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Rittheilungen aus der Praxis. — Bauberichte aus verschiedenen Städten.
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auch durch genaue, auf Grund der C. Ludwig'schen Methode an—
gestellten Versuche das Vorhandeusein von Kohlenoxyd in der
Zimmerluft entdeckt, einem Gase, von dem nach J. von Liebig
chon ein kleiner Gehalt die Luft ganz entschieden schädlich macht.
Allerdings ist die Zuverlässigkeit des Kayser'schen Verfahrens in
dem oben angeführten Berichte der Sachverständigen des Magi—
strats S. 22 ff. bestritten und gerade im Gegensatze dazu, und
zwar ebenfalls auf Grund sorgfältiger chemischer Untersuchungen,
die Abwesenheit des Kohlenoxydgases in der Klassenluft behauptet
worden. Es würde somit in Bezug auf diesen Punkt Autorität
gegen Autorität stehen. Doch ist zu beachten, daß die Kayser'sche
Ansicht durch die Aussage des Dr. Deville, Professors der Chemie
an der Ecole Normale Snpeérieure in Paris, gestützt wird, der
nach einer Lobpreisung unserer deutschen Kachelöfen, die er als
den besten Heizungsmodus bezeichnet, von den Luftheizungskanälen
behauptet, sie erzeugten eine zu schwankende Wärmemenge, einen
sehr unangenehmen Geruch und zugleich Kohlenoxyd, wenn auch
in geringerer Menge.
Dies Beweismaterial dürfte in Verbindung mit den oben
beigebrachten Beschwerden der Berliner Lehrerwelt ausreichen, um
ein verwerfendes Urtheil über die Luftheizung zu begründen. Denn
wenn auch einzelne der angeführten Mittheilnungen nicht frei von
einer gewissen Üebertreibung und subjektiven Färbung sein mögen,
so ist doch die Uebereinstimmung der fachmännischen Gutachten mit
den Augaben der Lehrer so allgemein, daß an Einbildungen und
Selbsttäuschungen, wie sie wohl einzelnen, nicht aber einer so
großen Zahl unverdächtiger und vertrauenswürdiger Zeugen be—
jegnen können, hier nicht zu denken ist, sondern die gerügten
Uebelstände im Wesentlichen als erwiesen und mit den bisher in
Schulen und anderen Bauten zur Anwendung gekommenen Luft—
heizungs-Einrichtungen unzertrennbar verbunden scheinen, ein Er—
zebniß, das an Gewicht und allgemeiner Geltung dadurch nichts
verliert, daß erfahrungsmäßig in Folge besonders fehlechafter
Ausführung der Anlagen oder sonstiger lokaler Ursachen die Mängel
an der einen Stelle im stärkeren Maße als an der anderen hervoör—
treten. Bei dieser Lage der Dinge ist es eine unabweisbare Pflicht
der Behörden, so schnell wie möglich gründliche Abhilfe zu schaffen
und nöthigenfalls selbst zu einer völligen Beseitigung der vorhan—
denen Luftheizungen zu schreiten. Was in Fürth, München,
Mannheim, Baden-Baden möglich gewesen ist, muß sich, meinen
wir, auch in Berlin durchführen lassen. Sollte man aber wirklich
an maßgebender Stelle noch nicht von der Verwerflichkeit der Luft—
heizung an sich überzeugt sein, so müßten baldigst umfassende, auf
alle Berliner Schnlen, auch die mit Wasser- und Lokalheizung
versehenen, auszudehnende Untersuchungen der Beschaffenheit und
Funktionirung der Heizungs-Einrichtungen sowohl, wie des Ge—
sundheitszustandes der Schüler angestellt werden, um so das Ma—
terial für eine endgültige Entscheidung zu gewinnen. Denn es
handelt sich in Wahrheit um Leben und Gesundheit von Tausenden
schulpflichtiger Kinder und von Hunderten pflichtgetreuer Lehrer.
(„Die Post.“)
Mittheilungen aus der Praxis.
Versuche mit Tripolith.
Zu Anfang des Jahres 1881 erregte ein neues Baumaterial,
welches von den Gebrüdern Schenk in Heidelberg hergestellt, mit
dem Namen „Tripolith“ belegt und zu Bauzwecken empfohlen
wurde, in technischen Kreisen eine gewisse Aufmerksamkeit. Nach
Angabe der Fabrikanten sollte der Tripolith an Festigkeit Gips
äbertreffen, je nach dem Mischungsverhältniß rasch oder langsam
abbinden, sich ebenso gut in Formen gießen, wie als Mörtel
putzen und glätten lassen, sich im Wasser nicht auflösen, Witterungs—
einflüssen gut widerstehen, nur wenig treiben, niemals reißen und
eden Austrich von Kalk-, Leim- oder Oelfarben gut annehmen.
Diese Fülle guter Eigenschaften schienen dem neuen“ Material eine
ausgedehnte Verwendung als Ersatz für Gips und vielleicht auch
fuͤr Cement zu sichern und ließen es geboten erscheinen, alsbalb
praktische Versuche mit demselben anzustellen. Auf Veranlassung
des Ministers der öffentlichen Arbeiten hat die Ministerial Bau
kommission in Berlin, wie das „Centr.⸗“Bl. d. Bauverw.“ meldet,
mehrfach, sowohl bei Wasserbauten als bei Hochbauten, probeweise
Tripolith verwendet und über die Ergebnisse dieser Versuche vor
Kurzem Bericht erstattet. Aus demselben geht hervor, daß die
meisten der oben erwähnten Vorzüge dem Tripolith thatsächlich
nicht innewohnen. Das Material besteht, wie durch Analysen
von C. Treumann und Dr. Petersen (vergl, Thonindustrie-Zeitung'
Jahrgang 1881) nachgewiesen ist, aus nichts Anderem, als aus
Gips, mit Beimengungen von etwas Kalk, Magnesia-Karbonat
und Sand. Diese Masse wird mit etwa VNrd Gewichtstheilen Kohle
oder Koakes mäßig gebrannt. Das so heraestellte Erzeugniß
erhärtet, mit Wasser angerührt, zu schnell, um als Mörtel ver—
wendbar zu sein, mit Sandzusatz etwas langsamer, ohne indessen
eine dem Cement auch nur annähernde Festigkeit zu erlangen.
An der Luft erhärtete Probekörper erweichten im Wasser nach
einigen Tagen und zerfielen beim Berühren mit der Hand. Die
zosten für 100 kg Tripolith berechneten sich bei Bezug aus Heidel⸗
»erg einschließlich Fracht und Anfuhr auf 5 Mk. 79 Pf., waͤhrend
in derselben Zeit 100 kg besten Cementes für etwa 4 Mk. 75 Pf.
zu haben waren. Der PVreis beider Materialien war souach unter
Berücksichtigung des spezifischen Gewichtsverhältnisses von Tripo—
slith zu Cement mit 5: 6 annäherud gleich.
Ein beim physiologischen Institut der Universität angestellter
Versuch, eine Wand zur Isolirung gegen aufsteigende Feuchtigkeit
nit Tripolith zu putzen, hatte nicht den erhofften Erfolg; die
Wand blieb nach wie vor naß. Ebensowenig haben sich Orna—
nente aus Tripolith Guß im Freien bewährt Die Firma Zeyer
ind Drechsler in Berlin, welche eine Zeit lang die Vertretung
für die Gebrüder Schenk übernommen hatte, lieferte im Jahre
1881 für ein Wohnhaus in Stettin aus Tripolith hergestellte
Façaden-Ornamente, sah sich aber genöthigt, nachdem binnen
Fahresfrist sämmtliche Theile von der Witterung zerstört waren,
instatt derselben Stuck-Ornamente anbringen zu lassen. Die Ver—
vendung von Tripolith würde sich sonach lediglich auf Arbeiten
»es inneren Ausbaues beschränken. Ein in dieser Richtung im
zuisen-Gymnasium angestellter Versuch mit Wandputz hat indessen
nuch keine irgend nennenswerthe Vorzüge vor dem uͤblichen Kalk—
nörtel-Verputz erkennen lassen. Nach alledem kann dem Tripolith
als Baumaterial eine weitere Bedeutung nicht beigemessen werden.
Zum Backstein-Rohbau.
In Deutschland, der nördlichen Schweiz ꝛc. werden für Back—
teinverblendungen extra Steine gebrannt, und geben sich die
Maurer viele Mühe, eine ordentliche Fuge zu Stande zu bringen.
Pan findet auch in der That, hauptsächlich im Norden, Arbeiten
n Backstein-Verblendungen, die das größte Lob verdienen.
In dieser Hinsicht möchten wir jedoch auf die gleichen Ar—
»eiten in der italienischen Schweiz und Oberitalien hinweisen, wo
ür Backstein-Verblendungen keine Extra-Steine fabrizirt, sondern
die gewöhnlichen Steine größten Formats dazu verwendet werden.
Die Stirnflächen derselben werden auf einer Sandsteinplatte mit
Wasser abgeschliffen, die Fugen nach einwärts mit scharfem Hammer
erweitert, ebenfalls scharfkantig zugeschliffen und so satt an ein—
inder versetzt, wie es mit den feinen Kacheln eines Ofens zu ge—
chehen pflegt. Als Bindemittel wird ganz fetter gesiebter Kalk—
nörtel verwendet, die Hintermauerung geschieht natürlich gleich—
eitig, wobei es aber sehr häufig vorkommt, daß das Hinter—
nauerungs-Material natürlicher Stein ist von gerade nicht der
»esten Qualität. Ist die Façade fertig, so wird sie von oben bis
unten wiederum sauber abgeschliffen und bei einiger Höhe des
Bebäudes wird man an den oberen Stockwerken kaum mit freiem
Auge eine Fuge sehen. Weil die Fnugen so äußerst klein sind und die
Flächen auf das Egalste abgeschliffen, so ist diese Verblendungsart
ehr witterungsbeständig, wovon die vielen alten Bauwerke, welche
auf diese Weise hergestellt sind, den besten Beweis liefern. Fugen,
wie solche anderwärts gebräuchlich sind, haben immer den Nachtheil,
eine Art Rinne zu bilden, gleichgültig, ob sie vertieft oder erhöht
mit bestem Cemente ausgesogen sind, das anschlagende Regenwasser
bildet eine Art Traufe, an deren Rand der Bachstein hauptsächlich
dann am meisten angegriffen wird. wenn Frost- und Thauwetter
mit einander abwechseln — 4
Berichte aus verschiedenen Städten.
Berlin. Die Arbeiten für die Errichtung eines neuen
Packhofes in der Nähe der Moltke-Brücke sind bereits soweit
yorgeschritten, daß man nunmehr vom linken Spreeufer aus einen
zrientirenden Ueberblick über die äußere Gestaltung der ganzen
Anlage gewinnt. Mit der Hauptfront der Straße Alt-Moabit
zugekehrt, erhebt sich auf dem Terrain das Direktionsgebäude, das
nn Sandstein aufgeführt wird und schon bis zur Höhe des ersten
Stockwerkes gebracht ist. In einiger Entfernung davon, nach
Westen hin, entsteht ein zweites, ebenfalls in Sandstein herzu—
tellendes Verwaltungsgebäude von etwas kleineren Dimensionen,
ind weiter westlich der mächtige Speicher. Dieser, baulich am
veitesten gefördert, zeigt zwei rechtwinklig aneinander stoßende
Xlügel, in deren einem sich ein großes Dürchfahrtsthor befindet.
Die Fronten des Speichers sind mit gelblichen Verblendsteinen
ekleidet. Statt des Holzgebälks sind überall eiserne Träger zur
Anwendung gekommen.
Berlin. Berliner Vorstädte. Vor dem Rosenthaler