Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

Berlin. den 24. Februar 
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1883. 
Neue Folge: 
2. Jahrgang. 
Der ganzen Reihe: 
13. Jahrgang. 
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Interessen des praktischen Baugewert— 
Nebst Ergänzung: 
Erfindungen im hochbauwesen aller Länder. 
Redaktion: 
O. Ostmann, prakt. Maurermeister 
Unter Mitwirkung erster Kräfte. 
Neue Zolge von A. R. Kombera's Zeiklrhrift für praktischte Baukunst (43. Jahrgang). 
Jeden Sonnabend eine Nummer. Julins Gugelm ae w7 8 erlin sW su e b pgh und 7favuer. 
“ * ugolifte pro . 13 * 
Preis pro Quartal (13 Nummern) 2,25 M. 9 Zimmer⸗Str. 91. ——— 
Einzelne Nummern à 0,30 Mk. Expedition des. Deutschen GHaugewersisblattes“. pro Svaltzeile 0,25. Wiederbolungen mit Rabatt 
Redaktion und Expedition: Berlin 8W., Zimmer-Straße 91. 
Inhaltsverzeichniß: Ein neues französisches Bausystent. — Ueber die juristische Tragweite der Vertragsklausel ꝛc. — Ein Buchhatter für Handwerker und 
Kleingewerbetreibende. — Mittheilungen aus der Praxis: a. Unsere Bauinnungen. b. Soziale Paläste. — c. Reinigung der Schornsteine. — 
Konkurrenzwesen. — Mittheilungen über Schulen und Ausstellungen. — Bautechnische Notizen. — Submissionen. — Marktbericht. — Inserate. 
Ein neues französisches Bau-System des Ingenieur C. Tollet. 
Je mehr bei der Ueberdachung größerer Spannweiten das 
Bedürfniß steigt, den Raum des Daches selbst möglichst auszu— 
nützen, d. h. Vermeidung aller den Raum unterbrechenden und vor— 
pringenden Konstruktionstheile herbeizuführen, um so mehr drängt 
iich die eiserne Dachkonstruktion in den Vordergrund, da sie auch 
zrößere Solidität mit leichterem Aussehen vereint. Es tritt hierbei 
das Prinzip hervor, die Dachkonstruktion möglichst flach zu wählen, 
ei es mit graden Dachflächen, wie das Polanceau-, das Holz— 
ementdach, oͤder flachgewölbte Trägerkonstruktionen mit leichtem 
Dach, oder Wellblechdächer n. s. w. Bei diesen Dächern sind 
aber doch Zugstangen, die den Horizontalschub aufnehmen, nicht 
zu vermeiden und bilden, wenn sie auch geringe Stärke besitzen, 
mmerhin sehr störende Unterbrechungen des freien Ranumes, die 
päter zu erörternde Nachtheile mit sich bringen. 
Ein neues System, welchem dieser Uebelstand nicht eigen 
ind das statt der Annäherung zur möglichsten Flachheit gerade im 
Begentheil dem steileren Dach zustrebt, ist das Tollet'sche System, 
welches in Frankreich epochemachend im vorigen Jahre aufgetreten 
ind einer großen Zukunft entgegen zu gehen scheint. Dasselbe ist sehr 
interessant und gestattet durch seine Modulationsfähigkeit eine 
große Vielseitigkeit der Auwendung. Dasselbe ist in Frankreich 
jei verschiedenen Militairbauten, zu Wirthschaftsgebäuden und 
Baracken, auch zu Hospitalzwecken, so in Bourges, angewendet 
vorden, und hat sich bereits eine Aktiengesellschaft mit großem 
dapital gebildet, mit dem alleinigen Zweck, dieser Bauart möa— 
ichste Verbreitung zu verschaffen, 
Dieses System ist hauptsächlich für landwirthschaftliche Bauten 
ehr geeignet und dürfte sich mit der Zeit als allein maßgebend 
ür diese Art Gebäude herausstellen und alle älteren Systeme ver— 
Rrängen: so hat es auch schon in Dänemark festen Fuß gefaßt und 
(Hierzu 16 Fig.) 
st dort, trotz seiner Jugend, in mehreren Fällen als Sieger aus 
sconkurrenzen für landwirthschaftliche Anlagen hervorgegangen, und 
zwar aus Gründen der vorerwähnten Vorzüge betreffs Billigkeit, 
die sich als ziemlich erheblich herausgestellt haben. 
Das Ideal für Wirthschaftsgebäude muß sein: Der möglichst 
geringe Verbrauch an Materialien bei Ueberdachung eines ver— 
zältnißmäßig großen, durch Hülfskonstruktionen unbehinderten 
Raumes, bei Solidität und Billigkeit und möglichst bequemer 
Reinhaltung des inneren Raumumfanges. Das Geheimniß liegt 
ilso darin, bei Ueberdachung eines mönlichst großen Kubikinhalts 
»in Minimum von Material zu brauchen. — Da nun der Kreis 
nit dem geringsten Umfang die größte Fläche umschließt, so 
vürde der Halbkreis die günstigste Figur sein. Bei Begrenzung 
ines Raumes bietet aber der Halbkreis bedenkliche Mäugel, so 
.B. das ungeschickte äußere Ansehn eines so überdachten Gebäudes, 
dülfskonstruktionen zur Aufhebung des Horizontalschubes und 
Schwierigkeiten der Dichtung des Daches. 
So hat Tollet die Spitzbogenform als die annäherndste ge— 
wählt, die den geringsten Materialverbrauch bei möglichst großer 
Raumüberspannung und Leichtigkeit mit Steifigkeit der Konstruk— 
ion, Vermeidung aller den Raum behindernden Hülfskonstruktionen 
ind leichte Anbringung des eigentlichen Daches mit gefälligem Aus— 
ehen verbindet. 
Tollet verwendet einen symmetrischen Spitzbogen, dem meist 
»as gleichseitige Dreieck zu Grunde liegt, als erfahrungsgemäß 
ailligste Form. Ein solcher, ohne Hülfskonstruktionen hergestellter 
Bau hat inwendig keinerlei vorspringende Theile, ist oberhalb leicht 
rein zu halten und gestattet eine gute Ventilation und Luftdurchzug, 
weil keinerlei todte Winkel vorhanden. 
In dieser Idee Tollet's lag an sich nichts Neues, da schon 
1807 von Gilly, einem Engländer, provi— 
sorische Scheunen, wie Fig. l, aus Bohlen— 
bogen konstruirt, eingeführt wurden und 
eine andere Art Bohlenbogenscheunen, wie 
Fig. 2, auch schon lange Jahre Anwendung 
gesuinden haben. — Fig. 1. Die ersteren 
wurden für außerordentlich reiche Ernten 
zur Verlängernng der massiven Scheunen 
ain der Dreschtenne angebaut. Die vor— 
räthigen Bohlenbogen, die gelegentlich aus 
leinen schlechten Brettenden verdoppelt zu⸗ 
ammen geschlagen und durch Zangen zu— 
ammen gehalten waren, wurden, an der
	        

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