329 Was erstrebt der Verband Deutscher Baugewerksmeister? — Wohn⸗ und Geschäftshaus des Herrn Kaufmann Hendel in Prenzlau. 630
Was erstrebt der Verband Deutscher
Baugewerksmeister?
Das Organ des Verbandes Deutscher Baugewerksmeister
behauptet, die freien Innungen mit Prüfungszwang für die Ban—
zewerbe seien das Ziel des Verbandes, welcher durchaus auf dem
Boden der Gewerbefreiheit stehe Die letztere Behauptung aufzu—
stellen, wenn man den Prüfungszwang und die freien Innungen
(mit dem F 1000 der Gewerbeordnung) sein Ideal nennt, ist wohl
etwas mehr wie kühn und kann anch wohl so leicht Niemand
fäuschen.*)
In Wirklichkeit gehen die Bestrebungen des Verbandes auf
nichts Anderes, als den reinen unverfälschten Zunftzwang hinaus,
mag man dem Dinge einen Namen geben, welchen man wolle. Die
Zeitung „Die Post“ sagt in einer Korrespondenz aus Breslau:
„Gestern tagte hierselbst im Saale des Café-Restaurant
die Delegirten-Versammlung des Verbandes Deutscher Bau—
gewerksmeister. Von den unter dem Vorsitze des Herrn Bau—
meister Felisch-Berlin stattgehabten Versammlungen ist von
weiterem Interesse, daß auch durch das Baugewerbe neuer—
dings ein mehr konservativer Zug geht. Wenn von den Rednern
auch betont wurde, daß der Verband nach wie vor auf dem
Boden der Gewerbefreiheit stände, so auerkannte man anderer—
seits, daß die Meister-, Gesellen- und Lehrlingsfrage, sowie das
jetzige Submissionssoesen in mehr konservativem Sinne reformirt
werden müßte“
Man ersieht hieraus, daß die konservative Tagespresse keinen
Anstand nimmt, Dasjenige aus den Verhandlungen der Delegirten—
Versammlung herauszuhören, was in der That darin liegt. und
durch alles Wortgeklingel „mit dem Stehen auf dem Boden der
Gewerbefreiheit““ nicht übertönt werden kann. Auch das Sub—
missionswesen soll in konservativem Sinne reformirt werden. (1!)
Für jeden, dem Treiben der Zünftler kühl Gegenüber—
stehenden bedarf es aber kaum der Jubelsanfaren der konservativen
Presse, um zu erkennen, was der Verband erstrebt, denn in seiner
Nr. 741d. J. sagt das Organ in einem Leitartikel — „Was nützen
uns die Innungen“ — klar und deutlich, daß es für die Innungen
Alles beanspruche, was dieselben während der schlimmsten Zeit des
Zunftzwanges besessen haben; natürlich müßten aber die Seguungen
des 8 1000 noch hinzukommen.
Unmittelbar nach dieser Forderung schreibt das Organ:
„Warum wir gegen obligatorische Innungen sind?
Weil durch den Innungszwang den Junungen nicht mehr die
Auswahl der Mitglieder bleibt. Wenn die jetzigen Innungen
sich gesund entwickeln, werden sie die Elite des Gewerbes dar—
stellen. In den, Zwangsinnungen ist das nicht möglich. Außer—
dem sind wir aber auch gegen die Zwangsinnungen, weil wir
auf dem Boden der Gewerbefreiheit stehen, welche in dem Gesetz
von 1869 allerdings zu einem verfehlten Ausdruck gekommen ist.“
Wir sind also jetzt belehrt dariber, was wir in den Junungen
zu suchen haben: „die Elite des Gewerbes“.
Es ist doch eine herrliche Sache um die Selbsterkenntniß;
vielleicht verhilft dieselbe auch noch zu irgend einer Rangerhöhung,
Nobilitirung oder Dekoriruna! Wundern würden wir uns darüber
wahrlich nicht.
Weil also die freien Innungen die Answahl der Mitgl ieder
gestatten, aber mit dem 8 1006 eine größere Macht für die Mit—
glieder der Innungen, ihren außerhalb derselben stehenden Gewerks⸗
genossen gegenüber, erhofft wird, deshalb sind die Herren nicht
für obligatorische Innungen! Es ist das wenigstens einmal
offen; um so hohnvoller klingt der Nachsatz — oder sollen wir
sagen, unverständlicher — „weil wir auf dem Boden der Gewerbe—
freiheit stehen“. Um aber ja keinen Zweifel in Bezug auf, diesen
letzten Satz aufkommen zu lassen, wird hinzugefügt, „welche in dem
Gesetz von 1869 allerdings zu einem verfehlten Ausdruck agekommen ist“.
Das dürfte genügen!
Auf der Delegirten-Versammlung des Norddeutschen Baugewerk
vereins in Lübeck am 3. September, welche unter dem Vorsitz des
früheren nationalliberalen (2) Reichstags-Abgeordneten Bauer⸗
Hamburg tagte, kam zur Sprache, es sei in einer Stadt vorge—
kommen, daß sich zwei Innungen gleichen Gewerks gebildet hätten.
In Folge dessen wurde beschlossen, aller Orten die betreffenden
Behörden zu erfuchen, etwa sich später bildende Innungen nur
unter der Voraussetzung zugestatten, daß dieselben besser die För—
derung des Gewerbes im Auge behalten, als die bestehende Innung.
) Wir machen hier nochmals auf unseren Artiikel in Nr. 38 d. J.
„Die Bedeutung des 8 1000 der Gewerbeordnung vom 18. Juli 18819 auf—
merksam Die Redaktion.
Die Durchfahrt durfte auf Verlangen des Bauherrn nicht
unterkellert werden, dagegen der ganze übrige Theil des Hauses,
in welchem die nöthigen Wirthschaftskeller, 1 Weinkeller, J1 feuersichere
Petroleumkammer für 2 Fässer und im Uebrigen Spirituskeller ent—