Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Der neue Centralbahnhof in Straßburg. — Verfehlte Decken- und Dachkonstruktionen. 
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In dem Füllschachte entgast das Brennmaterial allmälig 
und verbhrennt mit blauer Flamme zu reiner Kohlensäure, unter 
Zutritt der die glühenden Kohlen im Rostkorbe pafssirenden heißen 
Verbrennungsluft. Da hierbei sämmtlicher Sauerstoff aufgezehrt 
wird, resultirt daraus eine absolute Rauchverbrennung, so daß bei 
richtiger Behandlung der Oefen in dem Abzugsrohr resp. Schorn— 
stein keinerlei Rußbildung nachweisbar ist. 
Wegen des Mangels an Sauerstoff ist auch ein Erglühen, 
ein Ver- oder Einbrennen des Füllschachtes unmöglich, und 'ebenso 
ist der Rostkorb nicht zum Glühen zu bringen, da seine vertikalen 
Stäbe fortwährend von Luft umspült sind. Der unterste beweg— 
liche und ambulante Kegel- oder Kuppelrost kann, wenn derselbe 
einmal durch Ueberheizung des Ofens leiden sollte, binnen einer 
Minute ersetzt werden; im Uebrigen kann man die Konstruktion 
eine fast unverwüstliche nennen. 
Der reine Nutzeffekt des verbrauchten Brennmaterials be— 
ziffert sich nach angestellten Versuchen auf 92 bis 95 Prozent. Es 
ist dies ein Resultat, welches bisher von keinem Heizapparat 
erreicht war. 
Aus der vorstehend gegebenen Beschreibung nebst Zeichnungen 
ergeben sich unzweifelhaft die hohen technischen Qualitäten der 
Lönholdt'schen Oefen. Wenn man hierbei serner berüchsichtigt, 
daß sowohl die technische Herstellung, als auch die äußere Ans— 
stattung und geschmackvolle Ornamentirung eine ganz vorzüäügliche 
zu nennen ist, so dürfen wir wohl mit Recht unseren Lesern die 
qu. Oefen nach jeder Richtung hin empfehlen. 
Die Oefen werden in zahlreichen Größen-Abstufungen und 
verschiedener Ornamentirung von der Firma Gebrüder Büderus, 
Hirzenhainer-Hütte und Main-Weser-Hütte, angefertigt. Lager in 
Berlin halten E. Wille u. Co., 8.W. Kochstraße 78. Technische 
Auskunft ertheilt Herr Sanitäts-Architekt W. Lönholdt, Berlin, 
8. W. Königgrätzerstraße 124. 
meißelte Reliefbilder, die Provinzen Elsaß und Lothringen sym— 
holisch darstellend. 
Wie das ganze Gebäude, so ist auch die Façade aus Vo— 
gesensandstein, von den Brüchen bei Pfalzburg stammend, ausge— 
ührt und es ist nur zu bedauern, daß die Farbe des Materials 
der sonst reich mit Ornamenten stilisirten Facade nicht entspricht. 
Der ihr gemachte Vorwurf eines zu niedrigen Sockels soll nicht 
Verschulden der Architekten sein, sondern wurde durch die Höhe 
»es Schienengeleises ünd diese durch die neue Stadtumwallung be—⸗ 
»ingt. Die bei diesem Gebäude angewendete Vereinigung ver— 
chiedener Baustile wird unsern Herren Kollegen bei Gelegenheit 
Veranlassung zu näherem Studium geben. 
Säaämmtliche Räume des Stationsgebäudes haben eine kom— 
hinirte Dampfwasserheizung erhalten. Die Dampfkessel sind in 
der Baulichkeit untergebracht, welche das Stationsgebäude mit dem 
Dienstgebäude verbindet. Dieses selbst trägt zwei elegante Kamine, 
velche zur ganzen Heizeinrichtung gehören. 
Die Beleuchtung des Bahnhofes und sämmtlicher aufstehender 
Baulichkeiten erfolgt mit elektrischem Licht und zwar theils mit 
Bogenlicht, theils mit Glühlicht. Die ersorderlichen Dampftessel 
uind Dampfmaschinen (6 Maschinen zu je 32 Pferdekräften, zu— 
ammen 192 Pferdekräften, deren Leistungsfähigkeit jedoch bis zu 
270 Pferdekräften gesteigert werden kann) sind in dem Schuppen 
ninter dem Central-Verwaltungs-Gebäude untergebracht, ein kleinerer 
Schuppen am Südende des Bahnhofes enthält die Motoren und 
lektrischen Maschinen zur Beleuchtung des großen Lokomotiv— 
chuppens und der angrenzenden Baulichkeiten. Den elektrischen 
Strom für die Bogenlichter erzeugen 15 Siemens'sche dynamo— 
lektrische Maschinen und für die Glühlichter sieben Edison-Ma— 
chinen. Das Bogenlicht kommt zur Anwendung bei der Beleuch— 
tung der gesammten Bahnhofsfläche, der Güterschuppen, der Lo— 
fomotivschuppen, der Perronhallen, der Wartesäle und des Vestibuls 
m Stationsgebäude, sowie des Bahnhofpvorplatzes. Die Kaiser— 
zimmer, sowie sämmtliche Büreaux der Post- und Eisenbahn-Ver— 
waltung, die Tunnels, die Gepäck Expeditionen, die Toiletten und 
Retiraden, überhaupt sämmtliche kleinere Räume erhalten Glüh— 
icht-Beleuchtung. Die Ausführung erfolgt durch die Karlsruher 
Maschinenbau-Gesellschaft (Dampfkessel und Dampfmaschinen), 
Siemens und Halske zu Berlin (Bogenlicht-Beleuchtung) und durch 
Ungerer und Schulze hieselbst (Glühlicht-Beleuchtung). 
Die hydraulische Hebe-Vorrichtung für das Post- und Passa— 
gier-Gepäck ist durch die Firma Dinglinger in Cöthen ausgeführt; 
die dazu gehörigen Dampfkessel und Dampfpumpen sind von 
Hetzler und Karcher in Beckingen a. d. Saar geliefert worden. 
Die Dampf-Wasser-Heizung ist von der Firma J. H. Reinhardt 
in Würzburg ausgefuͤhrt worden. 
Die Kosten des Stationsgebäudes, einschließlich der großen 
Perronhalle, sowie der Seitenhallen, der Perrons mit den auf—⸗ 
tehenden Wartesaalbauten, den Tunnels und Treppenanlagen u. s. w. 
werden etwa 214, Millionen Franken betragen, die Kosten des ge— 
ammten Bahnhofsbaues etwa 193/, Millionen Franken. 
Nach Aufstellung des Raumbedürfnisses und der Grundriß— 
anordnung in den Bureaux der General-Direktion wurden die 
Pläne für das Stationsgebäude durch den Prof. Joh. C. Jakobs— 
hal zu Berlin angefertigt, die Ausarbeitung und Ausführung er— 
olgte unter der Leitung des Ober-Regierungsraths Funke, durch 
die Herren Abtheilungsbaumeister Caspar, Baumeister Braun, 
owie durch den auf dem Centralbüreau anagestellten Architekten 
Agender 
Der neue Centralbahnhof in Straßburg 
wurde am 15. v. M., wie wir bereits meldeten, soweit es den 
Personenverkehr betrifft, eröffnet. 
Bei der Anlage desselben hat man nicht das System einer 
Kopfstation, wie es der bisherige Stadtbahnhof hatte, sondern 
dasjenige einer Durchgangsstation nach den Anlagen der Bahnhöfe 
der Metropolitanbahn in London, sowie derjenigen in Magdeburg 
und Hannover, zu Grunde gelegt. Das aus zwei Etagen bestehende 
Stationsgebäude lehnt sich der Länge nach an die Geleissstränge 
an und ist durch zwei Perronhallen mit den zu beiden Seiten 
rechtwinklig abspringenden Verwaltungs- und Dienstgebäuden ver— 
bunden. Der „Schweiz. Bauztg.“ entnehmen wir noch Folgendes: 
Das Stationsgebäude nimmt im Erdgeschoß die Ein- und 
Ausgangstunnel der Reisenden, sowie die Billetschalter und die 
Gepäckannahmestellen auf, im ersten Stock rechts die Wartesäle, 
Restauration, links die Kaiserzimmer und Diensträume. In der 
Mitte befindet sich das durch zwei Etagen durchgehende, 20 m 
hohe Vestibul, welches mit Zinkblech, auf der Dachkonstruktion 
ruhend, abgedeckt ist. 
Die Geleise befinden sich auf der Höhe der ersten Etage und 
die zwischen denselben gelegenen Perrons, Wartesäle, Billetschalter ꝛc. 
sind durch Tunnels mit dem Erdgeschoß verbunden. Auf die 
Länge des Stationsgebäudes sind die Geleise und Perrons mit 
einer zweischiffigen eisernen Halle überdeckt, die aber nicht den 
nöthigen Schutz gegen Schlagregen bietet und wohl noch mit einer 
theilweisen Verglasung der Längswand versehen werden muß. 
Bei der Anlage und Ausführung des Gebäudes ist nichts 
dergessen worden, um den nöthigen Komfort mit vollständiger Be— 
quemlichkeit und Gefahrlosigkeit für die im Gehäude verkehrenden 
Reisenden zu verbinden. 
Die gegen die Stadt, resp. gegen den neu angelegten Küßplatz 
gerichtete Hauptfagade des Stationsgebäudes besteht aus dem von 
zwei Seitenflügeln hervorspringenden Mittelbau, welch' erstere je 
10 Fenster Front in der ersten Etage haben, letzterer durch drei 
große Bogenfenster dem dahinterliegenden Vestibul genügende Be— 
leuchtung zuführen und der Façade einen monumentalen Charakter 
verleihen. Unter diesen Fensteröffnungen sind die mit einem eisernen 
Schutzdach versehenen drei Eingangsthüren angebracht, welche direkt 
in das im Winter geheizte Vestibül führen ünd daher geschlossen 
werden sollen, durch welchen Umstand es sich entschuldigen läßt, 
daß diese Eingänge nicht den sonst üblichen Charakter eines Haupt— 
eingangs haben. Ueber den Fenstern des Mittelbaues läuft ein 
Architrav, an welchem sich die von Verzierungen im griechischen 
Stile umgebenen Wappen des deutschen Reiches, sowie von Elsaß— 
Lothringen befinden. Die äußeren Fagçadentheile enthalten zwei 
große Zifferblätter, sowie zwei äußerst sorgfältig aus Stein ge— 
Mittheilungen aus der Praris. 
Verfehlte Decken- und Dachkonstruktionen. 
Aus Prag wird uns geschrieben: 
Schon früher ist in diesem Blatte über gewisse Dach- und 
Deckenkonstruktionen unbarmherzig der Stab gebrochen, es scheint 
edoch, daß die betreffenden Darstellungen der ausgesprochendsten 
Fehler besagter Konstruktionen noch immer nicht die gehörige Wür— 
igung gefunden haben, denn sie werden noch immer angewendet. 
Wir wollen hier besonders auf zwei solche Konstruktionen, welche 
»amals nur so obenhin erwähnt wurden, weil sie z. Z. noch nicht 
o gang und gäbe gewesen, zurückkommen und sie etwas eingehender 
»etrachten; es bedarf dazu gar nicht vieler Worte, da die Sache 
o klar erscheint, daß sie fast ein Kind begreifen kann. 
Es handelt sich also vornehmlich um die Hängedecke und 
»en „Brückenstuhl“ oder den auf die Decke gestützten Dachstuhl. 
xrstere kommt in neuerer Zeit ziemlich häufig vor, aber man sollte 
slauben, daß beide Konstruktionsarten von anständigen und ein— 
ichtsvollen Architekten, Baumeistern oder Ingenieuren nicht an— 
jewendet werden, besonders bei Holz und Eisen, oder ausschließ— 
icher Holzkonstruktion: die Anwendung ist aber auch bei aus—
	        
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