von Er— 
scbüngen veranstaltet. Die erhaltenen Resultate wurden zur Be— 
chicknng der jetzigen Landesausstellung in Zürich revidirt und in 
Form einer Broschüre veröffentlicht. Das Material zu den Unter— 
uchungen lieferten mittelstarke 75- bis 100jährige Stämme, welche 
Anfangs Janunar 1877 gefällt wurden. Die Waldparzelle war 
inem Nordwestabhange, bei 750 bis 800 in über dem Meeer 
gelegen; der Boden war gebildet aus Korallenkalktrimmern und 
Dxsord-Mergel und mit einer ordentlichen Humusschichte bedeckt.
	        

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