Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

Entscheidungen — Bauberichte aus verschiedenen Städten. 
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Entscheidungen. 
bedingungen und allen während und nach dem Bau vom königl. 
Polizeipräsidium verlangten Abänderungen die Rede sei, und des— 
jalb sei es unzweifelhaft, daß auch die nachträglich gewünschte 
»lnlage des Vorgartens eine Bauangelegenheit sei, da schon im 
Bauerlaubnißschein eine dahin zielende Bedingung enthalten sei. 
Abgesehen hiervon aber sah Kläger in seiner Remonstration, die 
10 12 Tage nach der Verfügung an das Polizeipräsidium gerichtet 
war, eine ünterbrechung der Verjährung, eine Behauptung, die 
eitens des Vertreters des königl. Polizeipräsidii dadurch widerlegt 
wurde, daß er verschiedene Entscheidungen des Oberverwaltungs— 
gerichts anführte, nach welchen eine solche Remonstration und die 
derselben folgende Autwort nur dann vor der Fristversäumniß 
chützt, wenn das Polizeipräsidium erneute Erhebungen in Bezug 
auf den vorliegenden Streitfall anstellen läßt. Nach längerer Be— 
rathung wies das Bezirksverwaltungsgericht den Kläger mit seiner 
Klage 'ab, indem in diesem Falle keine Bausache vorliege, also 
nicht 8 155 maßqaebend sei. 
Entscheidung des Bezirks-Verwaltungsgerichts 
von Berlin. Der Hauseigenthümer Prof. S. klagt gegen das 
Polizeipräsidium auf Aufhebüng einer polizeilichen Verfügung, 
durch welche ihm aufgegeben worden war, das vor seinem Hause 
in der Potsdamerstraße belegene Vorgartenterrain in einer be⸗ 
stimmten Weise als Vorgarten anzulegen. Ju dieser Straße näm 
lich sollen gemäß genereller Anordnung des Polizeipräsidiums Vor⸗ 
gärten von bestimmter Tiefe angelegt und mit eisernem Gitter 
ümgeben werden, welche außer den Zugängen zu der Hausthür 
und' den Läden keine Oeffnungen haben dürfen, so daß also das 
ganze übrige Terrain von dem Bürgersteige ab bis zu der Vorder— 
front des Hauses eingefriedigt und mit Gartenanlagen verseher 
werden muß. Eine auf diese Anordnung zielende Bedingung war 
in die Erlaubniß eingefügt worden, welche zur Bebauung des in 
Rede stehenden Grundstückes ertheilt wurde. Da nun, wie wir 
der „Voss. Ztg“ entnehmen, nach Vollendung des Baues der Vor— 
zarten eingerichtet werden sollte und man mit diesen Arbeiten be 
schäftigt war, so inhibirte der den Bau beaufsichtigende Bau-In— 
pettor dieselben, weil nicht blos die Zugänge von der Einfriedi— 
gung durch eiserne Gitter freigelassen werden sollten, sondern auch 
ein bedeutender Raum unmittelbar vor der Vorderfront des Hauses, 
welcher dem Publikum gestattete, von einem Laden zu dem andern 
zu gehen. Es war so wenig Gartenanlage in Aussicht genommen, 
haß die Anlage, wie aus den später eingereichten Zeichnungen sich 
ergab, das Ansehen von zwei Familienerbbegräbnissen hatte, wie 
sie der Volksmund zu neunen pflegt. Da das Polizeipräsidium, 
wie der Herr Vertreter desselben im Termin angah, in der letzten 
Zeit diesen Anlagen wegen der Verunstaltung der Straße eine be— 
sondere Aufmerksamkeit zuwendet, so wurden diese Zeichnungen 
nicht genehmigt, vielmehr dem Eigeuthümer eine Verfügung mit 
einem anderweiten, durch Zeichnungen erläuterten Vorschlag zur 
Anlage des in Rede stehenden Vorgartens übersandt, durch welchen 
die oben näher angegebene Absicht des königlichen Polizeipräsidiums 
verwirklicht werden sollte. Gegen diese polizeiliche Verfügung 
remonstrirte der Kläger, indem er angab, daß die in seinem Hause 
befindlichen vier Läden ganz werthlos würden, wenn er zu der 
vom Polizeipräsidium geforderten Anlage gezwungen sei. Indessen 
auch diese Vorstellung hatte keinen Erfolg; das Polizeipräsidium 
beschied den Hausbesitzer dahin, daß es bei der ersten Verfügung 
lediglich sein Bewenden haben müsse. Nun erfolgte die Klage des 
Betreffenden, welche ungesähr vier Wochen nach Erlaß der ersten 
Verfügung angestrengt wurde. Im Termine vor dem Bezirksver— 
waltungsgericht wurde seitens des Vertreters des Klägers wiederum 
auf die großen Nachtheile hingewiesen, die sein Mandant bei Aus— 
führung des vom Polizeipräsidium verlangten Projektes erleide, 
außerdem aber bestritten, daß das Präsidium befugt sei, eine 
andere Art der Anlage zu verlangen, als wie sie in der betreffen— 
den Polizei-Verordnung vorgesehen sei, und dieser entspreche die 
vom Kläger beabsichtigte Anlage durchaus. Dazu komme endlich, 
daß noch im Jahre 1882 in derselben Straße die Anlage von Vor— 
gärten vor zwei Häusern in derselben Weise vom Polizei-Präsidium 
gestattet worden sei, wie Kläger sie herstellen wolle. Was aber, so 
schloß der Vertreter des Klägers noch vor kurzer Zeit zweien Nach— 
baren des in Rede stehenden Grundstückes gestattel worden sei, das 
dürfe das Polizeipräsidium jetzt nicht verbieten, wenn es nicht den 
Verdacht der Willkür auf sich laden wolle. Die letztere Aus— 
fjührung suchte der Vertreter des Polizeipräsidiums dadurch zu 
widerlegen, daß er behauptete, jene beiden Bauerlaubnisse seien 
älteren Datums und rührten noch aus jener Zeit her, da man 
diesen Dingen weniger Aufmerksamkeit gewidmet habe; in neuerer 
Zeit verfahre das Polizeipräsidium in der angegebenen Art, wenn 
die Frage wegen Anlage von Vorgärten an' dasselbe herantrete. 
Im Uebrigen aber wurde seitens des Polizeipräsidiums auf eine 
materielle Erörterung der Klage und deren Begründung nicht ein— 
zegangen, weil das Polizeipräsidium der Anficht wart, daß die 
Klage, weil die 141tägige Frist verstrichen gewefen, verspätet sei, 
da sie nicht eigentliche Bauaugeleget heiten behandele, also nicht 
nach 8 155 des Kompetenzgesetßzes deurtheilt werden dürfe. Dieser 
Paragraph bestimme, daß sür Bausachen keine Frist vorgeschrieben 
sei, in welcher die Klage gegen eine polizeiliche Verfügung ange— 
strengt werden müsse. Es falle der vorliegeude Streitfall aber 
unter die Verfügung des Polizeipräsidii vom Jahre 1855, welche 
die Anlage von Vorgärien in der verlangten Art und Weise vor— 
schreibe, und gegen diese habe der Hauseigenthümer gefehlt. Es 
sei also aus diesem Grunde der 8 30 in Anwendung zu ziehen, 
welcher bestimme, daß gegen eine Polizeiverfügung innerhalb 14 
Tagen die Klage angebracht werden müsse.“ Deshalb wurde 
principaliter die Abweisung der Klage beantragt.“ Hiergegen 
wurde vom Kläger angeführt. daß in dem 8S 155 von ven Bau 
Berichte aus verschiedenen Städten. 
Berlin. Die Renovirung des Architektenhauses ist so— 
weit vorgeschritten, daß der Architektenverein am 15. d. Mts. die 
erste Wintersitzung darin abhalten konnte. Die Beaufsichtigung 
der bezüglichen Arbeiten leitete der Baumeister Gustar 
dnoblauch, der namentlich dem hinter der Rotunde be— 
egenen Theile, der von der geographischen und der mili— 
airischen Gesellschaft regelmäßig benutzt wird, ein behaglicheres 
Aussehen verliehen hat. Die Pfeiler und Wände sind bis zur 
Augenhöhe mit einer dunkel gehaltenen Holzverkleidung versehen 
vorden, während der Abschluß nach dem Mittelgang durch Pfosten 
und kleine Ballustren in wirkungsvoller Schnitzerei erfolgte. In 
den Mittelnischen, die gewöhnlich den geselligen Vereinigungen der 
genannten Gesellschaften dienen, soll einerseits ein eleganter Kamin 
aufgestellt werden, welchem gegenüber ein hübscher Aufsatz den 
Luftabzug angemessen dekoriren wird. Die Malerei der vorderen 
Räume ist ebenfalls völlig erneuert worden, und ist es beabsichtigt, 
durch geschmackvelle Heizkörper auch hier die Gesammterscheinung 
des Lokals zu heben. 
Bärwalde Nm. Kirchthurmstreit. Unsere im gothi— 
schen Stil erbaute Kirche besitzt einen Thurm, dessen Form und 
Aussehen mit dem schönen Gebäude gar nicht recht harmoniren 
will, und der, was das Merkwürdigste ist, der Stadtgemeinde ge— 
hört. An letztere ist nun vom Kultusminister das Verlangen ge— 
richtet worden, dem Thurm gleichfalls eine gothische Form zZu 
geben, unsere Stadtwäter aber haben, in Ansehung der ungünstigen 
Finanzlage der Stadt, dies Verlangen abgelehnt. Dagegen ist 
der Vorschlag gemacht worden, der Kirche den Thurm zu verkaufen 
»der auch zu schenken. Ob die Kirche den Thurm, der unter 
jolchen Verhältnissen möglicher Weise ein Danagergeschenk für sie 
werden kann, annehmen wird, bleibt abzuwarten. 
Paris. Der schon längst vorausgesagte und befürchtete 
Häuserkrach ist zwar noch nicht eingetreten, aber es mehren sich 
die Anzeichen der großen Verlegenheit, in welcher sich viele Haus— 
eigenthümer befinden. Viele derselben vermögen das Gas und 
Wasser nicht mehr zu bezahlen, dessen ihre Häuser bedürfen 
ramentlich in dem neuen prachtvollen Stadtoiertel hinter dem 
Parc Monceau ist dies der Fall. Die Friedensrichter des sieb— 
zehnten Bezirks haben daher in jeder Sitzung eine Anzahl Haus— 
eigenthümer zu verurtheilen, welche von ihren Miethern verklagt 
vorden, weil die ausbedungene Beleuchtung der Hausflure und 
Treppen, sowie die Speisung der Wasserleitung unterbleibt. In 
den meisten dieser Häuser ist nur der kleinste Theil der Wohnungen 
»ermiethet, so daß der Ertrag derselben nicht zur Deckung der 
Grundschuldzinsen ausreicht. Außerdem werden alle diese Haus— 
eigenthümer von den Bauhandwerkern auf Zahlung verklagt und 
die Miethen mit Arrest belegt. Ein einziger Gerichtsvollzieher 
hat für dieses Quartal 124 dieser Beschlagnahmen bewirkt. Da 
die Hauseigenthümer nichts einnehmen, können sie Wasser und 
Bas nicht bezahlen und wird ihnen dies abgeschnitten. Dabei 
handelt es sich meist um Häuser, welche zu den schönsten gehören, 
vwelche in den letzten Jahrzehnten gebaut wurden. Die Lage drohl 
noch schlimmer zu werden, denn die Geschäftslage hat sich in den 
letzten Wochen, hauptsächlich in Folge der Ereignisse in Spanien 
und der Hetze gegen den König Alphons, bedeutend verschlechtert. 
Haben doch mehrere der bisher blühendsten großen Mode- und 
Schnittwaarengeschäfte ihr Personal vermindern müssen. 
Wilhelmshaven. (Bauliche Verhältnifse.) So kurze 
Zeit erst seit Gründung der Stadt Wilhelmshaven verflossen und 
o klein dieselbe auch ihrer Einwohnerzahl nach gegenwärtig noch ist, 
sind doch ihre Bauwerke von so hervorragender Bedeutung, daß 
sie ein weitgehendes Interesse verdienen. Die eigenthümliche Art
	        
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